In einem Urteil vom 27.02.2018 entschied der Bundesgerichtshof (BGH Urteil vom 27.02.2018, AZ.: XI ZR 160/17), dass Baufinanzierungen die in Form von Verbraucherdarlehensverträge über Fernabsatz geschlossen wurden und die zudem eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung oder andere Formfehler enthalten, noch widerrufbar sind.
Damit eine wirksame Widerrufbelehrung erfolgen und damit auch die Widerrufsfrist zu laufen beginnen kann, muss dem Darlehensnehmer bei Abschluss eines Fernabsatzvertrages auch ein eigenes Vertragsexemplar vorliegen: „der Lauf der Widerrufsfrist setze zusätzlich zu dem Empfang der Widerrufsbelehrung voraus, dass der Verbraucher im Besitz einer seine eigene Vertragserklärung enthaltenden Urkunde sei, sollte damit lediglich zum Ausdruck kommen, die Widerrufsbelehrung dürfe nicht unrichtig suggerieren, für den Fristbeginn genüge die Vorlage des Vertragsantrags des Unternehmers.“
Betroffen sind vorrangig Darlehensverträge die zwischen November 2002 und Juni 2010 geschlossen wurden. Vor allem Darlehensverträge von der ING DIBA, der DKB und der DSL-Bank wurden häufig über Fernabsatz geschlossen, die Erfolgschancen für einen Widerruf sind hier demnach am besten.
So sind Darlehen die zwischen 2008 und 2010 bei diesen Banken aufgenommen wurden besonders aussichtsreich, denn bei diesen greift i.d.R. noch eine laufende Zinsbindung.
Fernabsatz bedeutet dabei, dass der Vertrag ausschließlich über Fernkommunikationsmittel (Post, Fax, Telefon, E-Mail etc.) geschlossenen wurde und eine persönliche Begegnung weder außerhalb, z.B bei einem Vertreterbesuch, noch innerhalb der Geschäftsräume des Darlehensgebers (i.d.R. die Bank) stattgefunden hat. So ist Voraussetzung für einen Fernabsatzvertrag, dass „die beiden Vertragsparteien – der Lieferer und der Verbraucher (hier die Bank und der Darlehnsnehmer) – bei der Anbahnung und zum Zeitpunkt des Abschlusses des Fernabsatzvertrags nicht gleichzeitig körperlich anwesend sind“.
Aber weshalb sollte ein Darlehensnehmer einen laufenden Vertrag überhaupt widerrufen?
Gerade alte Darlehensverträge sind oft hoch verzinst. Mit dem Widerruf des Darlehens können Betroffene zu einer Finanzierungalternative mit deutlich niedrigeren Zinsen wechseln, ohne dabei Vorfälligkeitszahlungen tätigen zu müssen. Diese würden bei einer gewöhnlichen Kündigung anfallen.
Außerdem haben Kunden im Fall des erfolgreichen Widerrufs Anspruch auf sogenannte Nutzungsentschädigung. Konkret bedeutet dies, dass die Bank alle bisherigen Zahlungen (Tilgung und Zinsen) verzinsen muss. Häufig beläuft sich diese Entschädigung auf fünf bis zehn Prozent der Kreditsumme. So können einige Zinsen gespart werden.
Wichtig hierbei ist es sich nicht vorzeitig auf einen Vergleich mit der Bank einzulassen um das beste mögliche Ergebnis zu erzielen. Bietet die Bank lediglich Zahlung und den Entfall der Vorfälligkeitsentschädigung verlieren gerade die Kunden von älteren Darlehen, deren Zinsbindung bald ausläuft, ggf. einiges an Nutzungsentschädigungen.
Die Kanzlei MPH legal Services, Rechtsanwalt Dr. Martin Heinzelmann, LL.M., Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, empfiehlt daher, dass mögliche Betroffene ihre Darlehensverträge schnellstmöglich prüfen und ggf. widerrufen lassen sollten.
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