Die EU vereinfacht die Vorschriften für den grenzüberschreitenden Handel. Ab 2019 treten die ersten Erleichterungen in Kraft. Doch die Umsetzung dauert noch einige Jahre und es gibt viele Unklarheiten.

Der grenzüberschreitende Handel innerhalb der EU leidet unter vielen Vorschriften und Hemmnissen, die vor allem Kleinunternehmen und Start-ups das Leben schwermachen. Dazu zählen die komplizierten Mehrwertsteuerregeln. Zwischen 2019 und 2022 wird ein neues Mehrwertsteuersystem eingeführt, das den Handel innerhalb der EU einfacher und weniger betrugsanfällig machen soll.

Die Wirtschafts- und Finanzminister der EU haben sich endlich auf echte Erleichterungen geeinigt. Einige betreffen allein den Online-Handel, die anderen zielen auf ein neues Mehrwertsteuersystem für den grenzüberschreitenden Handel ab und haben ebenfalls Folgen für den Online-Handel. Kleinstunternehmen, die mit grenzüberschreitenden elektronischen Dienstleistungen weniger als 10.000 Euro pro Jahr erlösen, sollen ab 2019 die Mehrwertsteuerregelung ihres Heimatlandes anwenden können. Ergänzend sind für Umsätze bis 100.000 Euro kleinere Erleichterungen bei den Nachweispflichten zur Bestimmung des Leistungsorts möglich.

Für Online-Händler mit größerem Warenverkehr ergeben sich erst ab 2021 umfangreichere Änderungen. Die bisherige Versandhandelsregelung wird durch die Fernverkaufsregelung ersetzt. Es entfallen insbesondere die Lieferschwellen. Der Umsatz ist immer in dem Land zu versteuern, in welches die Ware geschickt wird. Im Gegenzug dazu besteht als Erleichterung für alle Online-Händler die Möglichkeit, ihren steuerlichen Pflichten im Ausland über ein einheitliches Online-Portal, wie es bereits für den Verkauf elektronischer Dienstleistungen etabliert ist, nachzukommen. Damit entfallen Sprachbarrieren, Anträge für jedes einzelne Land und die Vielzahl an Einzelnachweisen. Dagegen wird die Regelung, dass Sendungen bis zu einem Warenwert von 22 Euro bei der Einfuhr nicht der Umsatzsteuer unterliegen, abgeschafft. Hier gab es vielerlei Manipulationen. Ecovis-Steuerberater Uwe Lange aus Berlin begrüßt die eingeleiteten Änderungen auf EU-Ebene als „wesentliche Erleichterungen in der täglichen Arbeit“. Dass es aber so lange mit dem Start des Online-Portals dauert, bedauert er: „Grund dafür sind die notwendigen Anpassungen der IT-Systeme in den einzelnen europäischen Staaten.“

Erhebliche Änderungen ergeben sich auch durch erste Maßnahmen auf dem Weg zu einem endgültigen EU-Mehrwertsteuersystem. Hier gilt ebenfalls eine erste Übergangsphase bis 2022. Bisher gibt es aber noch keine feste Richtlinie, sondern nur einen Entwurf. Vieles ist also noch unklar. Die ersten Maßnahmen treten 2019 in Kraft.

Ein zentraler Punkt ist die Einführung des zertifizierten Steuerpflichtigen (siehe Kasten). Wer als zuverlässig gilt, soll im grenzüberschreitenden Handel Erleichterungen in Anspruch nehmen können. Der Betroffene muss jedoch nachweisen, dass er seine Arbeit und Warenbewegungen genau kontrolliert und dokumentiert. „Den Status als zertifizierter Steuerpflichtiger zu erlangen und zu erhalten, ist mit Kosten verbunden. Für kleine und mittlere Unternehmen könnte das eine Hemmschwelle sein. Die Nichtzertifizierung aber kann zur Benachteiligung im Handel führen“, sagt Steuerberater Michael Tippelt bei Ecovis in Deggendorf.
Der zertifizierte Steuerpflichtige
Ab 1. Januar 2019 sollen nur zertifizierte Steuerpflichtige mehrwertsteuerliche Vergünstigungen bekommen. Dazu ist ein Antrag bei der Steuerbehörde zu stellen. Zertifizierter Steuerpflichtiger kann nur werden, wer nicht gegen zoll- oder steuerrechtliche Vorschriften verstößt, zahlungsfähig ist und seine Geschäftstätigkeit einsehbar macht.

Anmeldepflicht der Online-Händler im Ausland bleibt bis 2020
Unternehmen, die über die Lieferschwelle (in der Regel 35.000 Euro) im grenzüberschreitenden Online-Handel kommen, müssen sich zunächst nach wie vor in anderen europäischen Ländern registrieren. Ecovis entwickelt derzeit ein länderübergreifendes Dienstleistungspaket für verschiedene Länder und nutzt dazu sein internationales Netzwerk. Vorteil für den Mandanten: Auch für Steuererklärungspflichten im Ausland muss er seinen Berater nicht wechseln.

Uwe Lange Steuerberater bei Ecovis in Berlin

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