Anlässlich der heute vorgestellten Vorschläge der EU-Kommission zur Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik erklärt Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner:

"Landwirtschaftskommissar Phil Hogan hat heute in Brüssel die Vorschläge der Europäischen Kommission zur Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2020 vorgestellt. Damit wird jetzt ein intensiver Beratungsprozess in Gang gesetzt. An dessen Ende werden die neuen Grundlagen der europäischen Agrarpolitik ab dem Jahr 2021 stehen. Wir alle sollten uns Zeit für eine gründliche und solide Analyse der Vorschläge nehmen.

Wir wollen eine moderne und nachhaltige Landwirtschaft in Europa. Deshalb sind die Vorschläge von enormem Ausmaß für die Zukunft der Landwirtschaft. Wir werden uns die Vorstellungen der Kommission genau anschauen und selbst konkrete Vorschläge machen. Dann werden wir uns gemeinsam mit den anderen Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament aktiv in den weiteren Entscheidungsprozess einbringen. In Deutschland selbst bin ich mit den Ländern parallel im Austausch.

Es ist gut, dass die Kommission mit ihren Vorschlägen einige wichtige deutsche Anliegen berücksichtigt hat. In den Vorschlägen gibt es Licht und Schatten.

Wie die Kommission sehen auch wir die Direktzahlungen als wesentliches Element der Einkommenssicherung der landwirtschaftlichen Betriebe an. Um ihre vielfältigen Aufgaben und Anforderungen zu erfüllen, brauchen die Landwirte diese Zahlungen zur wirtschaftlichen Stabilisierung und Risikoabsicherung und für einen lebendigen ländlichen Raum. Denn stirbt die Landwirtschaft, stirbt auch der ländliche Raum.

Ich begrüße das Ziel der Kommission, Umwelt- und Klimaleistungen der Landwirtschaft noch stärker zu fördern als bisher. Mir ist wichtig, dass unsere Landwirte spürbar von Bürokratie entlastet werden. Das sehe ich in den Vorschlägen der Kommission noch nicht. Neue und darüber hinaus gehende Anforderungen müssen für unsere Bauern praxistauglich sein.

Ich begrüße, dass die Zahlungen für Umweltleistungen nicht mehr im sogenannten ‚Greening‘ geregelt werden sollen. Die Greening-Umweltleistungen fallen aber nicht weg. Vielmehr sollen die Direktzahlungen deutlich umfassender an die Umweltleistungen gebunden werden als bisher. Wie konkret die Anforderungen an die Umweltleistungen aussehen und welche neuen Umwelt- und Klimaleistungen wir für die Zahlungen zur Voraussetzung machen, werden wir in den nächsten Wochen intensiv diskutieren. Hier sehe ich einige praxisuntaugliche Probleme und Aspekte für unsere Landwirte.

Ein zentraler Baustein ist die Flexibilisierung der Umverteilungsprämie. Das entspricht auch meinem Ziel, kleinere und mittlere Betriebe besser zu fördern.

Anders als die Kommission sehen wir aber eine verpflichtende Kappung der Zahlungen bei 100 000 Euro nicht als geeignetes Instrument an. Ich kann mir kaum vorstellen, dass wir hier ohne Änderungen mitgehen können. Die Anwendung der Kappung sollte den Mitgliedstaaten freigestellt sein. Genauso wie die Anrechnung der Lohnkosten. Ob eine Degression der Direktzahlungen ein geeignetes Mittel ist, werden wir prüfen. Denn große Unternehmen haben im Vergleich zu kleineren Unternehmen Kostenvorteile bei der Produktion.

Ich unterstütze den Weg hin zu mehr Marktorientierung und begrüße daher den stärkeren Fokus auf Forschung und Innovation.

Zur Marktorientierung gehören aber auch gleiche Wettbewerbsbedingungen. Deswegen trete ich ein für eine Rückführung der gekoppelten Stützung, insbesondere beim Ackerbau. Es ist unbefriedigend, dass die Kommission das in ihrem Vorschlag nicht aufgreift.

Ich erwarte intensive Diskussionen über die Vorschläge zur weiteren Angleichung der Höhe der Direktzahlungen zwischen den Mitgliedstaaten (externe Konvergenz). Es gibt gute Gründe für die Beibehaltung unterschiedlich hoher Direktzahlungen – etwa die stark unterschiedlichen Niveaus bei Boden- und Pachtpreisen oder bei den Löhnen in den Mitgliedstaaten.

Die 2. Säule muss ein wichtiges Instrument bleiben, um die vielfältigen Ziele der GAP zu erreichen:
– die Wettbewerbsfähigkeit landwirtschaftlicher Betriebe zu steigern,
– die nachhaltige landwirtschaftliche Produktion zu fördern und
– eine positive wirtschaftliche Entwicklung der ländlichen Räume.

Wir erwarten, dass das neue Umsetzungsmodell dem Subsidiaritätsprinzip besser als heute Rechnung trägt. Den Rahmen setzt Europa. Die konkrete Umsetzung liegt bei den Mitgliedstaaten – in Deutschland also beim Bund gemeinsam mit den Bundesländern.

Das trägt auch den unterschiedlichen Bedürfnissen und Strukturen in den Mitgliedstaaten Rechnung.

Ich sehe Diskussionsbedarf bei der Vereinfachung der GAP: Es kann nicht sein, dass unsere Bauern mehr Zeit am Schreibtisch als auf ihren Feldern verbringen. Ich möchte, dass unsere Landwirte spürbar von Bürokratie entlastet werden.

Hier gibt es zwar positive Ansätze, aber in den Vorschlägen der Kommission sehe ich auch Mehrbelastungen für unsere Bauern.

Ich befürchte, dass eine Reihe von Regelungen mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden ist. Ich fordere konkrete Vorschläge, wie die Vereinfachung in der Praxis erreicht werden kann.

Die Entbürokratisierung muss fest in der neuen GAP verankert sein. Das erhöht auch die Akzeptanz der Europäischen Union im Alltag der Menschen.

Ich weiß, dass sich unsere Bauern sorgen, dass die für sie wichtigen Unterstützungen gekürzt werden.

Ich weiß aber auch, dass es schwierig ist, allen Wünschen gerecht zu werden. Wichtig für uns in Deutschland sind vor allem drei Punkte:

Die Bauern brauchen Unterstützung und einen verlässlichen Rahmen, damit sie die Herausforderungen an eine moderne und gesellschaftlich akzeptierte Landwirtschaft erfüllen können.

Stichworte sind hier die Versorgung mit hochwertigen Lebensmitteln, Umwelt- und Klimaschutz, weltweit steigende Nachfrage, mehr Tierwohl, Vereinfachung und Bürokratieabbau sowie die Sicherung der Zukunftsperspektiven für eine moderne, innovative und wettbewerbsfähige Landwirtschaft.

Für mich ist klar: Für eine gute Zukunft der Landwirtschaft und damit für eine gute Zukunft der Bauern in Deutschland und Europa, halte ich es für dringend erforderlich, dass für die GAP angemessene Haushaltsmittel zur Verfügung stehen. Das haben wir im Koalitionsvertag so beschlossen. Jetzt gilt es, dies auf europäischer Ebene umzusetzen."

Hintergrund:

Der EU-Kommissar für Landwirtschaft, Phil Hogan, hat heute in Brüssel seinen Reformvorschlag für die zukünftige Gestaltung der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) vorgestellt. Die Vorschläge der Kommission werden nun vom Europäischen Parlament sowie den Mitgliedsstaaten beraten. Die Reform soll 2021 in Kraft treten.

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