Immer öfter kommt es in letzter Zeit vor, dass auf dem Armaturenbrett oder an der Windschutzscheibe eine Digitalkamera prangt. Die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der Dashcams sowie die Verwendbarkeit der Aufzeichnungen in Zivil- oder Strafprozessen waren lange umstritten. Laut ARAG Experten hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt erstmals Position beziehen müssen und für Klarheit gesorgt: Auch wenn die Aufzeichnungen der kleinen Kameras gegen Datenschutzrecht verstoßen, können sie nach dem aktuellen Urteil dennoch als Beweismittel vor Gericht zulässig sein.

Was ist eine Dashcam?

Als Dashcam wird eine Videokamera auf dem Armaturenbrett (englisch: dashboard) oder an der Windschutzscheibe von Fahrzeugen bezeichnet, welche die Fahrt fortwährend aufzeichnet und in einer Schleife speichert. Nach Ablauf einer programmierbaren Zeit oder bei Erreichen des Speicherlimits des Speichermediums werden ältere Aufnahmen überschrieben. Autofahrer installieren diese Kameras überwiegend, um Verkehrsabläufe zu dokumentieren und so bei Verkehrsunfällen die Schuldfrage eindeutig beweisen zu können. Es kommt auch immer öfter vor, dass Autofahrer das Fehlverhalten anderer Verkehrsteilnehmer zur Anzeige bringen oder eventuelle Polizeikontrollen dokumentieren wollen.

Was sagen Datenschützer?

Ein Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz liegt dann vor, wenn mit einer Dashcam Aufnahmen in der Absicht gemacht werden, sie später ins Internet zu stellen, auf Youtube oder Facebook hochzuladen oder Dritten zu übermitteln. Letzteres gilt unter Umständen auch, wenn die Aufnahmen an die Polizei weitergegeben werden.

Die bisherige Rechtsprechung

In einem früheren Fall hatte die zuständige Behörde einem Autofahrer untersagt, eine Dashcam zur Aufzeichnung von Verkehrsverstößen anderer Verkehrsteilnehmer einzusetzen. Die Anwältin des Mannes führte vor Gericht aus, ihr Mandant fühle sich häufig von anderen Autofahrern genötigt, so dass er sich zum Einsatz der Kamera gezwungen gesehen habe, um Beweismittel zu sichern. Das angerufene Gericht befand allerdings, der Autofahrer habe mit seinen Videoaufnahmen den persönlichen oder familiären Bereich verlassen, weil der Mann ihn behindernde oder nötigende Autofahrer mit den Aufnahmen bei der Polizei habe überführen wollen. Damit finde das Bundesdatenschutzgesetz Anwendung. Schließlich ließen sich die mit seiner Dashcam in der Öffentlichkeit gefilmten Personen und Nummernschilder ohne weiteres identifizieren. Das Gericht führte aus, dass das Bundesdatenschutzgesetz „heimliche Aufnahmen unbeteiligter Dritter grundsätzlich nicht zulässt und solche Aufnahmen einen erheblichen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der von den Filmaufnahmen betroffenen Personen darstellen“. Die Datenschutzinteressen der heimlich Gefilmten seien demnach höher zu bewerten als das Interesse des Autofahrers an einem Videobeweis etwa für den Fall eines Unfalls (VG Ansbach, Az.: AN 4 K 13.01634).

BGH lässt Dashcam-Aufzeichnungen zu

Der im jetzt verhandelten Fall vom Amtsgericht Magdeburg beauftragte Sachverständige konnte den Unfallhergang nicht aufklären. Auch Zeugenaussagen brachten keine weiteren Hinweise über den Unfallverursacher. Dem Kläger wurde daraufhin die Hälfte des Gesamtschadens als Schadensersatz zugesprochen. Dieser wollte jedoch weitere 1.330 Euro erstreiten und verlangte, auch die Videoaufnahmen, die er mit seiner im Auto befestigten Dashcam angefertigt hatte, als Beweismittel zuzulassen. Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Magdeburg lehnten dies ab. Durch die dauerhafte Videoaufzeichnung sei das Persönlichkeitsrecht des Unfallgegners betroffen. Das überwiege in diesem Fall – auch, weil der Schaden relativ gering sei. Auf dem Video, um das es jetzt vor dem BGH ging, sieht man genau, wie die zwei Autos auf der Linksabbiegerspur zusammenstoßen. Jetzt hatten die obersten deutschen Zivilrichter das Wort, denn bei der Verwendung von Videoaufzeichnungen im Schadensersatzprozess stehen sich mehrere Interessen gegenüber: Auf der einen Seite die Rechte der gefilmten Personen und auf der anderen Seite das Interesse von Klägern und Gerichten, den Unfall wahrheitsgemäß aufzuklären. Welche Maßstäbe für die Verwendung von Dashcam-Aufnahmen vor Gericht genau gelten, hat der BGH nun geklärt. Die Aufnahmen verstoßen demnach zwar gegen das Datenschutzrecht. Da aber Unfallbeteiligte ohnehin Angaben zu Person, Versicherung und Führerschein machen müssten, sei dies nachrangig. Die Aufzeichnungen seien deshalb im Unfallhaftpflichtprozess nach entsprechender Interessenabwägung als Beweismittel verwertbar. Die vorinstanzlichen Urteile wurden somit kassiert und der Fall an das Landgericht zurückverwiesen (BGH, Az.: VI ZR 233/17).

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