Nur jeder vierte Deutsche (26 Prozent) ist sich sicher, dass es keinen Gott gibt. Nur  16 Prozent der römisch-katholischen Christen, 18 Prozent der evangelisch-landeskirchlichen Christen und 7 Prozent der evangelisch-freikirchlichen Christen zweifeln an der Existenz Gottes. Interessant: Am geringsten ist der Zuspruch für die These „Ich bin sicher, dass es keinen Gott gibt.“ bei Wählern der Union (22 Prozent) und der FDP (25 Prozent), am höchsten ist er bei Wählern der Linken (40 Prozent). Jeweils jeder dritte Wähler von SPD (31 Prozent), AfD (32 Prozent) und der Grünen (35 Prozent) verneint die Existenz Gottes.

Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Instituts für Markt- und Sozialforschung, INSA-consulere (www.insa-consulere.de) im Auftrag des i-DAF. INSA-Chef Hermann Binkert folgert aus diesen Daten: „Drei von vier Befragten wollen die Existenz Gottes nicht ausschließen. Deutschland ist kein atheistisches Land, auch wenn nur noch gut jeder zweite Deutsche einer der beiden christlichen Kirchen angehört.“

Zwischen den Altersgruppen gibt es keine wesentlichen Unterschiede. Anders zwischen den Geschlechtern und regional. Mehr Männer (31 Prozent) als Frauen (22 Prozent) und mehr Ostdeutsche (35 Prozent) als Westdeutsche (24 Prozent) rechnen nicht mit der Existenz Gottes.

Die Umfrage stützt sich gedanklich auf die sogenannte Pascal‘sche Wette. Der bekannte französische Mathematiker, Physiker, Literat und Philosoph Blaise Pascal, der im 17. Jahrhundert lebte, argumentierte so: Es ist stets besser, an Gott zu glauben, weil der Erwartungswert des Gewinns (ewige Glückseligkeit), der durch Glauben an einen Gott erreicht werden könne, stets größer sei als der Erwartungswert im Fall des Unglaubens (ewige Verdammnis). Er ging davon aus, dass wir nicht wissen, ob Gott existiert oder nicht, und daher jeder Option eine 50-prozentige Chance zuzuordnen sei. Wer im Falle der Existenz Gottes fromm lebe, so Pascal, bekomme als unendlich großen Gewinn die ewige Glückseligkeit. Wenn Gott allerdings nicht existieren sollte, dann ist der Verlust relativ klein – das ist das Opfer oder Verlust der Frömmigkeit. Die mathematische Erwartung für den Lohn eines frommen Verhaltens wäre also ½  mal unendlich (Gewinn, wenn Gott existiert) minus ½ mal Lebenszeit (Verlust, wenn Gott nicht existiert). Der erwartete Lohn für die Frömmigkeit ist somit positiv unendlich. Jeder vernünftige Mensch, schlussfolgerte Pascal, sollte daher Gottes Gesetzen folgen. Gilt das auch heute noch?

Das Erfurter Meinungsforschungsinstitut nun befragte am 28. und 29. November 2017 in einer repräsentativen Online-Befragung insgesamt 1.061 Bürgerinnen und Bürger. Die große Mehrheit teilt Pascals Annahme, dass es mindestens genauso wahrscheinlich sei, dass Gott existiert, als dass er nicht existiert. Mehr noch: Für drei von fünf Befragten (59 Prozent) ist es mindestens genauso wahrscheinlich, dass es Gott gibt, als dass es ihn nicht gibt. Fast jeder Dritte (30 Prozent) meint, es sei genauso wahrscheinlich, dass es Gott gibt, als dass es ihn nicht gibt. Für weitere 29 Prozent ist es sogar wahrscheinlicher, dass es Gott gibt, als dass es ihn nicht gibt. Frauen (66 Prozent zu 34 Prozent) sind deutlich glaubensfester als Männer (51 Prozent zu 49 Prozent). Nur bei den unter 30-Jährigen (47 Prozent zu 53 Prozent) überwiegen die Skeptiker. In allen anderen Altersgruppen hält eine deutliche Mehrheit (57 bis 65 Prozent) es für mindestens genauso wahrscheinlich, wenn nicht sogar wahrscheinlicher, dass es Gott gibt. Signifikant ist auch der Unterschied zwischen West- und Ostdeutschen. Bei den Ostdeutschen (47 Prozent zu 53 Prozent) überwiegen die Skeptiker, bei den Westdeutschen (62 Prozent zu 38 Prozent) ist es für eine große Mehrheit mindestens genauso wahrscheinlich, dass es Gott gibt, als dass es ihn nicht gibt.

Spannend ist auch der Vergleich zwischen Mitgliedern der christlichen Kirchen, Muslimen und Konfessionslosen. Bei den Mitgliedern der christlichen Kirchen (72 Prozent zu 28 Prozent) ist es für die deutliche Mehrheit mindestens genauso wahrscheinlich, dass es Gott gibt, als dass es ihn nicht gibt. Bei den Konfessionslosen (34 Prozent zu 66 Prozent) überwiegen die Skeptiker. Dass aber selbst für jeden dritten Konfessionslosen die Chance, dass Gott existiert, bei 50 Prozent und mehr liegt, ist eher überraschend. Die geringsten Skeptiker im Blick auf die Existenz Gottes gibt es unter den Muslimen. Nur bei jedem Zehnten (90 Prozent zu 10 Prozent) überwiegt die Skepsis.

Interessant auch der Blick in die politischen Wählerschaften: Vor allem für die Anhänger der Union (69 Prozent), der AfD (59 Prozent) und der FDP (55 Prozent) ist es mindestens genauso wahrscheinlich, dass es Gott gibt, als dass es ihn nicht gibt. Die Wählerschaft der SPD (50 Prozent zu 50 Prozent) ist gespalten, bei den Wählern von Linken (44 Prozent zu 56 Prozent) und der Grünen (40 Prozent zu 60 Prozent) sind die Skeptiker in der Mehrheit.

In einem zweiten Schritt hat INSA die Fragen gestellt, in welchen Fällen die Befragten der Meinung sind, dass bei ihnen ein eher „richtiges“ oder „falsches“ Leben beschrieben wird. Die Skala der Fragen reichte von „es gibt Gott und man versucht, zu glauben und gottgefällig zu leben“ über „es gibt Gott und man versucht nicht, zu glauben und gottgefällig zu leben“ und „es gibt Gott nicht und man versucht, zu glauben und gottgefällig zu leben“ bis zu „es gibt Gott nicht und man versucht nicht, zu glauben und gottgefällig zu leben“. Immer waren es um die 40 Prozent aller Befragten, die sagten, es gehe für sie bei der jeweiligen Option weder um „richtiges“ noch um „falsches“ Leben. Interessant dabei: Signifikant ist vor allem das Ergebnis der Befragten zu der These „es gibt Gott und man versucht nicht, zu glauben und gottgefällig zu leben“. 80 Prozent derjenigen, die sich hier zwischen „richtig“ und „falsch“ entschieden haben, sind der Meinung, dass man dann ein „falsches“ Leben führe. Übrigens völlig unabhängig davon, ob man einer christlichen Kirche angehört oder nicht. Auch 79 Prozent der Konfessionslosen finden, dass man ein „falsches“ Leben führe, wenn es Gott gibt und man nicht versucht, zu glauben und gottgefällig zu leben.

Im Ergebnis folgt die große Mehrheit der Befragten also auch heute noch der Pascal‘schen Logik. Deutschland ist kein atheistisches Land, auch wenn ein erheblicher Anteil der Bevölkerung in Politik und Wirtschaft sich so verhält.

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