Nutzen Verkäufer und Käufer das Bezahlsystem PayPal, dann ist das zunächst unproblematisch: Die Zahlung des Käufers ist mit Eingang des Kaufpreises auf dem PayPal-Konto des Verkäufers bewirkt. Der Verkäufer muss die Kaufsache an den Käufer übergeben.

Aber: Was passiert, wenn das Angebot von PayPal zum Schutz des Käufers zur Anwendung kommt? Der BGH hat jetzt als höchstes deutsches Zivilgericht gesagt, dass die Kaufvertragsparteien mit der einverständlichen Verwendung des Bezahlsystems PayPal gleichzeitig stillschweigend die weitere Vereinbarung treffen, dass die betreffende Kaufpreisforderung wiederbegründet wird, wenn das PayPal-Konto des Verkäufers nach einem erfolgreichen Antrag des Käufers auf Käuferschutz rückbelastet wird.

Die Frage, ob der Verkäufer nach Rückbuchung des Kaufpreises erneut berechtigt ist, den Käufer auf Zahlung in Anspruch zu nehmen, hat der BGH damit abschließend bejaht.

Was ist der Käuferschutz?
Der Online-Bezahldienst PayPal stellt seinen Kunden unter bestimmten Voraussetzungen ein in Allgemeinen Geschäftsbedingungen („PayPal-Käuferschutzrichtlinie“) geregeltes Verfahren für Fälle zur Verfügung, in denen der Käufer den bestellten Kaufgegenstand nicht erhalten hat oder dieser erheblich von der Artikelbeschreibung abweicht. Hat ein Antrag des Käufers auf Rückerstattung des Kaufpreises nach Maßgabe der PayPal-Käuferschutzrichtlinie Erfolg, bucht PayPal dem Käufer den gezahlten Kaufpreis unter Belastung des PayPal-Kontos des Verkäufers zurück.

Um was ging es?
Der BGH hatte in zwei unabhängigen Fällen zu entscheiden, was im Falle der Rückbuchung des Kaufpreises mit der Kaufpreisforderung des Verkäufers wird.
In dem einen Fall kaufte die Beklagte vom Kläger auf eBay ein Handy zu einem Preis von 600 Euro, den sie über PayPal zahlte. Nachdem der Kaufpreis auf dem PayPal-Konto des Klägers eingegangen war, versandte er das Handy an die Beklagte. Diese teilte dem Kläger anschließend mit, das Handy nicht erhalten zu haben. Ein Nachforschungsauftrag des Klägers beim Versanddienstleister blieb erfolglos. Daraufhin beantragte die Beklagte Rückerstattung des Kaufpreises nach der PayPal-Käuferschutzrichtlinie. Nachdem der Kläger auf Aufforderung von PayPal keinen Nachweis über den Versand des Handys vorgelegt hatte, buchte PayPal den Kaufpreis vom PayPal-Konto des Klägers auf das PayPal-Konto der Beklagten zurück.

Im anderen Fall erwarb der Beklagte von der Klägerin über deren Online-Shop eine Metallbandsäge und bezahlte den Kaufpreis von 500 Euro über PayPal. Der Beklagte beantragte Käuferschutz mit der Begründung, die von der Klägerin gelieferte Säge entspreche nicht den von ihr im Internet gezeigten Fotos. Nach entsprechender Aufforderung von PayPal legte der Beklagte ein von ihm in Auftrag gegebenes Privatgutachten vor, wonach die Säge von "sehr mangelhafter Qualität" und "offensichtlich ein billiger Import aus Fernost" sei. Daraufhin forderte PayPal den Beklagten auf, die Metallbandsäge zu vernichten, und buchte ihm hiernach den Kaufpreis unter Belastung des Verkäuferkontos zurück.

Was wurde entschieden?
Nach den jetzt ergangenen Entscheidungen des BGH kann der Verkäufer nach erfolgreichem Antrag des Käufers auf PayPal-Käuferschutz erneut Kaufpreiszahlung verlangen.

Warum wurde so entschieden?
Dem Verkäufer stehe nach erfolgreichem Antrag des Käufers auf Käuferschutz (erneut) ein Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises zu. Denn mit der Nebenabrede, den Zahlungsdienst PayPal zu verwenden, vereinbarten die Vertragsparteien gleichzeitig stillschweigend, dass die Kaufpreisforderung wiederbegründet wird, wenn das PayPal-Konto des Verkäufers nach Maßgabe der PayPal-Käuferschutzrichtlinie rückbelastet wird.
Dies ergebe sich aus einer interessengerechten Auslegung des Vertrages unter Berücksichtigung der zwischen PayPal und den Nutzern des Zahlungsdienstes jeweils vereinbarten Allgemeinen Geschäftsbedingungen, insbesondere der sogenannten PayPal-Käuferschutzrichtlinie. Denn diese hebe unter anderem ausdrücklich hervor, dass PayPal "lediglich" über Anträge auf Käuferschutz entscheidet.

Die Annahme einer stillschweigend vereinbarten Wiederbegründung der Kaufpreisforderung sei auch deshalb geboten, weil PayPal nur einen vereinfachten Prüfungsmaßstab anlegt, der eine sachgerechte Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsparteien – anders als das gesetzliche Mängelgewährleistungsrecht – nicht sicherzustellen vermag.

(BGH , Urteil vom 22.11.2017 – VIII ZR 83/16; VIII ZR 213/16)

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