Ryanair beweist: Starkes Wachstum ist auch ohne Kundenbegeisterung möglich.

Das Passagieraufkommen von Ryanair wächst zweistellig / Geringe Kundenbegeisterung / Ryanair punktet im Wesentlichen mit dem geringen Preis / Mobilisierung von Nachfrage nur bei starken Preisnachlässen

Ryanair ist eine besondere Erfolgsgeschichte in der Luftfahrt und setzt das um, was angekündigt war: Die Low-Cost-Airline Ryanair greift Lufthansa an ihrer Heimatbasis an und bietet Flüge von Frankfurt am Main an. Der Flughafen ist die neunte Basis von Ryanair in Deutschland, die 85. in Europa. Die Ankündigung, ab März den vorher wegen seiner Entgelte gemiedenen Flughafen ins Programm zu nehmen, hatte in der Branche ein Erdbeben ausgelöst.
„Wenn Ryanair von Grundelementen des Geschäftsmodells abweicht und in direkten Wettbewerb mit dem Rivalen Lufthansa tritt, ist die Aufmerksamkeit in der Branche sicher – die Schritte der Low-Cost-Airline sind kein Zufall, sondern gut durchdacht“, betont Prof. Dr. Andreas Krämer als Autor der Studie Pricing Lab 2017. Die Studie untersucht u.a. die Zufriedenheit der Fluggäste mit den wichtigsten Airlines in Deutschland und die Wettbewerbsfähigkeit der Anbieter aus Verbrauchersicht.

Die Ergebnisse der Studie im Überblick:

Das Passagieraufkommen von Ryanair wächst zweistellig
Ryanair forciert weiter das Wachstum seiner Fluggastzahlen. Das Ryanair-Passagieraufkommen der vergangenen zwölf Monate einschließlich März stieg um 13 Prozent auf insgesamt 120 Millionen Fluggäste. In den Jahren 2011 bis 2016 konnte die Kundenzahl von 72 Mio. auf 106 Mio. erhöht werden. Das entspricht einem mittleren jährlichen Wachstum von mehr als 8 Prozent. Beachtlich ist nicht nur, wie stark die Nachfrage wächst, sondern auch, wie profitabel die Airline dadurch wird. Der Vorsteuergewinn von Ryanair in absoluten Zahlen lag in 2016 etwa so hoch wie der von Lufthansa, obwohl der Umsatz nur ein Fünftel des Lufthansa-Vergleichswertes betrug. Starke Expansion und gleichzeitige Erhöhung der Rentabilität sind im Falle von Ryanair kein Gegensatz. Die Low-Cost-Airline setzt die bestehenden Kostenvorteile gnadenlos in Marktanteilsgewinne um. Ryanair verfügt über geringere Produktionskosten als die Hauptwettbewerber und erreicht mittels stark differenzierter Preise eine überdurchschnittliche Auslastung. Niedrige Kerosinpreise der letzten Jahre haben die Wettbewerbsposition noch verstärkt, weil der Anteil der Energie an den Gesamtkosten bei Ryanair höher als bei den Wettbewerbern ist.

Geringe Kundenbegeisterung
Entgegen der Lehrbuchmeinung, die eine hohe Kundenzufriedenheit und Weiterempfehlungsabsicht der Kunden als Voraussetzung für überdurchschnittliches Nachfragewachstum unterstellt, hält sich die Kundenbegeisterung bei Ryanair in Grenzen. Der gemessene Net Promoter Score liegt mit -19 vergleichsweise gering (das heißt, dass der Anteil der Kunden, die die Airline eindeutig weiterempfehlen geringer ist als der Anteil der Kunden, die dies nicht tun). Die konkurrierenden Low-Cost-Airlines Eurowings (NPS: -11) und AirBerlin (NPS: -9) erreichen leicht bessere Ergebnisse – gegenüber der Lufthansa (NPS: +33) ergibt sich ein extrem großer Abstand.

Ryanair punktet im Wesentlichen mit dem geringen Preis
In der Wahrnehmung der Verbraucher dominiert die Lufthansa mit Bestleistungen. So erreicht die größte deutsche Airline „Best-in-Class“-Bewertungen bei Leistungen wie Sicherheit (65 Prozent), Service (62 Prozent), Kundenorientierung (52 Prozent) oder Sympathie (53 Prozent). Ryanair hat nur eine wirklich eindeutige Best-in-Class-Position, und zwar in puncto Höhe des Ticketpreises. 45 Prozent der Befragten sehen hier Ryanair auf dem ersten Platz. Bei Befragten, die Ryanair bereits genutzt haben, liegt der korrespondierende Anteil von 57 Prozent noch einmal höher. Die starke Fixierung der Ryanair-Kunden auf einen niedrigen Preis kommt auch in einer vergleichsweise kritischen Bewertung der Preiswürdigkeit zum Ausdruck: Nur jeder dritte Ryanair-Kunde sieht den irischen Anbieter als Nr. 1 in puncto Preis-Leistungs-Verhältnis.

Mobilisierung von Nachfrage nur bei starken Preisnachlässen
Nach dem Markteintritt im deutschen Flugverkehr (Ryanair bedient die Top-Relation Köln-Berlin seit 2015) hat das Unternehmen angekündigt, den Marktanteil in Deutschland auf 20 % erhöhen zu wollen. Die Mobilisierung von Nachfrage zugunsten von Ryanair erfordert hohe Preisnachlässe ggü. Hauptwettbewerbern im Markt. Der erwartete Rabatt gegenüber Lufthansa und Eurowings wurde in der Studie erfragt („Stellen Sie sich vor, Sie planen einen Flug innerhalb Deutschlands oder in das benachbarte Ausland. Neben Luft¬hansa / Eurowings bietet auch Ryanair einen Flug an [ähnlicher Abflug, ähnliche Flugzeit, gleiche Gepäckregel etc.]. Der Flug mit Lufthansa/Eurowings kostet 120 Euro pro Strecke. Welchen Preis wären Sie bereit, für einen Flug mit Ryanair zu zahlen?“) Im Mittel erwarten potenzielle Nutzer von Ryanair gegenüber der Lufthansa einen Discount von 40 % (ca. 73 EUR Ticketpreis), gegenüber Eurowings im Mittel 23 % (ca. 92 EUR Ticketpreis).

„Die Verbraucher lieben Ryanair nicht, schätzen aber, dass die Low-Cost-Airline einen Basis-Service zu minimalen Preisen anbietet und einen Teil ihrer Kostenvorteile an die Kunden weitergibt. Dieses Prinzip spricht nicht jeden Flugreisenden an, daher ist das Wachstumspotenzial sicher ab einem bestimmten Punkt begrenzt“, resümiert Johannes Hercher, Vorstand der Rogator AG.

Hintergrund der Studie: Pricing Lab 2017 ist eine Studie zur Ermittlung und Bewertung von Trends im Preismanagement. Sie wird jährlich mehrmals in Kooperation von der exeo Strategic Consulting AG und der Rogator AG durchgeführt. Grundlage der Untersuchung ist eine repräsentative Befragung von ca. 500 Personen ab 18 Jahren.

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