Mit dieser Frage hatten sich in der jüngsten Vergangenheit mehrere Gerichte zu befassen. Überall dort, wo dezentrale Versorgungsinfrastrukturen zur Eigenversorgung oder Versorgung Dritter mit Strom genutzt werden – etwa in Industrie-/Gewerbeparks, Krankenhäusern, Pflegeheimen Universitäten, Schulen oder Wohnquartieren –, spielt die Abgrenzung zwischen Kundenanlage und Stromnetz der allgemeinen Versorgung eine entscheidende Rolle. Denn anders als das Netz der allgemeinen Versorgung unterliegen Kundenanlagen nicht der diffizilen energierechtlichen Regulierung. Zudem ist Strom, der innerhalb einer Kundenanlage erzeugt und verbraucht wird, in der Regel von den Netzentgelten sowie netzseitigen Umlagen und Abgaben (z.B. KWK-Umlage, Konzessionsabgaben) befreit. Der Status als Kundenanlage spielt mithin eine entscheidende Rolle für die praktische Umsetzung und Wirtschaftlichkeit dezentraler Versorgungskonzepte.

Begriff der Kundenanlage

Das Gesetz definiert den Begriff der Kundenanlage zwar legal in § 3 Nr. 24a bzw. 24b EnWG. Kundenanlagen i.S.d. § 3 Nr. 24a EnWG sind Energieanlagen zur Abgabe von Energie,

  • die sich auf einem räumlich zusammengehörenden Gebiet befinden,
  • mit einem Energieversorgungsnetz oder mit einer Erzeugungsanlage verbunden sind,
  • für die Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas unbedeutend sind und
  • jedermann zum Zwecke der Belieferung der angeschlossenen Letztverbraucher im Wege der Durchleitung unabhängig von der Wahl des Energielieferanten diskriminierungsfrei und unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.

Die insoweit speziellere „Kundenanlage zur betrieblichen Eigenversorgung“ i.S.v. § 3 Nr. 24b EnWG unterscheidet sich davon nur insoweit, als dass sie sich auf einem räumlich zusammengehörenden Betriebsgebiet befinden und – anstelle unbedeutend für den Wettbewerb zu sein – fast ausschließlich dem betriebsnotwendigen Transport von Energie innerhalb des eigenen Unternehmens oder zu verbundenen Unternehmen oder fast ausschließlich dem der Bestimmung des Betriebs geschuldeten Abtransport in ein Energieversorgungsnetz dienen muss.

Die Vielzahl der vom Gesetz verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe ist jedoch auslegungsbedürftig und erschwert die Rechtsanwendung. Daher verwundert es nicht, dass in der Praxis immer wieder streitig ist, ob die Voraussetzungen einer Kundenanlage im konkreten Einzelfall erfüllt sind. Insofern hatten sich in der Vergangenheit bereits die Regulierungsbehörden und vereinzelte Gerichte mit den verschiedenen Aspekten bzw. Voraussetzungen einer Kundenanlage zu befassen.

Aktuelle Rechtsprechung

Zuletzt wurde der Begriff der Kundenanlage i.S.d. § 3 Nr. 24a EnWG durch drei oberlandesgerichtliche Entscheidungen präzisiert. Dabei betonen alle drei Entscheidungen das Regel-Ausnahme-Verhältnis, wonach die Kundenanlage die rechtliche wie auch tatsächliche Ausnahme gegenüber dem regulierten Versorgungsnetz darstelle. Dementsprechend restriktiv legten die Gerichte die an eine Kundenanlage zu stellenden Anforderungen aus.

Das OLG Frankfurt a.M. hatte in seinem Beschluss vom 08.03.2018 über ein Quartierskonzept zu befinden, bei welchem die 100%ige Tochter einer Immobiliengesellschaft 397 Wohnungen mit insgesamt etwa 1 Mio. MWh Strom pro Jahr versorgte. Das Gericht lehne im Ergebnis das Vorliegen einer Kundenanlage ab. Seine Entscheidung stützte es im Wesentlichen auf die Merkmale der Unentgeltlichkeit sowie die fehlende Wettbewerbsrelevanz, welche vorliegend nicht gegeben waren.

Vor allem an der unentgeltlichen Zurverfügungstellung der Energieanlagen hegte das Gericht erhebliche Zweifel und vermutete die Erhebung eines „verdeckten“ verbrauchsabhängigen Nutzungsentgelts. Anlass bot der im Vergleich zum örtlichen Energieversorgungsunternehmen nicht wesentlich günstigere Stromtarif. Dem Betreiber der potenziellen Kundenanlage gelang es insoweit auch nicht, die Zweifel zu widerlegen.

Darüber hinaus befand das OLG Frankfurt – ohne sich auf konkrete Schwellenwerte festzulegen –, dass bei einer Anzahl von 397 versorgten Wohnungen und einer jährlichen Stromentnahme von 1 Mio. kWh nicht mehr von einer fehlenden Wettbewerbsrelevanz ausgegangen werden könne. Das Gericht sprach sich insofern für eine absolute Betrachtung aus und erteilte damit der von einigen Regulierungsbehörden in der Vergangenheit angewandten relativen Betrachtungsweise im Vergleich zum vorgelagerten Netzbetreiber eine Absage.

Das OLG Düsseldorf konzentrierte sich demgegenüber in seinen beiden Entscheidungen jeweils vom 13.06.2018 vorwiegend auf das Merkmal des räumlich zusammenhängenden Gebiets.

Nach Auffassung des OLG Düsseldorf setzt eine „räumlichen Zusammengehörigkeit“ in Abgrenzung zu verstreuten, diffundierenden und mit ihrer Umgebung verschmelzenden Gebieten eine von außen wahrnehmbare und durch die innere Verbundenheit geschaffene räumliche Gebietseinheit voraus, die nur vorliegt, wenn sie nicht durch störende oder trennende Unterbrechungen, wie es regelmäßig bei Straßen der Fall ist, aufgehoben wird.

Vor diesem Hintergrund verneinte das Gericht das Vorliegen einer Kundenanlage für ein sich über 17 Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 44.313 qm erstreckendes Wohnquartier bestehend aus 22 Mehrfamilienhäusern mit insgesamt 457 Wohnungen und einer geschätzten Stromentnahme von ca. 1005 MWh pro Jahr, welches von einer vierspurigen Straße mit begrüntem Mittelstreifen durchquert wird, da es sich bei dieser um ein Hauptverkehrsweg handle, der nicht nur der Erschließung des Wohngebiets, sondern der Erschließung des gesamten Stadtgebiets diene und nicht ohne Weiteres überwunden werden könne. Die architektonische Ähnlichkeit der Mehrfamilienhäuser reichte ebenso wie der geplante Anschluss an ein einheitliches Wärmenetz nach Auffassung des Gerichts vorliegend nicht aus, um trotz der querenden Straße eine räumliche Zusammengehörigkeit zu begründen.

Dass eine öffentliche Straße jedoch nicht zwangsläufig einen trennenden Charakter aufweist, zeigt die zweite Entscheidung des OLG Düsseldorf ebenfalls vom 13.06.2018. Dort hat das Gericht für eine Reihenaussiedlung von 20 Reihenhäusern, die auf einem Grundstück beiderseits einer öffentlichen Straße belegen sind, einen räumlichen Zusammenhang anerkannt. Entscheidend war hier neben der geografisch begrenzten Ausdehnung und der überschaubaren Anzahl angeschlossener Letztverbraucher vor allem, dass die Straße mit sechs Metern nicht besonders breit ist und in erster Linie der Erschließung der Reihenhaussiedlung dient und deshalb vom Gericht als reine Wohn- bzw. Anliegerstraße eingeordnet wurde.

Die Entscheidungen des OLG Düsseldorf bekunden mithin, dass für die Bewertung, ob eine querende Straße im Einzelfall dem räumlichen Zusammenhang entgegensteht, insbesondere die Ausgestaltung der Verkehrsquerung, die Breite und Widmung der Straße sowie Art und Ausmaß der Nutzung zu berücksichtigen sind. Maßgeblich ist letztlich insbesondere, ob die Straße in ihrer Gesamtschau hauptsächlich der Erschließung des Gebietes dient.

Im Übrigen bestätigte das OLG Düsseldorf die vom OLG Frankfurt für die Beurteilung der Wettbewerbsrelevanz herangezogene absolute Betrachtungsweise.

Fazit

Der Begriff der Kundenanlage erhält vor allem durch die drei aktuellen Entscheidungen der Oberlandesgerichtsbarkeit zunehmend Kontur. Diese lassen aber auch deutlich erkennen, dass es für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen einer Kundenanlage vorliegen, stets auf eine Gesamtschau der Umstände des konkreten Einzelfalls ankommt und eine pauschalisierende Betrachtung gerade nicht möglich ist. Die dabei allgemein eher restriktive Auslegung durch die Gerichte lässt befürchten, dass auch bereits bestehende dezentrale Versorgungskonzepte zunehmend auf den Prüfstand geraten und sich an den von der jüngsten Rechtsprechung konkretisierten Kriterien messen lassen müssen. Gern sind wir Ihnen bei der Überprüfung und Bewertung eines Kundenanlagenstatus behilflich.

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