Der Gemeinsame Bundesauschuss (G-BA) hat in der Sitzung vom 19.04.2018 den Entwurf zur Änderung der Arzneimittel Richtlinie (AM-RL) verabschiedet. Hier werden die vom Gesetzgeber im Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (HHVG) geforderten Abgrenzungskriterien zur Erstattungsfähigkeit von Verbandmitteln beschrieben. Der G-BA hat dazu in Abschnitt P der Arzneimittel-Richtlinie, die Produktgruppen in drei Kategorien unterteilt.

Kategorie1:
Eineindeutige Verbandmittel sind Verbandmittel ohne ergänzende Eigenschaften, wie beispielsweise Mullkompressen, Verbandwickel oder einfache Pflaster. Die hier aufgeführten Produktgruppen sind abschließend aufgezählt und uneingeschränkt erstattungsfähig.
Beispielhafte Nennungen
• Kompressionsbinden (Kurz-, Mittel-, Langzugbinden, auch in Kombination)
• Mullbinden
• Mullkompressen (aus Verbandmull)
• Saugkompressen
• Wundschnellverbände
• Verbandwatte
• Semipermeable Folien
• PU-Schaum
• etc.. •

Kategorie2:
Verbandmittel mit ergänzenden Eigenschaften (z. B. feucht haltende Verbandmittel) sind beispielsweise Hydrokolloidverbände, Alginate oder Superabsorber. Produkte in dieser Kategorie sind weiterhin erstattungsfähig, wenn die Hauptwirkung durch die ergänzenden Eigenschaften nicht beeinträchtigt wird
Beispielhafte Nennungen
• Alginate/ Hydrofasern/ Aquafasern
• Hydrogele (in Kompressenform)
• Hydrokolloide/ Hydropolymere
• Salbenkompressen/ Silikonbeschichtete Wunddistanzgitter
• Aktivkohlehaltige Wundauflagen
• Superabsorber
• Dialkylcarbamoylchlorid (DACC)-beschichtet
• Antimikrobielle Stoffe, ohne Abgabe der jeweiligen antimikrobiellen Stoffe in die Wunde

Kategorie3:
Sonstige Mittel zur Wundbehandlung, müssen sich zunächst einer Nutzenbewertung gemäß § 31 Absatz 1 Satz 2 SGB V unterziehen. Hier gibt es noch keine Nennungen, da die Hersteller die Aufnahme für ihre Produkte beantragen müssen.

Hier finden die den vollständigen Beschluss

Bei Betrachtung der aufgeführten Produktgruppen, ist zu erkennen, dass die gängigen Basisprodukte für die Wundversorgung weiterhin zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) erstattungsfähig bleiben. Der größte Diskussionspunkt dürfte die antimikrobiell wirksamen Produkte betreffen. Produkte die antimikrobielle Wirkstoffe in die Wunde entlassen sind in den Kategorien 1+2 nicht enthalten und müssten sich einer Nutzenbewertung unterziehen um in die Kategorie 3 aufgenommen zu werden. Hingegen sind Produkte, die mit dem Exsudat aufgenommene Erreger in der Wundauflage binden, inaktivieren oder abtöten in der Kategorie 2 zu finden. Interessant ist dazu das Wortprotokoll zur G-BA Anhörung vom 20.02.2018, welches in der zusammenfassenden Dokumentation auf der Internetseite des G-BA zu finden ist (s. Link oben).

Demnach werden eine Vielzahl von antimikrobiellen Produkten, die beispielsweise Silber oder Polihexanid (PHMB) enthalten und freisetzen in der Wundversorgung nicht mehr durch die GKV erstattet. Die ICW e.V. sieht diese Entwicklung kritisch, da gerade infizierte Wunden die Patienten und Behandler immer wieder vor Probleme stellen. Mit dieser Änderung der AM-RL wird eine wichtige Therapieoption bei infizierten Wunden aus der Erstattung ausgeschlossen, so dass Betroffene entweder eine andere Therapie erhalten müssen oder die Produkte aus eigener Tasche zahlen müssen.

Auch Hydrogele in Gelform werden aus der Erstattung der GKV herausfallen. In der Begründung wird angegeben, dass mit der Wundauflage eine Barriere durch entsprechende Formstabilität des in die Wunde eingebrachten oder aufgelegten Stoffes/Materials erreicht werden muss. Dies wird entsprechend der Einschätzung des G-BA, erreicht durch entsprechende Filmbildung bzw. Festigkeit.

Die Änderungen der AM-RL werden zwölf Monate nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger wirksam werden, bis dahin haben Betroffene weiterhin Anspruch auf Versorgung mit Verbandmitteln zu Lasten der GKV. Diese Übergangszeit dient auch den Herstellern als Bearbeitungszeitraum für eine Beantragung zur Aufnahme von Produktgruppen in die Kategorie 3. Dazu muss die jeweilige Produktgruppe einen Nachweis der Wirksamkeit erbringen. Die ICW e.V. hält diese Nachweise, im Sinne der Patientensicherheit für wünschenswert.

Der Vorstand der ICW e.V.

Über Initiative Chronische Wunden e. V.

Die Initiative Chronische Wunden ist eine multiprofessionelle Fachgesellschaft, die sich für die Belange von Menschen mit chronischen Wunden sowie deren Behandler professionell engagiert. Ziele der ICW sind die Prävention chronischer Wunden und die Unterstützung von Menschen mit chronischen Wunden (z.B. Dekubitus, Ulcus cruris, Diabetisches Fußsyndrom) und therapeutischer Teams durch entsprechend fachlich qualifizierter Bildungsmaßnahmen. Die ICW entwickelt und veröffentlicht Qualitätssicherungsmaßnahmen im Bereich der Prävention und Behandlung chronischer Wunden.

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