Der Begriff „pulmonale Hypertonie“ (PH) fasst eine Gruppe von Krankheiten zusammen, die durch einen Anstieg des Blutdrucks im Lungenkreislauf gekennzeichnet sind. Dies führt zu einer fortschreitenden Überlastung der rechten Herzkammer bis hin zum Herzversagen. Weil die Krankheit schleichend beginnt und mit unspezifischen Symptomen wie Müdigkeit, Kreislaufstörungen und Kurzatmigkeit einhergeht, vergeht häufig immer noch zu viel Zeit vom Auftreten der ersten Beschwerden bis zur Diagnose. Unbehandelt kann Lungenhochdruck zu einem frühzeitigen Tod führen. Daher bedarf es dringend weiterer medizinischer Forschung zu den Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten sowie der Aufklärung der Öffentlichkeit über die Krankheit. Der Verein ph e.v. setzt sich für diese Anliegen ein, unterstützt Patienten und ihre Familien und vernetzt die Akteure miteinander.
Gleich zwei Autoren erhalten Journalistenpreis „Gemeinsam gegen Lungenhochdruck“
Um die Verbreitung des Wissens über pulmonale Hypertonie zu fördern, verleiht ph e.v. jährlich den Journalistenpreis „Gemeinsam gegen Lungenhochdruck“. In diesem Jahr gibt es gleich zwei Gewinner: Norman Striegel und Kilian Amrhein teilen sich das Preisgeld von 3 000 Euro. „Die Arbeiten beider Preisträger sprechen ein breites Publikum an und hinterlassen einen starken emotionalen Eindruck“, erklärte der 1. Vorsitzende von ph e.v., Hans-Dieter Kulla, bei der Preisverleihung anlässlich des PH-Patiententreffens. In seinem Beitrag „Neue Lunge, neues Leben“ für das Magazin „Wir im Saarland“ im SR Fernsehen stellt Norman Striegel eine Patientin vor, die wegen der Folgen einer pulmonalen Hypertonie eine Spenderlunge erhielt. Ihre über mehrere Jahre verfolgte Geschichte vermittelt anschaulich, was in Betroffenen und Angehörigen vorgeht, während sie auf ein Spenderorgan warten, und was die Transplantation für sie bedeutet. „Mir geht es heute sehr gut“, sagte die Patientin, die bei der Preisverleihung anwesend war. Kilian Amrhein schildert in zwei Artikeln für die Zeitung „Prima Sonntag“ des Funkhauses Aschaffenburg das Schicksal des elfjährigen Leon, dem ebenfalls wegen Lungenhochdruck mittlerweile eine Spenderlunge transplantiert wurde. Die Artikel, mit denen der Autor auch zum Spenden für die Familie aufrief, erzielten eine überwältigende Resonanz, auch in überregionalen Medien und sozialen Netzwerken. „Beide Autoren machen mit ihren ausgezeichneten Beiträgen nicht nur auf die schwere Krankheit Lungenhochdruck, sondern auch auf das wichtige Thema Organspende aufmerksam“, betonte Hans-Dieter Kulla.
Experten berichten über den neuesten Stand der Diagnostik und Therapie
In Vorträgen berichteten Experten über den aktuellen Stand der Definition, Klassifikation und Diagnostik des Lungenhochdrucks sowie über die moderne Therapie nach dem sechsten „World Symposium on Pulmonary Hypertension“, das im Frühjahr dieses Jahres in Nizza stattgefunden hatte. Die Vortragsreihe, versiert moderiert von Günther Thimm, ging auch auf spezielle Themen und praktische Probleme ein. So stellte Dr. Manuel Richter vom Universitätsklinikum Gießen die „Inhalationstherapie bei der pulmonalen Hypertonie im Wandel der Zeit“ dar – von den ersten Verneblern in den 1990er-Jahren über das seit 2006 erhältliche I-neb System bis zum neuesten Inhalationsgerät Breelib. Sowohl I-neb als auch Breelib dienen der Verabreichung des Medikaments Iloprost, eines stabilen Analogons des körpereigenen Prostacyclins, das bei Inhalation die Blutgefäße direkt in der Lunge erweitert und so die Sauerstoffversorgung des Körpers verbessert. Gegenüber dem bewährten I-neb zeichnet sich der neue Breelib durch eine deutlich kürzere Inhalationszeit und eine einfachere Anwendung aus. Erste Erfahrungen am Universitätsklinikum Gießen zeigen, dass der Vernebler den Wirkstoff auch in den kleinen Lungengefäßen gut verteilt; die Nebenwirkungen sind gering. Das neue Inhalationsgerät eignet sich vor allem für Patienten, die mit ihrer Funktionsklasse, das heißt den Auswirkungen der Krankheit im Alltag, nicht zufrieden sind.
Prostacyclin-Analoga wie die in Deutschland zugelassenen Wirkstoffe Epoprostenol – die klassische Form –, Iloprost und Treprostinil – eine neuere Form mit längerer Halbwertszeit – werden bereits seit einigen Jahren zur Behandlung der pulmonalen Hypertonie eingesetzt. Sie lassen sich auch intravenös oder subkutan verabreichen. Welcher Anwendungsweg in welchen Fällen der bessere ist, erörterten Professor Ralf Ewert von der Universitätsmedizin Greifswald und Dr. Satenik Harutynova vom Universitätsklinikum Heidelberg in einem gemeinsamen Vortrag. Die intravenöse Therapie über voll implantierbare Pumpen, deren Einbringen inzwischen als sicheres Vorgehen gilt, ist unbedingt angezeigt bei intensivpflichtigen Patienten sowie bei Unverträglichkeit der subkutanen Therapie. Eine Umstellung von subkutaner auf intravenöse Anwendung kann die Funktionsklasse verbessern. Die subkutane Therapie, bei welcher der Wirkstoff mit einer Pumpe über einen dünnen Plastikschlauch in das Fettgewebe unter der Haut eingebracht wird, eignet sich dazu, vor der intravenösen Therapie die Wirkung sowie Verträglichkeit des Prostacyclin-Analogons bei einem Patienten zu prüfen, aber auch dazu, die intravenöse Therapie bei Entfernung oder Fehlfunktion der implantierten Pumpe übergangsweise oder dauerhaft zu ersetzen. Manche Patienten bevorzugen die subkutane Therapie auf Dauer, weil sie ihnen ein besseres Gefühl der Kontrolle vermittelt. Schmerzen an der Einstichstelle lassen gewöhnlich bald nach; wichtig ist in jedem Fall eine gründliche Aufklärung und Schulung des Patienten.
Lungenkranke leiden besonders unter Hitzestress
„Die Lunge ist das Portalorgan des Klimawandels“, sagt Professor Christian Witt von der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Weil er beim Patiententreffen verhindert war, sprach seine Stellvertreterin Dr. Uta Liebers über „Klimawandel und Lungengesundheit“. Ihr Vortrag zeigte, dass der Temperaturanstieg – vor allem der Hitzeinseleffekt in Innenstädten –, verbunden mit Feinstaubbelastung und Ozonanstieg, beim Menschen vor allem die Lunge belastet. Unter Hitzestress steigt die Wahrscheinlichkeit von Notfällen bei Lungenkranken stark an, besonders bei älteren Patienten. Die am Tag erreichte Höchsttemperatur ist dabei weniger entscheidend als die fehlende Abkühlung bei Nacht. Neben Maßnahmen gegen den Klimawandel sind daher auch Strategien zum Schutz des Menschen erforderlich. Uta Liebers sprach sich für die Anpassung urbaner Strukturen, mehr Grünflächen in den Städten, Gelegenheiten zum Abkühlen, Warnsysteme und eine stärkere soziale Vernetzung aus. Bei Lungenkranken kann Tele-Monitoring die Zahl der stationären Aufnahmen reduzieren. Die Klimatisierung der Krankenzimmer mit Kapillarrohrmatten kann die Mobilität der Patienten verbessern und eine frühere Entlassung ermöglichen.
Operation bei CTEPH bringt hervorragende Langzeitergebnisse
Eine seltene, aber häufig nicht diagnostizierte Form des Lungenhochdrucks ist die chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH), die nach einer Lungenembolie entstehen kann. Was das „World Symposium on Pulmonary Hypertension“ in Nizza 2018 zur Diagnostik und Therapie der CTEPH ergeben hatte, erklärte Professorin Heinrike Wilkens vom Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg: Die Screening-Untersuchung der Wahl bleibt die V/Q-Szintigraphie, eine nuklearmedizinische Methode zur Beurteilung der Durchblutungs- und Durchlüftungsverhältnisse der Lunge. Therapie der Wahl ist, sofern der Patient operabel ist, die pulmonale Endarteriektomie (PEA), eine Ausschälung der Lungengefäße, die hervorragende Langzeitergebnisse erzielt. Bei inoperablen Patienten kann die pulmonale Ballonangioplastie (BPA) erwogen werden, bei der in mehreren Sitzungen die Gefäße erweitert werden. Die BPA lässt sich auch nach einer PEA zusätzlich einsetzen. Eine medikamentöse Therapie ist nur ergänzend nach einer Operation oder bei nicht operablen Patienten sinnvoll; lebenslange Antikoagulation ist allerdings in jedem Fall erforderlich.
Workshops fördern aktive Mitwirkung der Patienten
Auf dem Programm des PH-Patiententreffens standen auch in diesem Jahr zahlreiche Workshops zur Therapie der pulmonalen Hypertonie, aber auch zum Alltag mit der Krankheit, zu Selbsteinschätzung, Bewegung und Entspannung sowie zu Partnerschaft und Familie. Dabei konnten Betroffene und Angehörige sich aktiv einbringen und Fragen stellen. Einem aktuell viel diskutierten Thema, der „Antikoagulation bei Lungenhochdruck“, widmete sich ein von Professorin Heinrike Wilkens, Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg, geleiteter Workshop. Bei der chronisch thromboembolischen pulmonalen Hypertonie (CTEPH) gilt die lebenslange Einnahme eines Medikaments zur Hemmung der Blutgerinnung für alle Patienten als unerlässlich. Bei der pulmonal arteriellen Hypertonie (PAH) hingegen sind die bis jetzt vorliegenden Daten widersprüchlich. Heinrike Wilkens plädiert daher dafür, dass Arzt und Patient gemeinsam und gleichberechtigt entscheiden (shared physician-patient decision-making) Sie empfiehlt, Patienten auszuschließen, bei denen Antikoagulation mit einem Risiko verbunden ist – beispielsweise bei unregelmäßiger Einnahme des Medikaments, bei verletzungsträchtigen Aktivitäten und bei vorangegangenen Blutungskomplikationen – und Patienten mit einem erhöhten Thromboserisiko zu identifizieren. Darüber hinaus bedarf es umfassender Studien, um eine bessere Datenlage zu erreichen.
Jeder Kilometer zählt – Sportler sammeln Spenden
Zum Welt-PH-Tag am 5. Mai 2018 hatte die Firma Actelion Pharmaceuticals eine Spendenaktion für Lungenhochdruck-Patienten organisiert: Radfahrer traten vor Ort in Berlin sowie – übers Internet verbunden – überall in Deutschland in die Pedale. Jeder zurückgelegte Kilometer zählte, sodass ein stattlicher Spendenbetrag zusammenkam. Actelion gab noch etwas dazu und überreichte dem ph e.v. beim Patiententreffen einen Scheck über 6 500 Euro. Das „Team PHenomenal Hope Germany“, eine Gruppe engagierter Sportler, die bei verschiedenen Events starten, um auf die Krankheit PH aufmerksam zu machen und um Spenden zu werben, beteiligte sich an der Aktion. Zusätzlich sammelte das Team bei weiteren Events 2 900 Euro für die Lungenhochdruck-Forschung, die ph e.v. ebenfalls beim Patiententreffen entgegennahm. Andrea Weiler vom „Team PHenomenal Hope Germany“ berichtete über die Aktivitäten der Sportler: So organisierte das Team eine Deutschland-Radtour vom Universitätsklinikum Bonn bis zur Charité Berlin. Jeder Teilnehmer übernahm dabei eine Patenschaft für einen jungen Patienten mit Lungenhochdruck; unter dem Motto „Gib PH ein Gesicht“ stellten sich Paten und Patienten in sozialen Medien vor. Zudem startete das Team 2018 wieder beim herausfordernden 24-Stunden-Radrennen von „Rad am Ring“ auf dem legendären Nürburgring.
Pionierin der Versorgung von PH-Patienten geehrt
Neben den wissenschaftlichen Vorträgen und Workshops bot das 21. PH-Patiententreffen auch Informationsstände, Erfahrungsberichte und ein kulturelles Programm, ging es doch nicht nur um die Vermittlung neuer Erkenntnisse zum Lungenhochdruck, sondern auch um Austausch und Vernetzung. Für den Dialog zwischen Forschung, Ärzteschaft und Patienten setzen sich auch die PH-spezialisierten Zentren in ganz Deutschland ein, wie das Lungenhochdruck-Zentrum der Missioklinik Würzburg. Dessen langjährige Leitende PH-Ambulanzschwester Sieglinde Wächter, die nun in Ruhestand geht, wurde von ph e.v. geehrt. Sie hat wesentlich zum Aufbau der Versorgung von PH-Patienten in Würzburg beigetragen.
ph e.v. dankt Sponsoren
Für die freundliche Unterstützung des PH-Patiententreffens 2018 dankt pulmonale hypertonie e.v. seinen Fördermitgliedern Actelion Pharmaceuticals Deutschland GmbH Freiburg, Bayer Vital GmbH Leverkusen und MSD Sharp & Dohme GmbH Haar sowie Continentale Betriebskrankenkasse Hamburg, GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG München, OMT GmbH & Co. KG Minden und Philips GmbH Respironics Herrsching. Für die Versorgung der Sauerstoffpatienten dankt der Verein den Firmen air-be-c Medizintechnik GmbH Gera, Linde Gas Therapeutics GmbH Oberschleißheim, VitalAire GmbH Lünen, VIVISOL DEUTSCHLAND GmbH Arnstadt und Löwenstein Medical GmbH & Co. KG Bad Ems. Ein ganz herzlicher Dank gilt Professor Ekkehard Grünig, Leiter des Zentrums für Lungenhochdruck am Universitätsklinikum Heidelberg, der die Gestaltung des Programms unterstützte.
Sibylle Orgeldinger
pulmonale hypertonie e.v.
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