‚Vater, Mutter, Kind‘ mag vielleicht noch immer ein beliebtes Spiel unter Kindern sein, aber in der realen Welt hat dieses traditionelle Familienbild längst ausgedient. Zu vielfältig sind die familiären Lebenswirklichkeiten mittlerweile mit Patchwork-, Regenbogen-, Pflegefamilien und Co. Dank moderner Reproduktionsmedizin klaffen zudem biologische und soziale Elternschaften zunehmend auseinander. Das Familienrecht hinkt dem seit Einführung der Ehe für alle nicht mehr hinterher und hat sich den alternativen Lebensformen angepasst. ARAG Experten geben im Folgenden einen Überblick über die aktuelle Situation.

Mehr Rechte für Stiefeltern
Rechtlich gesehen sind Stiefeltern und Stiefkinder nicht miteinander verwandt, sondern lediglich verschwägert. Zwar kann ein Stiefkind durch die so genannte Einbenennung unter bestimmten Voraussetzungen den Namen des Stiefelternteils annehmen, doch rechtlich hat dies nach Auskunft der ARAG Experten keine Auswirkungen. Auch erbrechtlich haben Stiefkinder keinen Anspruch an den verstorbenen Stiefelternteil. Heiraten Stief- und leiblicher Elternteil, hat der neue Ehegatte nur dann das ‚kleine Sorgerecht‘, wenn der leibliche Elternteil vorher das alleinige Sorgerecht hatte. Dann darf der angeheiratete Partner bei alltäglichen und üblichen familiären Fragen im Einvernehmen mit dem leiblichen Elternteil entscheiden – wie etwa bei der Auswahl des Sportvereins oder wann das Kind abends ins Bett geht. Die Schulauswahl beispielsweise obliegt dagegen nur den leiblichen Eltern, die das Sorgerecht haben. Wer möchte, dass die eigenen Kinder und Stiefkinder rechtlich gleichgestellt sind, muss die Stiefkinder adoptieren. Dies ist in Deutschland für Ehepaare und für eingetragene Lebenspartner möglich.

Adoptiv- und Pflegefamilien
Leibliche Eltern, die ihr Kind zur Adoption freigeben, müssen auf all ihre Rechte, auch ihr Umgangsrecht, verzichten. Denn adoptierte Kinder sind rechtlich alleinige Kinder ihrer Adoptiveltern und nicht mehr mit ihren leiblichen Eltern verwandt. So entscheiden sich viele Eltern im Ernstfall eher für eine Pflegefamilie, denn Pflegeeltern erhalten nicht das Sorgerecht für das ihnen anvertraute Pflegekind. Sie dürfen lediglich in Angelegenheiten des täglichen Lebens entscheiden. Diskutiert wird derzeit ein geöffnetes Adoptionsarrangement, das den leiblichen Eltern einen kontrollierten Umgang oder eine Kontaktmöglichkeit zugesteht. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob es dem Kind so erleichtert werden kann, ein eigenes Selbstbild und eine eigene Identität zu entwickeln. Gleichzeitig wird auch darüber diskutiert, ob es in Härtefällen sinnvoll sein kann, Pflegeeltern auch gegen den Willen der leiblichen Eltern das volle Sorgerecht zu übertragen.

Regenbogenfamilien
Nach Schätzungen des deutschen Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD) leben in etwa neun Prozent aller gleichgeschlechtlichen Partnerschaften bereits Kinder. Das sind rund 6.600. Ungefähr 40 Prozent dieser Kinder stammen aus früheren heterosexuellen Beziehungen oder Ehen. Sie können vom eingetragenen Lebenspartner schon seit 2013 durch die so genannte Sukzessivadoption relativ einfach adoptiert werden. Die „Ehe für alle“ ermöglicht gleichgeschlechtlichen Paaren erstmals die gemeinsame Adoption eines Kindes und auch die Gründung einer Familie: Wird ein Kind in einer ehelichen Gemeinschaft geboren, so geht der Gesetzgeber davon aus, dass die Ehepartner auch die Eltern sind.

Samenspenden und Leihmütter
Der Wunsch bei homosexuellen Paaren nach eigenen Kindern ist hoch: Gut 36 Prozent aller kinderlosen Männer-Paare und rund 41 Prozent aller lesbischen Paare wünschen sich Nachwuchs. Während sich eine in einer homosexuellen Beziehung lebende Frau rein rechtlich der Samenspende bedienen darf, haben es homosexuelle Männer deutlich schwerer, eigene Kinder zu haben. Leihmütter sind in Deutschland nicht erlaubt. Wer sich daher im Ausland Hilfe sucht, hat es oft schwer, die gemeinsame Elternschaft in Deutschland anerkennen zu lassen. Hier könnte eine Reform für mehr Akzeptanz sorgen.

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