Wenn wir anders mit Stress umgehen wollen, können wir immer eines tun: anders denken. Kritik ist meist ein bisschen unangenehm. Das kostet Wohlbefinden. Wir können stattdessen glücklich bleiben oder werden, wenn wir einige Regeln beherzigen. Hier kommen drei Erkenntnisse:

1. Positivität ist nicht, wie eine Geschichte beginnt, sondern wie sie ausgeht

Bei meinem Vortrag über Wohlbefinden bei der Arbeit auf dem Kongress für Positive Psychologie in Budapest gab es anschließend eine Fragemöglichkeit. Sofort meldete sich eine Professorin aus Kroatien zu Wort. Sie ging direkt zum Angriff über und monierte, dass ich ein Studienergebnis falsch zitiere und kein Interesse an Forschungsarbeit hätte. Ich war völlig perplex und erschrocken. Öffentlich kritisiert zu werden und dann noch so aggressiv, ist unangenehm.

Grundsätzlich habe ich immer so viel Freude bei einem Vortrag, dass dies ein guter emotionaler Schutzschild ist. Doch auch negative Gefühle wie Ärger und Verunsicherung geben uns wertvolle Hinweise. Ich dachte im Anschluss an die Begebenheit über zwei Dinge nach, die ich auch Ihnen empfehle:

  1. Habe ich mein Bestes getan?
  2. Was kann ich lernen?

Ja, ich hatte mein Bestes getan. Allerdings fand ich den Kongress tatsächlich zu Theorie lastig. Wir strahlen unbewusst immer aus, was wir denken und fühlen.

Und ich konnte mein Wissen aktualisieren: Besonders ernst nahm ich den Hinweis meiner Kritikerin, dass die Glücksformell 3 `: 1 von positiven zu negativen Emotionen für ein gesundes und glückliches Leben von der Forscherin Barbara Fredrickson widerrufen worden war. Ich begann sofort mit der Recherche und fragte außerdem Kollegen. Am Ende stellte sich heraus, dass diese Richtlinie immer wieder in Frage gestellt wird, aber noch als eine Art Minimum gilt.

Diese Überlegungen hätten schon für den positiven Ausgang einer unangenehmen Geschichte gereicht. Doch es kam noch besser. Denn mindestens fünf Kollegen sprachen mich freundlich an, um sich zu bedanken, mir zu sagen, wie wichtig gerade mein Praxisvortrag war, wie ihnen die Art der Präsentation gefallen hat oder dass sie mit mir in Kontakt bleiben wollen.

2. Alles, auch Kritik hat zwei Seiten

Ich habe vor einigen Jahren für die Zusammenarbeit mit meinem geschätzten Autorenkollegen Dr. Nicolai Worm https://www.nicolai-worm.de/ einen geplanten Buchtitel in seinem Forum getestet und das geerntet, was wir heute „Shitstorm“ nennen.

Ich hatte beabsichtigt, das Wort „Psycho“ im Buchtitel zu verwenden und dafür eine Menge Schimpf geerntet. Weil viele Leser mit Psychologen schlechte Erfahrungen hatten. Außerdem wurde mir vorgeworfen, dass ich mir kostenlos Wissen und Erfahrungen der Leser aneignen wolle.

Es macht in dieser Situation überhaupt keinen Sinn darüber zu grübeln, dass die Kritik unangemessen oder ungerecht ist. Besser ist, nach dem Nützlichen darin zu suchen. Ich habe erfahren, dass ich einen bestimmten Begriff nicht verwenden sollte. Dies hat mich davor bewahrt, einen Flop auf dem Buchmarkt zu landen. Damit kommen wir zu einem weiteren guten Werkzeug im Umgang mit Kritik: dem Gedanken, es hätte noch schlimmer kommen können. In meinem Falle dann, wenn ein Buch mit unpassendem Titel im Buchhandel erschienen wäre und anschließend noch viel mehr Leser über den Autor, also mich, hergefallen wären.

3. Wollen Sie Recht haben oder Stress abbauen

Vor einigen Wochen habe ich einen Beitrag über die Fußball-WM für das Managermagazin geschrieben http://www.manager-magazin.de/unternehmen/karriere/von-der-fussball-wm-2018-fuer-den-job-lernen-a-1212712.html. Von Fußball habe ich wenig Ahnung und hatte mir deshalb Hilfe im Freundeskreis geholt. Mich interessierte als Psychologin das Phänomen, dass seit 1962 keine Mannschaft den Titel verteidigt hat. Nachdem ich den Beitrag angeboten hatte, erhielt ich von der Redakteurin eine lange Mail mit Änderungsvorschlägen.

Sicher haben Sie das auch schon einmal erlebt: Sie sind voller Begeisterung für Ihre Idee und werden scheinbar ausgebremst. Meine erste Reaktion wäre beinah diese gewesen: “wenn Euch mein toller Artikel nicht gefällt, dann lassen wir es eben“. Ich hatte weder Zeit noch Lust auf eine umfassende Überarbeitung. Hier ist meist das „Denkhirn“ für einen Moment ausgeschaltet, weil das „Emotionshirn“ die Regie übernimmt. Wir trennen Person und Sache nicht mehr und vergessen, dass eine Sache durch gemeinsame Überlegungen nur besser werden kann. Kurzum, ein „Egospiel“, das absolut immer schadet. Uns selbst, der Sache und der Beziehung.

Immerhin besann ich mich darauf, dass mir der Beitrag sehr wichtig war und ich mit der Redakteurin in einem Boot sitze. Nämlich für Sie besonders gute Beiträge zu verfassen. Nachdem ich durchgeatmet hatte, konnte ich die Hilfe dankbar annehmen und am Ende sehen, wieviel besser der Artikel nach den gemeinsamen Überlegungen war.

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Über Dr. Ilona Bürgel

Diplom-Psychologin Dr. Ilona Bürgel zählt zu den führenden Vertretern der Positiven Psychologie im deutschsprachigen Raum. Wie ein roter Faden zieht sich die Einladung zu einem Perspektivwechsel durch ihre Arbeit – weg von der Fixierung auf äußere Bedingungen in unserer sich ständig verändernden Welt, hin zum guten Umgang mit sich selbst. Die gefragte Referentin und Buchautorin zeigt Ihnen ganz praktische Wege, wie es auf Dauer möglich ist, Leistung und Wohlbefinden miteinander zu verbinden. Nach 15 Jahren in Führungspositionen der freien Wirtschaft ist sie heute erfolgreiche Referentin, Beraterin, Autorin und Kolumnistin. Sie wurde vom Ministerium für Wirtschaft und Energie als Vorbildunternehmerin ausgezeichnet. Dr. Ilona Bürgel liebt Schokolade und Musik. www.ilonabuergel.de

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