Für die Windkraft hat die EEG-Novelle weitreichende Folgen: Seit diesem Jahr erfolgt die Förderung für Windenergieanlagen an Land mit einer Leistung von mehr als 750 Kilowatt (kW) nicht mehr über festgelegte Einspeisetarife, sondern über Ausschreibungen. Die Ausschreibungen gewinnt derjenige, der die Anlagen für das niedrigste Gebot baut und betreibt. Im EEG wurde für Ausschreibungen der zu bietende Höchstwert für das Jahr 2017 auf 7 Cent je kWh begrenzt. Darüber hinaus wird der Onshore-Zubau kontrolliert: Künftig soll er nur noch 2.800 Megawatt pro Jahr umfassen. In den Jahren 2015 und 2014 lag der tatsächlich zugebaute Wert noch zwischen 3.600 und 4.400 Megawatt.
Die Novelle bringt für Kommunen, Stadtwerke, Planungsbüros, Genossenschaften und die Anlagenhersteller einschneidende Änderungen. Der Markt wird künftig um rund 20 Prozent schrumpfen, schätzen Experten. Aufgrund des begrenzten Ausschreibungsvolumens werden Projekte in der Größenordnung von insgesamt rund 1.000 Megawatt pro Jahr auf der Strecke bleiben.
Branche steht vor großen Herausforderungen
Durch die geplanten Ausschreibungen steigt außerdem das Projektentwicklungsrisiko, die Kosten für die beteiligten Akteure erhöhen sich und die Margen sinken. Bislang erreichte ein Projekt die Baureife und Finanzierungssicherheit in der Regel, wenn es die Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) bekam und die Grundstücke gesichert waren. Das ist mit dem EEG 2017 nicht mehr der Fall. „Künftig kommt nach der Genehmigung die Ausschreibungsphase hinzu", erklärt Sterr-Kölln. „Dies birgt eine große, gewollte Unsicherheit und wird die Branche massiv verändern", meint er weiter.
Bei einer Ausschreibung schätzen Investoren, mit welchem Preis sie auf Basis ihrer Kosten und mit Blick auf die Wettbewerber eine Chance auf einen Zuschlag haben können. Zur Ermittlung des Gebots müssen alle relevanten Faktoren ermittelt werden – die Kosten der Anlagen und der Installation, der Finanzierungsaufwand, die Zusatzkosten, der voraussichtliche Preis der Wettbewerber und vieles mehr. Das erhöht die Komplexität und wird die Projektentwicklungsdauer deutlich verlängern. Der Zusatzaufwand durch die Ausschreibung fällt außerdem in eine frühere Projektentwicklungsphase, in der noch gar nicht feststeht, ob man schlussendlich zum Zuge kommt.
Investoren und Projektentwickler müssen daher damit rechnen, dass sich nicht alle ihre Projekte realisieren lassen. Das wird wohl zu Finanzierungsengpässen führen, weil Projektentwicklungen in der Regel aus Eigenkapital finanziert werden. Zumindest aber werden durch die Ausschreibungsanforderungen die Kosten steigen und die Margen sinken. „Das erfordert ein gravierendes Umdenken bei jedem, der Projekte zur Genehmigung bringen und realisieren will", erklärt Sterr-Kölln.
Sonderregelung für Bürgerenergiegesellschaften nicht zweckmäßig
Kleinere Projektierer oder auch Bürgerenergiegesellschaften wird der höhere Aufwand personell und finanziell überfordern. In der Folge wird es zu einer Konzentration der Projektierungsunternehmen kommen. Die vom Gesetzgeber gewährten erleichterten Bedingungen für Bürgergesellschaften werden hier nichts ausrichten können, ist sich Sterr-Kölln sicher. Anders als andere Bieter dürfen sie künftig auch ohne eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung an einer Ausschreibung teilnehmen. Das Problem dabei: Ohne das Vorliegen einer BImSch-Genehmigung ist eine belastbare Kalkulation der Kosten und eines Gebotes nicht möglich. „Von der Genehmigung hängt ab, welche Auflagen in einem Projekt erfüllt werden müssen, etwa aufgrund von naturschutzfachlichen Anforderungen – wie etwa Lärmvermeidung, den Schutz von Fledermäusen und Vögeln sowie die Errichtung von Ausgleichsflächen. Ohne eine BImSch-Genehmigung fehlen Informationen, die die Kosten wesentlich beeinflussen. Keine Gesellschaft kann so kein seriöses Angebot abgeben", so Sterr-Kölln.
Kleinere Player sollten kooperieren
Der Windkraft-Experte rät Kommunen und Bürgerenergiegesellschaften unter anderem vor dem Hintergrund der EEG-Novelle davon ab, größere Windpark-Projekte allein stemmen zu wollen. Denn zum einen fehlt häufig die Erfahrung, zum anderen trägt jedes Projekt das Risiko des Scheiterns in sich. Das kann unter Umständen einen Verlust von mehreren Hunderttausend Euro bedeuten. Für eine Kooperation mit größeren Partnern, spricht vor allem folgender Umstand: Von den Profis kommt die Finanzkraft und das rechtliche Know-how, von den Kommunen und Bürgergesellschaften die Akzeptanz vor Ort.
„Die kleineren Player sollten sich vor einer Kooperation jedoch Ziele setzen", sagt Sterr-Kölln, dessen Beratungsunternehmen bereits mehrere Kommunen bei der Suche nach einem Kooperationspartner begleitet hat. Die Ziele werden dann in einem Ausschreibungsverfahren transparent gemacht. Etwa, ob der Projektpartner bereit ist, das Projektentwicklungsrisiko im Wesentlichen alleine zu tragen. Das kann für kleine Bürgerenergiegesellschaften und Kommunen wichtig sein. Damit haben sie zwar am Ende weniger Ertrag, aber sie vermeiden das Risiko eines großen Verlustes. Dieses Risiko wird durch die EEG-Novelle künftig deutlich größer sein.
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