Viren verbreiten sich, indem sie eine Wirtszelle befallen und sich in ihr vermehren. Betroffen hiervon sind nicht nur Menschen und Tiere, sondern auch Bakterien. Diese Art von Viren nennt man Bakteriophagen. Sie tragen in ihrem Genom sogenannte metabolische Hilfsgene. Diese sorgen für die Produktion bestimmter Proteine, die dem Virus einen Vorteil verschaffen. Forscher der Technischen Universität (TU) Kaiserslautern und der Ruhr-Universität Bochum haben die Struktur eines solchen Proteins genauer analysiert. Es scheint die Fotosynthese der Mikroorganismen zu unterstützen. Die Studie wurde jetzt in der renommierten Fachzeitschrift „The Journal of Biological Chemistry“ veröffentlicht.

Wenn Viren eine Zelle infizieren, nutzen sie diese als Fabrik, um sich selbst zu vervielfältigen. „Sie missbrauchen die Bakterien, um neue Virusproteine zu produzieren“, sagt Mikrobiologie-Professorin Dr. Nicole Frankenberg-Dinkel von der TU Kaiserslautern. „Auf diese Weise entstehen neue Viren, die in der Wirtszelle zusammengesetzt werden.“ In ihrer DNA tragen die Bakteriophagen darüber hinaus metabolische Hilfsgene. „Sie sind für die Produktion verschiedener Proteine verantwortlich. Diese scheinen dem Virus einen Vorteil zu verschaffen, zum Beispiel in dem sie den Stoffwechsel des infizierten Bakteriums ankurbeln“, so Professor Dr. Eckhard Hofmann, der an der Ruhr-Universität Bochum die Arbeitsgruppe Röntgenstrukturanalyse an Proteinen leitet.

In der aktuellen Studie haben sich die Forscher auf Bakteriophagen konzentriert, die Blaualgen, auch als Cyanobakterien bekannt, befallen. Im Fokus ihrer Arbeit stand ein bestimmtes Protein, dessen Struktur sie unter anderem genau analysiert haben. „Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass es eine wichtige Rolle beim Zusammenbau der Lichtsammelkomplexe der Wirtsbakterien spielt“, so Frankenberg-Dinkel. Mit diesen Komplexen sammeln die Mikroorganismen die Energie des Sonnenlichts ein. Wie auch Pflanzen betreiben sie Fotosynthese, bei der sie mithilfe von Lichtenergie aus Kohlendioxid und Wasser Kohlenhydrate und Sauerstoff bilden. „Diese Lichtsammelfallen bestehen aus Proteinen und Farbpigmenten“, fährt die Kaiserslauterer Professorin fort. Bei den Blaualgen ist hier unter anderem ein rosa Farbstoff (Phycoerythrobilin) von Bedeutung.

Das Team um Frankenberg-Dinkel und Hofmann hat nachgewiesen, dass das Virus-Protein („Phycobiliprotein Lyase CpeT“) den Farbstoff bindet. Außerdem hat es festgestellt, dass die Bindung zwischen Virus-Protein und Bakterien-Farbstoff äußerst stabil ist. „Unter dem Mikroskop haben wir zudem gesehen, dass der Komplex sehr stark fluoresziert“, so Frankenberg-Dinkel weiter.

Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass das virale Protein den Zusammenbau der Lichtsammelkomplexe fördert. „Dadurch haben die Viren einen evolutionären Vorteil“, sagt Frankenberg-Dinkel. „Sie gewährleisten eine hohe Fotosynthese-Rate der Bakterien während der Infektion, sodass genügend Energie für die Produktion neuer Viren vorhanden ist.“

Dieser Mechanismus ist weit verbreitet bei Viren, die Blaualgen befallen. Allerdings müssen weitere Studien klären, warum die Genome der Viren nur ausgewählte metabolische Hilfsgene tragen. Bakteriophagen zählen zu den am weitesten verbreiteten biologischen Partikeln auf der Erde. Sie werden nicht den Lebewesen zugerechnet. In den vergangenen Jahren haben Wissenschaftler viele neue Bakteriophagen gefunden. Sie zu erforschen, wird wichtige Erkenntnisse über ihre biologische Funktion bringen.

Die Studie wurde jetzt in der Fachzeitschrift „The Journal of Biological Chemistry“ als Titelgeschichte veröffentlicht: „Distinct Features of Cyanophage-encoded T-type Phycobiliprotein Lyase FCpeT“

DOI: 10.1074/jbc.M116.769703

Förderung:

Die Arbeiten wurden gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Europäischen Union im Ziel2.NRW Science-to-Business-Programm.

 

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