„Dass das Interesse am Thema Ethik in der Medizin so viele Zuhörerinnen und Zuhörer heute hierher geführt hat, freut mich besonders“, begrüßte Dr. med. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach, Präsident der Landesärztekammer Hessen (LÄKH), die rund 140 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Symposiums „Ethik im medizinischen Alltag – Anspruch und Wirklichkeit“ am 13. Januar in der Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung der LÄKH in Bad Nauheim. Dass Fragen der Ethik im ärztlichen Alltag ständige Begleiter sind, betonte der hessische Ärztekammerpräsident mit Verweis auf das Genfer Gelöbnis noch einmal ausdrücklich und hob hervor, dass die Patientenautonomie bei der jüngsten Überarbeitung des Gelöbnisses stärker in den Vordergrund gerückt wurde. „Diese ist seit jeher zentraler Bestandteil der Arzt-Patienten-Beziehung und muss insbesondere vor dem Erstarken ökonomischer Interessen besonders geschützt werden.“

In seinem Grußwort würdigte der hessische Minister für Soziales und Integration Stefan Grüttner die Verdienste Dr. von Knoblauch zu Hatzbachs beim Aufbau der ambulanten Ethikberatung in Hessen: „Die Angebote einer unabhängigen ambulanten Ethikberatung sind dringend und zeitnah erforderlich“, bekräftigte der Minister. Ethikberatung im Gesundheitswesen gewinne als Instrument zur Verbesserung der Qualität der Versorgung von kranken, pflegebedürftigen und behinderten Menschen zunehmend an Bedeutung, denn: „Im medizinischen Arbeitsalltag können große ethische Konflikte entstehen, weil die Behandlungsfolgen oft nicht mehr überschaubar sind. Ethikberatung sucht gemeinsam mit Patientinnen und Patienten und Behandelnden nach Auswegen bei schwierigen medizinischen Fragestellungen.“

Durch das Programm der Fortbildungsveranstaltung führte Prof. Dr. phil. Alfred Simon, Vorstand des Klinischen Ethikkomitees der Universität Göttingen, der die Vielfalt der Vorträge an diesem Tag hervorhob. Während am Vormittag die Ethikberatung im ambulanten und stationären Alltag im Vordergrund stand, erwarteten die Zuhörerinnen und Zuhörer am Nachmittag Berichte aus der Flüchtlingsversorgung aus Italien und Deutschland sowie ein Vortrag zur Rolle der Ethikausbildung im Medizinstudium. Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung von einem Streichquartett des „KOMMchester“, das Medizinstudierendenorchester der Universität Frankfurt.

„Das moderne Gesundheitswesen unterlag in den letzten Jahren einem schnellen Wandel, der uns vor ganze neue ethische und moralische Herausforderungen stellt“, unterstrich PD Dr. med. Carola Seifart, Mitarbeiterin der Ethik-Kommission des Fachbereichs Medizin der Universität Marburg, zu Beginn ihres Vortrags „Anspruch und Wirklichkeit im stationären Alltag“. Die Ethikberatung an Kliniken unterstütze dabei, „Licht ins Dunkel“ zu bringen und von einem externen Standpunkt aus ethische Probleme und Fragestellungen zu strukturieren und so zur Lösungsfindung beizutragen.

Während die Ethikberatung bereits fest in den klinischen Alltag integriert ist, steht das Äquivalent auf ambulanter Ebene noch am Anfang. Welche Fragen und Schwierigkeiten hierbei oft auftauchen, verdeutlichte Kornelia Götze, Projektleiterin für die Regionalgruppe Marburg-Biedenkopf des Vereins "Ambulante Ethikberatung in Hessen e.V.“, anschaulich und unter Einbeziehung der Zuhörer mit Hilfe eines Fallbeispiels. „Ich glaube nicht, dass ein Arzt für den Patienten entscheiden kann. Daher ist eine umfassende Kommunikation auf Augenhöhe unverzichtbar“, resümierte Götze.

Am Nachmittag rückte das Thema Flüchtlingsversorgung in Italien und Deutschland in den Mittelpunkt des Symposiums. Hierfür waren Dr. Maximilian Benedikter (Bozen, Italien), Dr. Maurizio Ciliberti und Dr. Salvatore Pauciulo (beide aus Salerno, Italien) angereist, um einen Eindruck der Situation vor Ort und der gesetzlichen Regelungen der medizinischen Versorgung von Flüchtlingen in Italien zu vermitteln. Dass die Region von Salerno hierbei vor der besonderen Herausforderung steht, die mit Schiffen ankommenden Flüchtlinge aufzunehmen und die medizinische Erstversorgung durchzuführen, machten die Gäste in ihren Vorträgen deutlich und zeigten sowohl die medizinischen als auch die menschlichen Aspekte ihrer Aufgaben auf.
Neben den organisatorischen Schwierigkeiten sei die Situation auch emotional sehr belastend, wie Dr. med. Ursula Stüwe, ehemalige Präsidentin der Landesärztekammer Hessen, eindrücklich schilderte. Sie selbst ist seit Beginn der Flüchtlingskrise aktiv in verschiedenen Erstaufnahmestationen in Hessen tätig gewesen und berichtete an diesem Nachmittag auch von den sprachlichen, kulturellen und ethischen Problemen bei der Erstversorgung von geflüchteten Menschen.

„Bereits im Studium sollte man künftigen Ärztinnen und Ärzten das ethisch-moralische Handwerkszeug für diesen Beruf an die Hand geben“, so Philipp Reimold, Arzt in Weiterbildung aus Heidelberg. Im Rahmen seines Vortrags „Was erwarten Studierende von der Ethikausbildung im Studium“ forderte Reimold eine umfassendere Ausbildung für Studierende in diesem Bereich und eine praxisbezogene Lehre – beispielsweise durch Hospitationen in Ethik-Komitees der Kliniken.

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