Tupilaks waren im alten Grönland gefürchtete, Unglück bringende Zauberwesen. Erschaffen von zauberkundigen Menschen sollten sie dazu dienen, Feinde zu töten. Vor der Ankunft der ersten Europäer gab es keine bildlichen Darstellungen der bedrohlichen Wesen. Um den unwissenden Besuchern eine Vorstellung vom Aussehen der Tupilaks zu vermitteln, begannen die Ostgrönländer Ende des 19. Jahrhunderts, die Geisterwesen aus Holz und Knochen zu schnitzen. Vom Ethnologen Knud Rasmussen, der sich um den Erhalt der alten grönländischen Kultur verdient gemacht hat, gibt es eine Aufzeichnung über die Erschaffung und die Fähigkeiten der Tupilaks, wie sie ihm von einem Schamanen berichtet wurden.

Demnach kann ein Tupilak aus einer Kinderleiche erschaffen werden, der man wieder Leben einhaucht und sie dann mit gefährlichen Fähigkeiten ausstattet. Ein Tupilak kann aber auch gänzlich neu erschaffen werden. Der Zauberkundige muss zu diesem Zweck Knochen sammeln und sie neben einem Bach unter Moos legen. Die Knochen sollten von verschiedenen Tieren stammen, damit der fertige Tupilak möglichst schrecklich und furchteinflößend aussieht. Die Knochen werden zu einem Skelett zusammengebunden, wobei der Erschaffer des Tupilaks sie nur mit dem Daumen und dem kleinen Finger berühren darf, da sonst die Zauberkraft verloren geht. Als Fleisch wird Torf auf das Skelett gebunden und als Kleidung dienen Fetzen einer alten, abgenutzten Pritschenunterlage. Derart vorbereitet wird das Unglückstier mit geheimen Zauberworten zum Leben erweckt. Es muss dann über einen langen Zeitraum täglich am Geschlechtsteil seines Erschaffers saugen, um zu wachsen und stark zu werden. Hat der Tupilak die gewünschte Größe erreicht, wird er in einen Bach gesetzt und schwimmt ins Meer. Dort taucht er eine gewisse Zeit unter und wenn er schließlich den Kopf wieder über das Wasser erhebt, ruft er seinem Erschaffer zu „Was soll ich tun?“ Der Erschaffer ruft darauf den Namen seines Feindes, der Tupilak schwimmt zum genannten Feind und meist wird das Opfer schon durch den schrecklichen Anblick getötet.

Das Gesicht eines Tupilaks ist immer menschlich, er tritt aber in Gestalt eines Seehundes, eines Bären, eines Hundes oder einer Frau auf. Wenn ein Mann getötet werden soll, tritt der Tupilak oft als Seehund auf, lässt sich harpunieren und zieht dann sein Opfer in die Tiefe des Meeres.

Ist allerdings die Zauberkraft des Opfers größer, als die Zauberkraft des Tupilakerschaffers, dann kann der Tupilak nichts ausrichten, kehrt zu seinem Erschaffer zurück und verspeist ihn. Hat der Tupilak seine Aufgabe erfüllt, hört er auf zu existieren.

Tupilaks werden heute in verschiedenen Orten Grönlands als Souvenir hergestellt. Besonders in Ammassalik in Ostgrönland wird die Schnitzkunst noch gepflegt. Im örtlichen Workshop „Stonk“, der in einem blauen Gebäude auf halbem Weg zwischen Hafen zum Hotel Ammassalik untergebracht ist, kann man die Handwerker bei ihrer Arbeit beobachten und Tupilaks erwerben. Auch im Tourismusamt wird eine große Tupilakauswahl aus dem Workshop angeboten. Aus Gründen des Artenschutzes wird heute weitgehend darauf verzichtet, Zähne oder Knochen von Eisbären, Walrossen und Walen aus Rohmaterial zu verwenden, die meisten Schnitzereien sind aus Rentiergeweih oder Rentierknochen angefertigt.

Eine Auswahl von Tupilaks aus Grönland für Sammler bietet der deutsche Onlineshop islandeinkauf.de an.

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