Aktuell sind etwa 6.000 Fahnder des Zolls bundesweit unterwegs. Heute und morgen überprüfen sie vor allem Unternehmen aus dem Baugewerbe, der Gastronomie und der Logistik, ob diese den aktuellen Mindestlohn von 8,84 Euro tatsächlich bezahlen. Zudem wollen die Beamten des Zolls die Aufzeichnungen über die Anzahl der geleisteten Stunden der Mitarbeiter sehen. Warum der Zoll das tut und wie sich Unternehmer bei so einem Überraschungsbesuch verhalten sollten, erläutert Steuerstrafrechtler Alexander Littich von Ecovis in Landshut.
Frage: Der Zoll befragt Beschäftigte nach ihren Arbeitsverhältnissen. Was genau sucht der Zoll und warum gerade der Zoll?
Alexander Littich: Der Zoll überprüft, ob Sozialabgaben richtig gezahlt werden, also ob Schwarzarbeit vorliegt und ob Mitarbeiter eine gültige Aufenthaltserlaubnis haben. Im Bau ist das schon seit vielen Jahren üblich. Seit Einführung des Mindestlohns im Januar 2015 prüft der Zoll auch, ob Unternehmer den korrekten Mindestlohn zahlen und ob sie die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter korrekt aufzeichnen. Diese Aufzeichnungspflicht wurde gleichzeitig mit dem Mindestlohn eingeführt.
Frage: Wer genau muss Arbeitszeiten aufzeichnen?
Alexander Littich: Unternehmen, die unter das Arbeitnehmerentsendegesetz und Arbeitnehmerüberlassungsgesetz fallen müssen täglich Arbeitszeit aufzeichnen. Zudem müssen Unternehmer die Arbeitszeiten von Minijobbern und kurzfristig Beschäftigten aufzeichnen. Arbeitgeber die unter das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz fallen, haben für alle ihre Arbeitnehmer Aufzeichnungen zu führen. Für alle anderen Arbeitnehmer sind nach dem Arbeitszeitgesetz die Zeiten aufzuzeichnen, die über die tägliche Arbeitszeit von acht Stunden hinausgehen.
Frage: Wenn plötzlich Beamte vor der Tür stehen, dann wirkt das ja wie eine Hausdurchsuchung. Wie genau sollten sich Unternehmer verhalten?
Alexander Littich: Wenn plötzlich in einem kleinen Ort mehrere Zollautos vor der Tür stehen, dann ist das für die Unternehmer sehr unangenehm. Wir von Ecovis raten den Betrieben, dass sie mit dem Zoll kooperieren und einen Rechtsanwalt hinzuziehen, der auch ihre Rechte schützen kann. Die meisten Betriebe haben nichts zu verbergen. Trotzdem kennen die wenigsten ihre Rechte und Pflichten bei einer Prüfung und Durchsuchung.
Frage: Was genau sucht der Zoll? Welche Unterlagen braucht er?
Alexander Littich: Der Zoll befragt die anwesenden Mitarbeiter und gleicht diese Aussagen mit den Lohnunterlagen ab. Er prüft, ob es Abweichungen gibt: Ob Mitarbeiter vor Ort sind, die nicht als Arbeitnehmer gemeldet sind, ob Löhne ordnungsgemäß erfasst und ausbezahlt werden und ob Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz vorliegen, also ob Mitarbeiter zu lange arbeiten. Oft erfassen Mitarbeiter ihre Arbeitszeiten auch nochmal selbst, damit sie die Abrechnung ihres Arbeitgebers überprüfen können. Ergeben sich beim Vergleich der Arbeitszeiten des Mitarbeiters mit den notierten Arbeitszeiten des Arbeitgebers Unterschiede, besteht Klärungsbedarf.
Frage: Und wenn doch etwas nicht korrekt ist, was genau kann passieren?
Alexander Littich: Ergibt die Befragung von Mitarbeitern und der Abgleich der Aufzeichnungen belastende Tatsachen, dann ist der Unternehmer gut beraten, erst mal nichts mehr zu sagen. Sein Rechtsanwalt kann Einsicht in die Ermittlungsakte beantragen. So erfährt er, was ihm vorgeworfen wird und er kann sich dazu äußern. Die meisten Betroffenen sind mit einer Vernehmung aber einfach überfordert. Deshalb raten wir Unternehmern, dass sie sich an ihren Anwalt oder zumindest an ihren Steuerberater wenden, der wie bei Ecovis eng mit Anwälten zusammenarbeitet.
Frage: Mit welchen Folgen müssen Unternehmer rechnen?
Alexander Littich: Nur wenn auch nach einer Erklärung der Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit oder sogar einer Straftat weiterhin besteht, können Sanktionen drohen. Bei Ordnungswidrigkeiten, wie Arbeitszeitverstößen, Mindestlohnunterschreitungen und Beschäftigung ohne Aufenthaltsgenehmigung, drohen Geldbußen in Höhe von mehreren tausend Euro. Auf echte Straftaten folgen Geldstrafen oder schlimmstenfalls Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren, in schweren Fällen auch darüber.
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