Mit teils heftigen finanziellen Auswirkungen müssen Konzerne ab 2019 rechnen. Der neue Leasingstandard IFRS 16 erfordert nämlich, dass gemietete und bislang außerbilanzielle Vermögenswerte in der Unternehmensbilanz aufgeführt werden.

Kaum sind IFRS 9 und IFRS 15 ab 2018 eingeführt, folgt der nächste Streich des Standardsetters International Accounting Standards Board (IASB). Mit IFRS 16 wird ab 2019 ein neuer Standard anzuwenden sein, der von allen nach IFRS bilanzierenden Unternehmen einen hohen Anpassungsaufwand fordert und durch verschiedene Effekte potenziell auch Auswirkungen auf den Mittelstand haben kann.

Neuer IFRS 16 für Leasinggeschäfte
Der neue Standard ersetzt den IAS 17. Auf den ersten Blick ergeben sich für Leasinggeber – sprich Vermieter – erst einmal keine Änderungen. Mieter und somit ein Großteil der IFRS-bilanzierenden Unternehmen sollten aber unruhig werden. Denn vorerst sind alle Miet- und Leasingverträge zu aktivieren, und in gleicher Höhe ist eine Verbindlichkeit zu passivieren. Das Operating Leasing – und damit die außerbilanzielle Behandlung von Mietverträgen – wurde ersatzlos gestrichen. Durch die Abschaffung des Operating Leasing kommt es nun bei den betroffenen Unternehmen zu der bisher vermiedenen Bilanzverlängerung und den damit verbundenen negativen Folgen insbesondere für die Eigenkapitalquote.

Gleichzeitig fällt der Mietaufwand nicht mehr, wie bisher vom IAS 17 gefordert, linear über die Laufzeit an, sondern wird degressiv über die Laufzeit verteilt, indem bei den Leasingnehmern lineare Abschreibungen und degressiv verteilte Zinsaufwendungen anfallen. Insgesamt dürften die Auswirkungen auf die Abschlüsse der Leasingnehmer durchaus beachtlich sein. Insbesondere leasingintensive Branchen, zum Beispiel Fluggesellschaften, müssen ihr Geschäftsmodell überdenken. „Betroffene Unternehmen sollten schnellstmöglich in Bonivereinbarungen und Darlehensverträge schauen, ob dort aufgeführte Kennzahlen betroffen sind, und gegebenenfalls das Gespräch mit Management und Banken suchen“, rät Dr. Tobias Gohla, Manager bei Ecovis in München.

Keine Regel ohne Ausnahme
Der Standardsetter hat erfreulicherweise jedoch auch Ausnahmen zugelassen. Direkt als Aufwand erfasst werden können insbesondere
• Auszahlungen für kurzfristige Mietverträge unter einem Jahr
• Mietzahlungen für Vermögenswerte unter 5.000 US-Dollar, wobei hier jeder Vermögenswert einzeln betrachtet wird. Somit ist beispielsweise auch ein Vertrag über zehn Kopierer im Gesamtwert von 10.000 Euro nicht als Leasingvermögenswert zu aktivieren.

Da für das vorangehende Jahr – beim IFRS 16 somit ab 2018 – entsprechende IFRS-16-konforme Zahlen vorliegen müssen, ist eine rasche Reaktion angesagt. „Ob ein Wahlrecht besteht, sollten Unternehmen mit ihrem persönlichen Berater direkt besprechen“, rät Katja Nötzel, Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin bei Ecovis in Leipzig. Somit haben die meisten Unternehmen kein Jahr mehr Zeit, die nötigen Vorbereitungen zu treffen, um ab dem 1. Januar 2018 mit der Aufzeichnung der konformen Daten zu beginnen. Die Unternehmen sollten für alle Mietverträge, die im Unternehmen existieren, die Basisdaten in einer einheitlichen Datenbank erfassen. Anschließend ist zu entscheiden, welche Verträge von den Ausnahmen betroffen sind und welche in Zukunft für eine Bilanzverlängerung sorgen. Für diese sogenannten schädlichen Verträge sind weitere für Anhang und Bewertung relevante Daten zu erheben. Es ist zu erwarten, dass die meisten Verträge unter die Ausnahmen fallen, denn nicht jeder Kopierer ist zu aktivieren. Gleichzeitig ist aber auch zu erwarten, dass gerade die werthaltigen Mietverträge bilanziell zu erfassen sind. Hierunter werden regelmäßig Firmen wagen, Mietimmobilien, Produktionsmaschinen oder eben auch Flugzeuge fallen.

Bedeutung für den Mittelstand
Welche Auswirkungen der IFRS 16 auf mittelständische Unternehmen hat, ist noch nicht zu Ende diskutiert. Langfristig gesehen stellt sich jedoch die Frage, ob der deutsche Gesetzgeber eine ähnliche Richtung für Leasinggeschäfte im Handelsgesetzbuch (HGB) einschlägt oder KMU eine überarbeitete Version des IFRS anwenden müssen. Dabei kann der Mittelstand jedoch von den Erfahrungen der kapitalmarktorientierten Unternehmen profitieren, beispielsweise vom Aufbau der Mietverträge-Datenbanken. Mit diesen kann das Management zukünftige Belastungen, die aus Mietverträgen entstehen, auch heute schon wesentlich besser abschätzen.

Spannend: die kurzfristigen Effekte
Obwohl ein Großteil der Unternehmen in Deutschland nicht kapitalmarktorientiert ist, gehören viele als Tochtergesellschaften zu kapitalmarktorientierten Konzernen oder zu Konzernen, die IFRS freiwillig anwenden und damit direkt betroffen sind. Spannend wird es sein, wie mit der Forderung des IASB umgegangen wird, dass als Kapitalisierungszinssatz für die Berechnung des Leasingvermögenswertes der interne Zinssatz der Vermieter heranzuziehen ist. „Die Forderung zieht nach sich, dass Vermieter ihren Geschäftspartnern die interne Kalkulation offenlegen“, erklärt Dr. Tobias Gohla. Noch spannender wird, wie Unternehmen, die beispielsweise ein Grundstück an eine nach IFRS-bilanzierende (Tochter-)Gesellschaft vermieten und selbst bisher keine Berührungspunkte mit den IFRS (oder Kapitalisierungszinssätzen) hatten, dieses handhaben werden. „Allein aus der Marktstellung ihrer Mieter wird solchen Unternehmen kaum etwas anderes übrig bleiben, als sich mit der Thematik zu beschäftigen“, sagt Gohla.

Katja Nötzel, Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin bei Ecovis in Leipzig
Dr. Tobias Gohla, Manager bei Ecovis in München

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