Und ganz am Schluss dieser Offerte kommt dann noch ein Supersonderpreisangebot für nur 99 Cents. Aber wie gesagt das kommt erst ganz am Schluss dieses aktuellen Newsletters aus dem Hause EDITION digital, welches heute mit einigen Eigenproduktionen vertreten ist.
Das erste Angebot gehört nicht dazu. Die Vorlage dafür ist der zweite Teil „Abschied von den Träumen“ über die rebellische Jugend des Friedrich Engels „Schau auf die Erde“ (DDR-Ausgabe) / „Der Flug des Falken“ (BRD-Ausgabe) von Walter Baumert. Das Buch war außerdem Vorlage für einen vierteiligen Fernsehfilm in der Regie von Peter Wekwerth mit Dirk Wäger als Friedrich Engels. Die Produktion zeichnet die tiefen Konflikte, stürmischen Ereignisse und dramatischen Entscheidungssituationen des jungen Friedrich Engels nach. Als zukünftiger Kronerbe eines Millionenvermögens liegt eigentlich ein sorgenfreies Leben vor ihm. Doch Friedrich Engels sucht nach Wahrheiten und Gerechtigkeit.
„Urwaldparfüm. Haiku und andere Sprüche, Band 2“ heißt eine Aphorismensammlung von Dietmar Beetz mit Texten aus den Jahren unmittelbar nach der Wende.
„Das Geheimnis der Felsengrotte“ von Erika Borchardt präsentiert Sagen aus Schwerin und Umgebung, die von ihr gesammelt und teils neu erzählt wurden. Die Auswahl für die von Dr. Jürgen Borchardt herausgegebene Sammlung ist offenbar reichhaltiger als gedacht.
Und damit zurück/vorwärts nach Wuppertal und zu einem bemerkenswerten biographischem Projekt.
Erstmals 1981 erschien im Verlag Neues Leben Berlin unter dem Titel „Abschied von der Träumen“ das zweite Buch eines Friedrich-Engels-Romans „Schau auf die Erde“ von Walter Baumert. Gleichzeitig erschien „Abschied von den Träumen“ auch im Weltkreis-Verlag Dortmund in der damaligen Bundesrepublik allerdings unter dem veränderten Haupttitel „Der Flug des Falken“ – damals eine kleine kulturpolitische Sensation: Ein Mensch wächst ins Leben, ein Mensch, mit dem man lachen und weinen, zweifeln und hoffen kann. Der wohlbehütete Fabrikantensohn, mit überdurchschnittlicher Intelligenz begabt und von großem Gerechtigkeitsempfinden erfüllt, wird zwischen der Zuneigung zu den Eltern, der Liebe zu Gott und der Armut und Ungerechtigkeit in der nächsten Umwelt hin und her gerissen. Seine Versuche, sich aufzulehnen, bringen ihn oft in Bedrängnis und führen zur harten Entscheidung des Vaters, dass er Kaufmann zu werden habe. Nebenbei bildet er sich, sucht er Gleichgesinnte, streitet Nächte hindurch, schreibt Gedichte und liebt gleich mehrfach – das Arbeitermädchen Agnes, die todkranke Pianistin Magdalena, die wenig ältere Susanne, die kapriziöse Jane, dann lernt er Mary Burns kennen. Ein junger Mensch in seinem Widerspruch, in seiner Entwicklung wird dargestellt – Friedrich Engels.
Die „gute alte Zeit“ um 1830 war keineswegs eine beschauliche Epoche. Auch wenn der preußische Obrigkeitsstaat für Friedhofsruhe gesorgt zu haben schien, gärte es in deutschen Landen. In dieser Zeit des Vormärz wächst der junge Engels heran, Sohn eines Wuppertaler Textilfabrikanten. Schon früh stößt Friedrich auf den Gegensatz von industriellem Aufschwung und dem Elend der arbeitenden Menschen. Schritt für Schritt löst er sich aus der beengten Umgebung des Elternhauses. Begegnungen mit immer neuen Menschen geben Friedrich neue Anstöße, die Halbheiten manches Vorbildes reizen zum Widerspruch, das Unrecht zur Rebellion. Das 1981 sowohl in der DDR als auch in der BRD veröffentlichte Buch erreichte eine Gesamtauflage von 250 000 Exemplaren.
Das zweite Buch der Trilogie schildert die Zeit seiner kaufmännischen Ausbildung in Bremen, in der er unter dem Namen „Friedrich Oswald“ zahlreiche journalistische Beiträge, aber auch erste Lyrik- und Prosaarbeiten in fortschrittlichen Zeitungen veröffentlichte. Und so fängt es an:
„Erstes Kapitel: Sinfonia eroica
Am späten Nachmittag wurde der Himmel schwarz. Tiefdunkle Gewitterwolken türmten sich über dem Tal. Die demütigen Häuser der Stadt Elberfeld schienen sich noch tiefer unter die Blätterdächer der mächtigen Buchen zu ducken. Wer unterwegs war, beeilte sich, unter ein schützendes Dach zu kommen. Es war ein Sonntag, Anfang Februar siebenunddreißig, und der Versammlungssaal der reformierten Kirche im Stadtzentrum war bis auf den letzten Platz mit den schwarz gekleideten Pietisten der reformierten Gemeinde gefüllt. Wer durfte es wagen, die wöchentliche Bußandacht zu versäumen, seit Friedrich Wilhelm Krummacher nach dem Tod seines Onkels dessen strenges Kirchenregime noch erheblich verschärft hatte? Tief gebeugte Sünder waren überall in den Bankreihen zu sehen. Schweiß perlte auf Stirnen. Nervös irrten Augen umher. In den Gesichtern stand Angst davor geschrieben, aufgerufen zu werden von der Stentorstimme des Geistlichen, angeklagt schwerer Vergehen gegen die Gebote Gottes. Wer konnte sicher sein, ob nicht irgendeines der kleinen Laster, die man sich insgeheim gönnte, ausgekundschaftet und zur Anzeige gebracht worden war, von einem hämischen Nachbarn vielleicht, einem guten Freund oder gar von der eigenen Frau? Unendlich war die Liste sündigen Tuns. Jeder Lebensgenuss wurde unnachsichtig geahndet, das Lesen eines Romanbuches etwa, das man sich verbotenerweise aus Köln mitgebracht hatte, oder gar der heimliche Besuch des Theaters in Düsseldorf, der Aufenthalt in der „Bierkirche“ oder einer noch schlimmeren Lasterhöhle der weiteren Umgebung. Die Gerechten freilich, die stets unter dem Herrn wandelten, die alten Weiber, die heruntergekommenen, verarmten Handwerksmeister, die ständig das Gebetbuch zur Hand hatten, während ihre Gesellen die Arbeit verrichteten, die saßen hier eifernd, mit schadenfrohen Gesichtern und warteten mit wollüstiger Begier auf das allwöchentliche Scherbengericht gegen die Schamlosen, Verworfenen, Hemmungslosen …
An diesem wolkenverhangenen Nachmittag jedoch mussten sie vergebens warten. Keine Einzelvergehen wurden heute abgeurteilt. Es galt einem viel schlimmeren Unheil zu begegnen, einem gefährlichen Anschlag der Lutheraner, Freigeister, Ketzer und Götzenanbeter gegen die Unbeflecktheit und Reinheit der frommen Stadt. Pastor Krummacher wies aus der Kirche hinaus nach Norden, dorthin, wo gleich neben dem Rathaus jener tempelartige Säulenbau aus der Franzosenzeit stand, dem die ketzerischen Stadtväter von damals den heidnischen Namen Museum gegeben hatten. Jeder kannte den Stein des Anstoßes. Mit seinem überdimensionalen Dach könnte man ihn in der Abenddämmerung für ein zwar riesenhaftes, aber harmloses Kamel halten. Doch es war das Trojanische Pferd Satans. Gottlob war der gewaltige Saal mit seinen tausend Sitzplätzen seit Jahren leer geblieben. Dank der Wachsamkeit der Pietistengemeinde konnten die einmal vorgesehenen Theatergastspiele und Konzerte erfolgreich verhindert werden. Zwar belastete dies schmerzhaft das Stadtsäckel, aber das Seelenheil blieb gewahrt. Nun aber hatte ein Herr Potthof als neuer Direktor die Verwaltung des Museums übernommen. Unter stillschweigender Duldung des lauen Bürgermeisters wagte er es, das größte Orchester der Rheinprovinz zu verpflichten. Nach seinem Willen sollte dort in einigen Wochen das erste Sinfoniekonzert der Calvinistenstadt stattfinden! „Welch frevlerische Verschwörung!“, schrie der Prediger seiner erschauernden Gemeinde empört zu. „Hört in euch hinein! ob nicht auch in euch selbst eine Stimme ist, die euch einreden will, was sei da schon dabei, ein Konzert? Hört sich nicht auch der König hin und wieder ein Konzert an und ist doch ein frommer Mann? Wie soll uns ein Konzert wankend machen können in unserem Glauben? Ich aber sage euch, niemand und niemand ist gefeit vor den Fallstricken des Widersachers! Satan ist schlau und raffiniert genug, euren genussgierigen geilen Sinnen eine Labsal zuzubereiten, wohlfeil, verführerisch, fütternd – scheinbar besser als die Schrift mit ihren freilich mühseligen Anforderungen. Ich warne euch, ich warne euch! Wer Erbauung sucht für seine Seele in anderem als in dem geheiligten Wort Gottes, der ist den Klauen Luzifers schon bedeutend näher als den Händen Gottes! Wollt ihr es darauf ankommen lassen, die Gnade Gottes zu verwirken?“
„Nein!“, schrie es flehentlich im Chor aus den Bankreihen der Gläubigen, die sich davor ängstigten, dass der Prediger seinen berüchtigten fürchterlichen Schilderungen der Höllenqualen eine erneute grausige Variante hinzufügen könnte.
„Wollt ihr, dass Gott zornig seine Hand von unserer Stadt abzieht?“
„Nein!“
„Dann sorge jeder nach Kräften dafür, dass hier nicht Sodom und Gomorrha einzieht wie ringsum draußen im Land, sondern der Friede Gottes erhalten bleibt. Wehe den Versuchern! Wehe den Verführern und Aufwieglern!“
Nach kalten Januartagen wehte es frühlingshaft lau von den Bergen. Den Sonntag hatte Friedrich zu Hause verbracht; nun befand er sich auf dem Weg zurück nach Elberfeld, ein hoch aufgeschossener Jüngling, der Mutter und Vater längst überragte. Zweieinhalb Jahre waren seit dem Tag vergangen, als er ins Gymnasium aufgenommen worden war. Seine langen Beine trugen ihn rasch über die Chaussee. Er fühlte das Bündel knisternden Papiers an seiner Brust und war in Gedanken schon im Hantschkehaus, wo die Freunde ihn längst erwarteten, zum ersten Tabakskollegium nach den Weihnachtsferien, oben im geräumigen Giebelzimmer der Brüder Gräber. Seine neuesten Gedichte hatte er für den Abend versprochen. Nicht wenig Mühe und manche Zeit hatten sie gekostet. Welch Verhängnis, als poetisches Talent zu gelten im Kreis unersättlicher Freunde, deren Verlangen nach neuen und immer wieder neuen Versen ans fantastische grenzte! Das Verseschmieden á la Heine, Lenau und einem ganz jungen neuen Dichter namens Ferdinand Freiligrath, der wie ein Komet mit neuartigen Rhythmen und kühnen Bildern am Himmel der Poesie aufgetaucht war, war nach dem Verbot des „Jungen Deutschland“ zur Manie geworden, der sich jeder Sekundaner mit geradezu wütender Besessenheit hingab.
Mit recht unterschiedlichem Resultat, wie die ersten Dichterlesungen im Dachgeschoss der Gräbers erwiesen, und die Mehrzahl der jungen Poeten erntete gewaltige, unbeabsichtigte Heiterkeitserfolge. Nur ein Vortrag war von andächtiger Stille begleitet, dem ernsthafte Besprechung folgte. Das war der Friedrichs, von Stund ab anerkannter Poet der Schule.
Was ist’s, was mich schrein,
was mich weinen macht,
was mein Herz zerreißt
Nacht um Nacht …
Ein unerwarteter, überwältigender Erfolg! Wer noch versteckte Vorbehalte hatte unter den Sprösslingen seriöser Geistlicher, hoch dotierter Ärzte, geadelter Regierungsbeamter und Gymnasialprofessoren gegen den jungen Eindringling aus dem verachteten Kaufmannsstand, der akzeptierte ihn von da an als gleichberechtigten Gymnasiasten und vollwertigen Kameraden.
Seit Michaelis trug Friedrich stolz die Primanerkokarde an der Schülermütze. Schon drehten sich die Gespräche um das bevorstehende Abitur, zukünftige Studienfächer und Universitäten. Offiziell war das Rauchen erlaubt, und zum Tabakkollegium hatte le fameux Clausen seine Teilnahme zugesagt! Schon ein Grund, zu zittern und zu zagen vor dem großen Auftritt, mit dem Schicksal zu hadern, das einen in die Rolle des Haus- und Hofpoeten gedrängt hatte. Vielleicht hätte ich doch statt der Verse meinen ersten Prosaversuch, das Fragment einer Korsarenerzählung, mitnehmen sollen, überlegte Friedrich? Aber er schob diesen Einfall gleich wieder beiseite. Welch kindisches Unterfangen, sich an eine Geschichte aus dem griechischen Befreiungskampf heranzuwagen! Das mittelländische Meer, die Inselwelt der Ägäis, Freischärler, Hochseeschiffe, Seeleute – als er begann, glaubte er sich dort wie zu Hause zu fühlen. Beim Schreiben aber merkte er, dass er so gut wie gar nichts wusste über diese Welt. Nicht einmal ein Stück Nordsee hatte er bis jetzt zu sehen bekommen …
Als er, mit diesen Gedanken beschäftigt, die ersten Häuser Elberfelds erreichte, lagen die Straßen schon in abendlicher Ruhe. So eintönig und hässlich ihm die Stadt als Kind erschienen war, mittlerweile hatte er ihre graue Prosa lieben gelernt. Die drei glücklichen Jahre in ihren Mauern waren wie im Flug dahingegangen. In lebendiger Erinnerung war noch der Tag, als er an Vaters Seite zum ersten Mal das stille Haus Papa Hantschkes betrat, das inzwischen längst zu seinem zweiten Daheim geworden war. Jeder Winkel war ihm vertraut, sommers der Platz am Steintisch unter der Linde, an frostigen Winterabenden die Bank neben dem Butzenofen in der Diele, die herben Landschaften und schlichten Porträts der flämischen Schule an den Wänden, die alten Bücher in den Regalen, seine eigene, abgeschiedene Kammer im Hintergeschoss, wo eine neue kleine Bibliothek herrliche Schätze der Weltliteratur enthielt, den Homer und den Äschylus, Ovid und Horaz, Dante, Petrarca, Villon, Shakespeare, Moliere, Lessing, Byron und Shelley. Hier glätteten sich die Wogen innerer Zweifel, die ihn seit Mesolongion bedrängt hatten. Hier erhielten die Bilder menschlicher Erbärmlichkeit, die er zu sehen bekam in jungen Jahren, Fabrikkinder, demütige Pietisten, Karrenbinder, Kettensträflinge, neue Konturen. In den Gefilden des Geistes, der Literatur, der Kunst erstrahlte das Menschliche in besserer Gestalt! Unablässiges Streben nach Erkenntnis, Wahrheit, geistiger Vollkommenheit – dafür lohnt es zu leben! Eher soll über mir der Himmel einstürzen, als dass ich je diese lichte Welt wieder verlasse, um in die Fußstapfen Vaters zu treten, der dabei ist, in schnöden Gewinn- und Verlustrechnungen seiner weitverzweigten Unternehmungen, Spekulationen, Beteiligungen zu ersticken …“
Noch ganz frisch auf dem Buchmarkt ist das Aphorismen-Sammlung „Urwaldparfüm. Haiku und andere Sprüche, Band 2“ von Dietmar Beetz, welche EDITION digital soeben sowohl als gedruckte Ausgabe wie auch als E-Book veröffentlicht hat: Die Aphorismen dieser Sammlung – der zweiten aus einer mittlerweile 42-bändigen Serie – stammen aus den Jahren 1992 bis 1997, also aus dem Jahrzehnt nach der „Wende“. Nicht uninteressant vielleicht, was damals einem Sprüche-Klopfer ostdeutscher Herkunft auf den Docht – besser: an Herz und Nieren gegangen ist – genauer: wie sich das – verglichen mit dem der Auftakt-Sammlung („Experten für Sex“) – verändert, in der Stoß-Richtung „gewendet“ hat.
Urwaldparfüm
Der Dummheit den Krieg
erklären sollte nur, wer
hinlänglich doof ist.
Sollen die Augen glänzen,
muß zwischen den Beinen
poliert sein.
Einander die Haut erwecken und
nicht unbedingt auch
zerfetzen …
Wennschon Krücken, dann nur
Exemplare der Top-Marke
Letzter Schrei!
Schwierig,
wenn man erst mal
schmierig.
Je älter,
desto näher der
Karikatur.
Kopfschütteln? – Wozu? – Fördert
eh nur den Halswirbelsäulen-
Verschleiß.
Globalisierung
verleiht selbst Toffel und Wanja
Zuhälter-Schick.
Die beste Zensur ist
Dauer-Medien-Beschuß
tagein-nachtaus.
Geht dem Kalkül die Luft aus,
hält vielleicht ‘ne Illusion
den Kopf über Wasser.
Denkt man ans Zelte-Abbrechen,
ist man halb schon
weitergezogen.
Erfurt oder
Siefort – Hauptsache:
weg hier!
Freistaat? – Wozu das?
Als nähm sich
der Staat nicht eh
jede Freiheit raus!
Mastgans-Land Polen hat der Welt
mit dem Papst ‘ne
Flugente geschenkt.
Hektik, Hektik … Selbst
beim Bei … – nein: beim
Vorbeischlaf – der Blick
auf die Uhr.
Reicht’s nicht für ein Programm,
reicht’s immer noch für ein
Pogrom.
Die auf die Straße gingen, liegen –
siegreich – auf der
Straße.
Dieser Kritiker – ein Wolf? Nicht
doch! Auch bei dem
reicht’s nur zum
Reißwolf.
Daß man auf dem Bahnhof – noch –
Fahrkarten
kaufen kann!
Dem Siegen
folgt
das Sagen.
Lichterketten
signalisieren,
daß Nacht ist.
Je höher die Qualifikation,
desto hochkarätiger die
Fehler.
Resignation ist
Mehltau am
Knochenmark.
Jede Birke ist
ein Baum, aber nicht
jeder Baum ‘ne
Birke.
Bitte,
zerbrich dir nicht
meinen Kopf!
Statt Patienten –
Klienten;
auch die Gesunden –
Kunden.
Die Straßen:
„Abgas-Kammern“? –
Da fehlen, wennschon, noch
Wände und Dach.
Auch erprobte, um-fassende
Ohnmacht ist ein
Gemeinschaftsgefühl.
Wer heutzutage als
guter Mensch gilt,
hat den denkbar
schlechtesten Ruf.
Was unterdrückt
wird, schwelt
unten weiter.
Wahre Schönheit
erspäht man nur aus den
Augenwinkeln.“
Nur noch als E-Book ist eine Sammlung von Sagen aus Schwerin und Umgebung, die Erika Borchardt unter dem Titel „Das Geheimnis der Felsengrotte“ gesammelt und teils neu erzählt hat, erhältlich. Bereits 1995 hatten die beiden Autoren auch bei den Kennern der mecklenburgischen Kulturgeschichte für eine Überraschung gesorgt. Ihr Titel „Brüder Grimm: Das blaue Licht. Märchen aus Mecklenburg“ präsentierte ein Dutzend einheimischer Quellen für die weltberühmte Sammlung der Grimms. Was nur wenigen literarischen Erscheinungen des Landes widerfuhr: Märchen aus Mecklenburg wurden so Bestandteil der Weltkultur. Danach legten die beiden Borchardts mit den Sagen aus Schwerin und Umgebung wieder eine Neuheit vor: Erstmals sind in dieser Ausgabe rund 30 verstreut publizierte Geschichten verschiedener Art über die Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern gesammelt beziehungsweise bisher nur mündlich verbreitete aufgeschrieben, von der Grünen Glocke im Dom, dem Wilden Jäger in Ostorf und Wüstmark, dem Gerippe auf dem Galgenberg, dem Ungeheuer im Schweriner See, von Geistern bei Pinnow, Peckatel und Brüsewitz und vieles andere mehr. Natürlich gehören dazu auch einige Sagen vom Petermännchen, einer einzigartigen Gestalt in der deutschen Mythologie. Interessant: Das Petermännchen spukt nicht allein im Schloss, sondern auch im Dom, am Pfaffenteich, im Ziegelsee und in Pinnow. Wie mag es da wohl hingekommen sein? Zu einigen Geschichten hat die Schweriner Malerin Ingeburg Selke in sehr fein gezeichneten Illustrationen ihre Sicht auf das geisterhafte und oft dramatische Geschehen neben die Texte gestellt. Hier ein paar Beispiele – einige kürzere sowie ein längeres:
„Das Ungeheuer im Schweriner See
Als vor Jahren einmal ein Fischer auf dem Schweriner See seine Netze auswarf, hockte plötzlich ein behaartes affenähnliches Ungeheuer auf der Kahnbank. Der Fischer hatte gar nicht bemerkt, wie es dahin gekommen war. Das Untier saß bewegungslos und gab kaum ein Lebenszeichen von sich.
Stundenlang beobachtete es den in Angst und Schrecken versetzten Fischer. Leise und zitternd setzte dieser die Arbeit fort. Nur ab und zu wagte er einen Blick auf den unheimlichen Gast. Das Ungeheuer machte überhaupt keine Anstalten, wieder zu verschwinden.
Dem Fischer wurde allmählich die Zeit lang. Er fasste sich endlich ein Herz, ergriff das Ruder und schlug schnell auf das ungebetene Wesen los. Mit einem gellenden Schrei stürzte es sich ins Wasser. Dabei riss es aber auch den Kahn um. Der Fischer war starr von Schreck. Er fand im See sein Grab.
Niemand hat von dem armen Mann je wieder etwas gesehen. Trotz allen Suchens wollte es nicht gelingen, seine Leiche zu finden. Wohl aber behaupteten Seeanwohner, zu mitternächtlicher Stunde ein ungewöhnliches Plätschern im Schilf gehört zu haben.
Wie es heißt, soll es dem Fischer um Mitternacht erlaubt sein, zusammen mit dem Ungeheuer aus dem See aufzutauchen. Wo er im Schweriner See versunken ist, soll es heftig strudeln. Jedes nahende Boot drohe umzustürzen und in die Tiefe zu sinken.
Die grüne Glocke im Dom
Vor Zeiten sollen zwei Schiffer aus Schwerin an das entgegengesetzte Ende des Schweriner Sees gekommen sein. Als sie sich dem Ufer näherten, bemerkten sie dort zwei fremdartig gekleidete Knaben, welche baten, sie mitzunehmen. Die Schiffer legen an, lassen die beiden Knaben einsteigen und fahren wieder zurück. Als sie etwa auf der Mitte des Sees sind, sind die Knaben plötzlich verschwunden, und statt ihrer stehen zwei große Kisten im Kahn. Neugierig öffnen sie die Kisten, und der eine findet lauter blinkendes Gold, der andere eine grüne Glocke. Der erste verteilte sein Gold bis auf das, was er brauchte, unter die Armen, der zweite schenkte die Glocke an den Dom, in welchem sie jetzt noch hängt.
Die teuflische Dachluke
An der Stelle, wo jetzt das Regierungsgebäude (die Staatskanzlei) in Schwerin steht, befand sich vorher der alte Marstall. Diesen solle der Teufel in einer Nacht gebaut haben. Als aber der Hahn krähte, fehlte noch eine Dachluke. Die Schweriner beeilten sich, sie einzusetzen; aber am nächsten Morgen war sie wieder fort. Dies geschah immer wieder. So blieb die Öffnung.
Das Feuerloch im See
Schiffer Horn hatte mehrere Boote hier in Schwerin. Einmal lag er des Nachts im Boot auf dem Schweriner See. Da kam ein kleiner Mann zu ihm, er solle ihm folgen, er könne Schwerin erlösen. Der Mann ging auf dem Wasser voraus. Horn hatte Angst und wollte erst nicht mit. Aber der Mann sagte ihm, er solle nur kommen, ihm geschähe nichts. Da geht er mit Sie gehen über das Wasser bis zum Großen Stein. Als sie anlangen, ist der Stein weggerollt. Horn schaute in das Loch. Da sah er lauter Feuer, und Leute, die laut jammern. Der Mann sagte zu Horn, er solle mit ihm ins Loch steigen, aber das tat Horn nicht. Er ging vielmehr wieder zurück übers Wasser zu seinem Kahn. Wenn er ins Loch gestiegen wäre, hätte er das alte Schwerin erlöst und die Stadt Schwerin wäre zu Wasser geworden.
Der Poltergeist im Kloster
In deutschen Landen, hoch im Norden, lag einst das Herzogtum Mecklenburg. Vor langer, langer Zeit, Hunderte von Jahren sind seitdem vergangen, ereignete sich in der Fürstenresidenz Schwerin gar Seltsames. Schier über Nacht erschien ein Poltergeist in der mittelalterlichen Stadt. Und ausgerechnet im Franziskanerkloster! Ein Teufelsgespenst bei den frommen Brüdern – wie sollte das wohl zugehen? Es wurde gemunkelt, dass ihn die Mönche von einer Reise mitgebracht hätten. Ja, lässt sich denn ein Geist einfach mitnehmen? Was mag nur geschehen sein?
Dem Schloss fast gegenüber, in einer Straße, die zum Burgsee führt und heute noch Klosterstraße heißt, befand sich damals das Kloster des Franziskanerordens. Wer nun glaubt, dass die Mönche darin Tag und Nacht beteten, oft fasteten, in graue Gewänder gehüllt und überaus ärmlich und bescheiden nur ihrem Gott lebten, wie sie einstmals gelobt, der irrt sich gewaltig. Das Kloster war reich, ihm gehörten Land und Häuser, es besaß viel Geld. Die Mönche lebten gut, sehr gut sogar. Sie schmausten nach Herzenslust, gingen in die Wirtshäuser, wo sie literweise Bier und Wein tranken, so dass sie dicke Bäuche und rote Nasen bekamen.
Über die Klosterbrüder wird nun berichtet, dass sie durch ein leichtfertiges Versprechen den „unsauberen“ Geist nach Schwerin gebracht hätten. In einer alten Schrift können wir darüber lesen. Vieles aber blieb ein Geheimnis. Vernehmen wir nun die wahrhaftige Geschichte von jenem Geist, genannt der Puck, welcher in das Schwerinsche Franziskanerkloster gelangte und später eine richtige Heimat in dem zauberhaften Schloss auf der Burginsel nahebei fand.
Eines Tages reiste der Guardian (der Vorsteher) des Schweriner Franziskanerklosters wegen etlicher Geschäfte im Auftrage seines Ordens nach Lübeck. Zwei Mönche begleiteten ihn. Nach Erledigung ihrer Pflichten begaben sie sich wohlgemut auf die Heimreise. Sie gingen den weiten Weg natürlich nicht zu Fuß, sondern fuhren auf einem Pferdewagen. Der Tag neigte sich dem Ende zu, und Schwerin war immer noch nicht in Sicht. Der Weg war schlecht, nicht gepflastert und manchmal kaum als Straße zu erkennen. In der Dämmerung verirrten sich die Mönche und gelangten nach Klein Brütz, wo der Edelmann von Halberstadt seinen Hof hatte. Diesen baten sie um ein Nachtlager. In der Dunkelheit weiterzuwandern schien bei den unheilvollen Zeiten, in denen Wegelagerer die Straßen unsicher machten, doch zu gefährlich.
Vielleicht wären die Mönche trotzdem weiter gezogen, hätten sie geahnt, was ihnen in dieser Nacht widerfahren würde. Im Haus des Herrn von Halberstadt lebte nämlich seit geraumer Zeit ein Gespenst, welches so manchen keine Nacht ruhig schlafen ließ. Kein Wunder, denn der Edelmann, der ein rechter Schalk war, quartierte seine neuen ahnungslosen Gäste stets in dem Raum ein, in welchem der Geist sich mit Vorliebe aufzuhalten pflegte. Dieser fühlte sich ständig belästigt und wehrte sich auf seine Art, indem er schrecklich polterte. Daran hatte der Edelmann seinen Spaß.
„Recht so, Peter, das war wieder mal nach meinem Geschmack“, pflegte er nach so einer Nacht zu denken, wenn ihm die Gäste des Morgens erzählten, wie ihnen der Schreck in die Glieder gefahren wäre und sie kein Auge mehr hätten zutun können, dann jedoch froh waren, dass alles so glimpflich abgegangen war und nun schon über das Abenteuer lachen konnten. So mancher Gast aber verließ vorzeitig das unheimliche Quartier. Selbst die zuvorkommende Bewirtung konnte ihn nicht bewegen, auch nur eine Nacht länger mit dem Geist unter einem Dach zu weilen. Sehr zum Leidwesen des Edelmanns. Er hatte doch so gerne Gäste, mit denen er dann Nacht für Nacht schmauste und zechte.
Der Geist, Peter Puck oder auch Puck genannt, vertrieb jedoch viele. Allein der Herr von Halberstadt konnte den Schabernack nicht lassen, und er hätte nun zu gerne gewusst, ob der Geist es wagen würde, auch mit den frommen Brüdern sein Unwesen zu treiben, oder ob deren gottesfürchtiger Lebenswandel sie zu schützen vermöge. Er wusste ja nicht, wie die Mönche wirklich lebten. Also ließ er sie zur Schlafenszeit von seinem Diener in die Kammer bringen. Sie verrichteten ahnungslos ihr Nachtgebet, löschten das Licht und legten sich zur Ruhe nieder.
Kaum aber waren sie eingeschlafen, da zupfte jemand an ihrem ohnehin spärlichen Haarkranz, knuffte sie in die Wangen und warf sogar die Betten um, so dass das Oberste zuunterst und das Unterste oben lag. Die Mönche bekamen einen fürchterlichen Schreck. In Windeseile zündeten sie das Licht an und sahen die Bescherung. Wütend und furchtsam zugleich leuchteten sie in alle Ecken der Kammer. Doch so gründlich sie auch suchten, sie fanden den Übeltäter nicht. Ob hier ein böser Geist sein Spiel mit ihnen trieb? Sie betasteten die schmerzenden Stellen an ihren Körpern, richteten dann die Betten wieder her und legten sich voller Unruhe nieder. Kaum aber hatten sie das Licht gelöscht, rumorte es erneut ganz schrecklich, und die Mönche landeten unsanft auf der Erde. Nun wussten sie, dass es in diesem Hause nicht geheuer war. Dem Spuk würden sie aber schnell und ein für allemal ein Ende bereiten, dessen waren sie sich sicher. Zornig riefen sie den Geist an. Sie glaubten, das Teufelsgespenst hätte keine Macht über sie, weil sie Mönche waren. Das sagten sie ihm auch mit bösen Worten. Mit dem heiligen Kreuz und üblen Verwünschungen wollten sie ihn aus der Kammer vertreiben.
Allein was die frommen Brüder auch taten, nichts half. Sofern sie sich wieder ins Bett legten, begann das böse Schelmenstück von neuem. Sie konnten keine Ruhe finden. Das war gar zu ärgerlich, liebten die Mönche doch nach einem guten Nachtmahl und einem tüchtigen Trunk nichts so sehr wie einen geruhsamen Schlaf.“
Ziemlich weit zurück liegt aus heutiger Sicht die Zeit, als Heinz Kruschel erstmals 1961 im Kinderbuchverlag Berlin als Band 61 in der beliebten Reihe von „Robinsons billigen Büchern“ „In Wulnitz ist nichts los“ herausgebracht hat. Apropos „Robinsons billige Bücher“, von denen auch der Verfasser dieser wöchentlichen Newsletter eine kleine Sammlung aus alten Tagen oder besser formuliert aus seinen jüngeren Tagen im Bücherregal hat: Zwischen 1954 und 1975 waren von den kleinen Hardcovern im Format 18 x 11 Zentimeter knapp 200 Titel erschienen, die damals jeweils zwei Mark kosteten. Nummer 1 war übrigens „Der kleine Muck und andere Märchen“ von Wilhelm Hauff. Und im Band 61 geht es um Folgendes: Das kleine Haveldorf Wulnitz im Jahre 1961. Alle Schüler freuen sich auf den Abschluss der 8. Klasse. Dann können sie endlich in die Kreisstadt gehen. In Wulnitz ist nämlich nichts los, kein Wunder, dass den Kindern immer neue Dummheiten einfallen. Doch dann kommt ein neuer Lehrer ins Dorf, der ihnen erst einmal ein kleines Häuschen verschafft, welches sich die Kinder selbst herrichten dürfen. Nun haben sie einen Bastelzirkel und einen Raum, in dem sie sich regelmäßig treffen können. Die MTS (Maschinen-Traktoren-Station) wird erweitert und bekommt die erste Vollerntemaschine. Schließlich wird eine moderne Straße von der Kreisstadt nach Wulnitz gebaut und die Zentralschule wird zur 10-klassigen Schule. Viele Hürden tun sich den Kindern auf, bis sie sich in Wulnitz wohlfühlen. Aber sie sind nicht mehr allein. Das spannende Buch für Kinder ab 12 Jahre lässt das Erwachen der kleinen Dörfer in der DDR zu Beginn der 1960er Jahre hautnah nacherleben. Versetzen wir uns also an einen schönen Spätsommertag und auf eine Insel in der Havel:
„1. Kapitel
Am Ufer der Havel, wenige Kilometer vor der Mündung des Flusses in die Elbe, liegt das Dorf Wulnitz. Es lohnt nicht, auf der Landkarte danach zu suchen, es liegt weder an einer Verkehrsstraße noch an einer Bahnlinie. Die Menschen kennen sich alle, die dort wohnen. Sie haben eine Genossenschaft im Dorfe, eine MT-Station und eine kleine Kirche, deren Uhr jedem Wanderer die elfte Stunde zeigt, ganz gleich, ob es morgens oder abends ist, denn die Uhrzeiger sind nur angemalt.
Nach Norden zu dehnen sich weite Weiden bis zur Havel hinunter, im Süden aber grenzen Wulnitz’ Felder an den Wald. Etwa zwanzig Minuten entfernt liegt der Ortsteil Waldfrieden. Man kommt zu ihm auf einem zerfahrenen schrundigen Wege, der durch dunklen Mischwald führt. In Waldfrieden stehen an die dreißig Siedlungshäuser, alle neu und hell, das alte Gutsgebäude, in dem die Zentralschule untergebracht ist, und die Schuppen, Werkstätten und Gebäude der Station. Hier wohnen nur Genossenschaftsbauern und Traktoristen. Gleich neben der Schule steht ein Häuschen mit blau gestrichenen Fensterläden. Dort wohnt der Schlosser Hansen, der erst vor einigen Jahren aus der Bezirkshauptstadt gekommen ist und in Wulnitz als Lehrausbilder in der MTS arbeitet.
Dreimal in der Woche rumpelt der Linienbus über eine ausgefahrene Straße, die nur zum Teil gepflastert ist, in die kleine Kreisstadt, die fünfunddreißig Kilometer entfernt liegt. Sonst verirrt sich kaum ein Auto nach Wulnitz, hin und wieder einmal Ausflügler zum Wochenende oder ein paar Motorradfahrer. Die nächste Bahnstation ist, wenn man den kürzesten Weg durchs Bruch nimmt, sechs Kilometer weit. Eine Kleinbahn hält dort die Verbindung mit der großen Strecke Dresden-Stralsund. Das ist Wulnitz, ein Dorf in dem Landstrich zwischen Elbe und Havel, von Weiden, Wäldern und Ackerflächen begrenzt.
An einem schönen Spätsommertag, es war in der vierten Augustwoche, lagen einige Jungen auf einer kleinen Halbinsel in der Havel und dösten vor sich hin. Aber sie schliefen nicht, obwohl sie auf dem Rücken lagen und die Augen geschlossen hielten. Ein langer Dünner trug eine Brille, deren rechter Bügel mit Draht geflickt war. Jetzt schob er sie auf die Stirn und sprach leise vor sich hin: „… dann trennte ich mich von der Karawane und schlich mich vorsichtig, jeden Strauch als Deckung benutzend, zurück. Die schwache Stelle der Franzosenfestung war ausgemacht, in dieser Nacht musste sie mithilfe der wilden Beduinen des Scheichs fallen …“ Er schwieg und pustete die Luft durch die Nase.
„Na und, Komma?“, fragte ein Junge, der helle Haare hatte und braun wie ein Mulatte war, „wie geht es nun weiter, Schorsch?“
Der Angeredete schickte einen schläfrigen Blick hinüber und stupste seinen Nachbarn an. „Benno ist dran, meine Zeit ist um!“
Benno, ein breiter, strohblonder Junge mit Stupsnase und Sommersprossen, fuhr zusammen. „Ja. Hm. Also der Scheich sagte zu mir, du musst sie führen, sagte er. Die Pferde aber lassen wir zurück. Ja. Hm und dann … dann preschten sie eben los.“
Heinz, ein schmächtiger Junge mit schön geschwungenen Augenbrauen, sagte gelangweilt: „Ich denke, sie hatten keine Pferde mehr. Und dann preschten sie …?“
Benno riss die Augen auf, sie waren hell und blau, und sagte nichts weiter als: „Ach so!“
Die Kette in ihrer Erzählung war gerissen, die Sonne machte schläfrig, keiner hatte mehr Lust, den Faden weiterzuspinnen. Dabei spielten sie sonst gern Geschichten erzählen. Einer musste sich immer eine fantastische Sache ausdenken, und jeder der Jungen spann dann ein Stück der Geschichte weiter. So träumten sie von Forschern im ewigen Eise, von verirrten Urwaldjägern und den letzten heulenden und tanzenden Derwischen. Aber heute zog das alte Spiel nicht mehr, vielleicht hatten sie es auch schon zu oft gespielt.
Georg stand auf, rückte seine Brille zurecht und zog die knielange Badehose hoch. „Ich gehe noch mal ins Wasser“, sagte er.
Rudi, der Mulatte, und Heinz rappelten sich auch hoch, nur Benno blinzelte in die Sonne: „Ich muss nach Hause. Füttern!“
Ein Lastkahn glitt gemächlich vorüber. „Fanto – Hamburg“ stand in fetten Lettern am Heck. Er pflügte das Wasser, sodass Wellen gegen das Ufer schlugen, viele blanke Kieselsteine rollten träge hin und her.
„Na los, noch einmal, dann gehen wir alle!“, ordnete Rudi an. Die vier Jungen sprangen ins Wasser, ohne sich vorher abzukühlen.
Heinz machte einen prächtigen Bauchklatscher. Er schimpfte und massierte seinen Bauch. „Nicht mal ’ne Badeanstalt gibt es in Wulnitz. Ein Wunder, dass wir hier noch baden dürfen, aber diese Stelle haben die Angler wohl noch nicht gesehen!“
Georg kraulte, er setzte auch im Wasser seine Brille nicht ab, sodass er wie ein großer Schellfisch aussah.
Benno trat Wasser und schielte zu den Gänsen hinüber, die er nachher zurücktreiben musste. „Ich habe eine Idee“, meinte er zu Rudi, der auf dem Rücken schwamm und „stiller Mann“ machte.
„Na und, Komma?“, fragte Rudi zurück. „Na und, Komma“ war bei ihm Schlagwort, er konnte es sich nicht abgewöhnen.
„Wir müssten so eine kleine Badeanstalt bauen, die Pioniergruppe müsste es machen“, schlug Benno vor.
Rudi winkte ab, soweit das im Wasser möglich war; er war der Vorsitzende der Gruppe. „Das hat doch alles keinen Zweck. Erstens wird das im Fluss sowieso nicht erlaubt, und zweitens“, er machte eine kleine Pause und holte tief Luft, „wer weiß, wo wir alle im nächsten Jahre stecken. Es will doch keiner hierbleiben!“
Sie schwammen ein Stück gegen die Strömung. Um die Flussbiegung kam ihnen ein Angelkahn entgegen. Rudi sah genauer hin. „Mensch, das sind doch Sieke und Ma! Wetten, dass? Was sagt ihr denn dazu?“
Im Angelkahn saßen ein Junge, schwarzhaarig und finster blickend, und ein Mädchen mit blonden Zöpfen. Ma, das Mädchen, winkte fröhlich, aber der Schwarze beachtete die Schwimmer gar nicht, sondern stakte das Boot schnell vorbei.
„Stolz wie ein Spanier!“, rief Rudi, und Heinz schloss vor Staunen den Mund zu spät, er schluckte und prustete. In langen Stößen schwammen sie zum Ufer und blieben dort liegen, nur die Beine ließen sie im Wasser.
„Sieke und Ma! Was sagst du dazu?“, meinte Georg und legte die Brille zum Trocknen auf einen Stein.
„Wer weiß, was dahintersteckt, wir werden es schon rauskriegen“, sagte Rudi, „vielleicht wird er Uwe jetzt abschreiben!“ Uwe war Siekes treuer Schatten.
Benno stand auf und tanzte auf einem Bein hin und her, er machte Verrenkungen, um sich das Wasser aus dem Ohr zu schütteln. Dabei rutschte seine Hose. Das erinnerte ihn an den Heimweg. Er pfiff nach den Gänsen.
Während sich die Jungen anzogen, sagte Heinz: „Jetzt gehen wir ab morgen in die achte Klasse. Die Ferien sind lang gewesen, wir haben uns fast totgeangelt.“
„Noch ein Jahr, dann können wir in die Stadt!“ Heinz schlug Georg, seinem Halbbruder, auf die schmale Schulter.
Die Jungen schlenderten am Ufer entlang, die Gänse watschelten hinterdrein. „Eine Badeanstalt bauen ist Quatsch“, sagte Rudi, „für wen denn? Ich werde wohl auch weggehen. Im Thälmannwerk soll es eine Lehrwerkstatt geben, in der zweihundert Jungen und Mädchen lernen. Das ist ’ne Sache. Und dann Kino und Sport, richtige Sportplätze!“
„Und Kino nicht nur einmal in vierzehn Tagen, sondern wann man will!"
„Wir hauen alle ab!“
Die Freunde gingen den Koppelweg hinauf.“
Der Band zum Super-Sonderpreis von nur 99 Cents stammt aus der Feder von Ulrich Hinse, trägt den Titel „Die 13. Plage oder Wessen Brot ich esse“ und war 2013 als E-Book bei der EDITION digital erschienen: Die 13. Plage der Menschheit – das ist der internationale Terrorismus heute. Um seine große Liebe Jenny aus einem Bordell zu befreien, schließt Boomer einen Pakt mit dem Teufel. Unvermittelt finden sich die beiden in einem Ausbildungslager der Al-Qaeda wieder, wo Boomer zum Sprengstoffspezialisten wird. Um zurück nach Europa zu kommen, schließen sie sich einer Terrorgruppe an und bereiten sich mit ihr auf einen Anschlag in Nordeuropa vor. Als Jenny erkennt, dass ihre Heimat Mecklenburg-Vorpommern ins Fadenkreuz gerät, sucht sie Hilfe bei Kriminalhauptkommissar Raschke, einem Erzfeind aus vergangenen Tagen. Doch kann sie das Schicksal aufhalten? Ein packender Roman vor einem hochaktuellen Hintergrund.
Wer sich beim Lesen von Hinses Roman „Blutiger Raps“ fragte, ob Jenny und Boomer die Flucht aus dem russischen Gefangenenlager überlebt haben, kann in diesem Buch das weitere, schwere Schicksal der beiden Jugendlichen verfolgen.
Ulrich Hinse hat sein Buch mit einigen bemerkenswerten Vorbemerkungen sowie mit einem Prolog versehen. Hier sind beide:
„Personen und Handlungen dieses Romans sind frei erfunden. Gewisse Ähnlichkeiten mit lebenden Personen und tatsächlichen Ereignissen wären rein zufälliger Natur, ausgenommen davon sind in der Weltöffentlichkeit bekannte Personen und Ereignisse der nahen Zeitgeschichte.
Besonders bedanken möchte ich mich: bei meiner Frau Karin für ihre Hilfe, meine weibliche Hauptperson gefühlvoll zu beschreiben, bei Erika Nagel für die Geduld mit meiner eigenwilligen Grammatik, bei Charlotte Fleischer für allerlei Tipps, Fachchinesisch verständlicher zu machen, bei Gerd Thielmann für juristische Hinweise, bei Harald Bruder für die russischen Dialoge, bei Reinhard Müller für die rheinischen Dialektbeiträge, bei Herta, Josef gen. Pep und Christian Eckmair auf Teneriffa, bei Ernst F. Löhndorff † für geografische Besonderheiten am Khaiber und last but not least bei meiner Lektorin Carola Herbst für die entscheidenden Veränderungen, damit aus einem Manuskript ein spannendes Buch wird.
Prolog
Am langen Strand an der Hohen Düne, auf der anderen Seite von Warnemünde, da, wo man nur mit der Fähre oder nach einem langen Umweg durch die Rostocker Heide hingelangen kann, aalten sich nur wenige Urlauber am Strand, der sich im Osten im Dunst verlor.
Südlich der Straße von Warnemünde nach Markgrafenheide, im Rostocker Marinehafen, ließ geschäftiges Treiben auf wichtige Ereignisse schließen. Neben hohen militärischen Würdenträgern der Marine, alle in ihren schmucken blauen Uniformen mit den goldenen Kolbenringen an den Ärmeln, hatten sich überraschend viele Zivilisten, jüngere als auch ältere, vor allem aber jüngere Frauen mit Kindern eingefunden.
Plötzlich kam Bewegung in die wartende Menge. Hälse wurden gereckt, als in einer großen schwarzen gepanzerten Limousine der Ministerpräsident des Landes, begleitet von dem ebenfalls schwarzen gepanzerten Fahrzeug seiner Personenschützer, an dem offenstehenden Schlagbaum mit dem salutierenden Marinesoldaten vorbeifuhr.
Der schneidige Marinesoldat im traditionellen Kulani, einem dunkelblauen, zweireihigen, hüftlangen Jackett, und mit seiner weißen Tellermütze, dessen exakt geschnittene Mützenbänder im Wind wehten, salutierte zackig.
Der Wachhabende hatte sofort den Telefonhörer aufgenommen, um dem Kasernenkommandanten die Ankunft des Landesvaters zu melden. Vor dem Offizierskasino rissen Ordonanzen die Wagentüren auf, ein Offizier geleitete den Landesvater in die Lobby, wo ein Admiral dem Politiker die anwesenden Offiziere vorstellte. Im Anschluss an den kleinen Imbiss, zu dem die Ordonanzen alkoholische und alkoholfreie Getränke reichten, ging es zum Appellplatz, wo sich eine recht stattliche Schiffsbesatzung im Karree aufgebaut hatte.
Den Platz umsäumten viele Besucher, von denen sich einige Mütter intensiv um plärrende Kinder kümmerten, die unbedingt zu ihren im Karree stehenden Vätern wollten. Nachdem die Offiziellen aus Politik, Wirtschaft und Militär ihre reservierten Plätze eingenommen hatten, meldete der Kommandant der Fregatte dem Standortkommandanten seine fast vollzählig angetretene Besatzung. Es fehlten die üblichen Unabkömmlichen aus der Maschine, von der Brücke sowie anderen wichtigen Stationen.
Der Standortkommandant wiederum meldete dem Admiral, wobei er zusätzlich noch den Grund für die martialische Veranstaltung nannte. Der Admiral bedankte sich, begrüßte die angetretenen Soldaten, lauschte wohlwollend der vielstimmig gebrüllten Antwort und ließ im Anschluss an die Meldung die Soldaten wieder bequem stehen. Das Marinemusikkorps spielte einen Marsch, dann gab es die erste Rede.
Der Admiral erklärte mit markigen Worten, welche großartige Aufgabe auf die Soldaten warte und warum das Vaterland auf sie stolz sei. Am Horn von Afrika und im Roten Meer hätten sie von nun an ein halbes Jahr Dienst zur Verteidigung des Vaterlandes zu verrichten, sozusagen als Speerspitze im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland werde von der Marine vom Stützpunkt Djibouti aus zwischen Afrika und der arabischen Halbinsel verteidigt. Nicht allein von den Kameraden des Heeres und der Luftwaffe am Hindukusch, wie der Herr Verteidigungsminister vor dem Bundestag erklärt habe.
Nach einem Musikstück schloss sich der Ministerpräsident mit wohlgesetzten Worten seinem Vorredner an. Er wünschte Fortune für die Aufgabe, vor allem aber gesunde Heimkehr von diesem gefährlichen Auftrag. Besonders stolz sei er, dass ausgerechnet die Fregatte mit dem Namen seines Landes diese Aufgabe übernehmen dürfe, um so Mecklenburg-Vorpommern in der Welt bekannt zu machen. Der verhaltene Beifall der Besucher erstarb, als im Anschluss an die Rede die Nationalhymne gespielt wurde.
Die Besatzung der Fregatte marschierte mit einem Lied auf den Lippen, sinnigerweise war es „Schwer mit den Schätzen des Orients beladen“, an den Honoratioren vorbei zum Pier. Dort durften sich die Soldaten noch ein letztes Mal von den Angehörigen verabschieden, danach ging es unwiderruflich an Bord. Kurze Zeit später war das schrille Quieken der Bootsmannsmaatenpfeifen zu hören. Die Soldaten rannten auf ihre Stationen, die Leinen wurden losgeworfen. Langsam schob sich das graue Kriegsschiff aus dem Breitling hinaus auf die Ostsee.
Mit wehmütigen Gedanken sah Kriminalhauptkommissar Raschke, der Chef des Staatsschutzkommissariats der örtlichen Kriminalpolizei, dem Manöver zu. Er fühlte sich an die Zeit erinnert, als er selbst noch als zwanzigjähriger Marinesoldat zur See gefahren war. Vor etwas mehr als dreißig Jahren war das gewesen, zu Zeiten des Kalten Krieges, wo sich Bundesmarine und Volksmarine noch als unversöhnliche Gegner gegenseitig in der Ostsee belauert hatten.
Jetzt war er Mitte fünfzig, hatte der Marine nicht zuletzt aus Liebe zu seiner Frau und den Kindern schon lange den Rücken gekehrt und war bei der Polizei gelandet. Dort hatte er sich bei der Kripo auf den Staatsschutz spezialisiert und vor einigen Jahren die Stelle als Kommissariatsleiter bekommen. Inzwischen waren die Kinder nicht nur aus dem Haus, sondern die ersten Enkel konnten bereits auf den Knien geschaukelt werden. Wenn sie wollten. Meist wollten sie nicht, brüllten wie am Spieß oder durchnässten Opas Hose.
Deshalb war es Raschke sehr lieb, wenn er von befreundeten Dienststellen, und die Bundeswehr gehörte selbstverständlich dazu, zu einem derart zwanglosen Termin eingeladen wurde, wie zu der heutigen Veranstaltung.
„Hallo, Herr Hauptkommissar, schön Sie hier bei uns im Stützpunkt zu sehen. Es ist beruhigend, den Staatsschutz in der Nähe zu wissen, wenn wir gegen den islamischen Terror zu Felde ziehen. Darf ich Sie deshalb mit Ihren Kollegen ins Kasino einladen?“
Überrascht drehte sich der Kriminalbeamte um. Hinter ihm standen freundlich lächelnd zwei Offiziere. Ein Kapitänleutnant, wie an den „Kolbenringen“ am Ärmel der Uniformjacke leicht zu erkennen war und ein Major des Heeres. Genauer der Infanterie, wie die grünen Kragenspiegel verrieten. Raschke konnte sich eine Plattitüde nicht verkneifen. „Ah, Herr Major, wie immer gut zu Fuß und Herr Kaleu, heute trockenen Fußes, wie ich sehe.“
Die beiden Bundeswehroffiziere blieben trotz der ungewöhnlichen Bemerkung weiterhin freundlich und gelassen. Sie schienen Raschkes Sprüche schon zu kennen, deshalb gingen sie auf die Bemerkung nicht weiter ein. Der Polizeibeamte stellte seine Begleiter vor. Zuerst die junge, blonde Frau, die der Kapitänleutnant unverhohlen interessiert musterte. „Meine Herren, ich darf bekannt machen. Brigitte Hessler, seit kurzem Mitarbeiterin in meinem Kommissariat und in der Soko. Die Kriminalobermeisterin steht übrigens unter meinem ganz persönlichen Schutz, Herr Kaleu und der junge Mann neben mir ist Ihnen ja hinlänglich bekannt. Was für Sie neu sein dürfte, ist die Tatsache, dass Oberkommissar Schrader seit vorgestern mein Stellvertreter ist. Er will bestimmt im Kasino eine Runde ausgeben, so wie ich ihn kenne.“
Peter Schrader verzog das Gesicht, nahm aber die Gratulation der Offiziere freundlich entgegen, dann schlenderten die fünf ohne Eile in Richtung Kasino, wobei Schrader eifersüchtig beobachtete, wie sich Biggi, so wurde die zweiundzwanzig Jahre junge Beamtin von allen Kollegen im Kommissariat der Einfachheit halber genannt, mit strahlenden Augen den Marineoffizier ansah. Schrader war nicht mehr verheiratet, und – anders als Raschke – der für Biggi offensichtlich eine Art Vaterersatz darstellte, bemühte er sich bei der Kollegin um anders geartete Kontakte, war dabei aber bisher nicht sonderlich erfolgreich gewesen.“
Bleibt abzuwarten, ob da später vielleicht doch noch was läuft. Aber eigentlich geht es in dem Roman von Ulrich Hinse um weit Spannenderes und Weltbedeutenderes, das auch in der Gegenwart leider noch aktuell ist – den internationalen Terrorismus. Und leider (noch einmal leider) ist die Welt seit der Veröffentlichung der „13. Plage“ nicht unbedingt sicherer oder gar friedlicher geworden. Auch solche Gedanken kommen einem bei diesem Buch …
Und sicher haben Sie inzwischen herausbekommen, was mit einer MTS gemeint war und manches andere mehr. Aus heutiger Sicht ist in dem 1961 – also im Jahr des „Mauerbaus“ erschienenen Kinderbuch von Heinz Kruschel „In Wulnitz ist nichts los“ innerhalb des Dialogs der Jungen der wie nebenbei gesagte Satz „Wir hauen alle ab!“ – Schon ein paar Monate später hätte man diesen Satz ganz anders gelesen, weniger harmlos …
Und damit zurück in die Gegenwart und zum heutigen Angebot an E-Books zum Sonderpreis. Wenn der Newsletter-Verfasser ausnahmsweise mal einen eigenen Favoriten benennen darf, dann sind es diesmal Buch und Film über den jungen Friedrich Engels. Beide versuchten den verklärten und oft ziemlich konflitfrei dargestellten „Klassiker des Marxismus-Leninismus“ vom Denkmalsockel auf die Erde zu holen – wie einen richtigen Menschen aus Fleisch und Blut eben, der nicht nur für Gerechtigkeit kämpfen, sondern auch Gedichte schreiben sowie Mädchen und Frauen lieben wollte.
Und damit viel Spaß beim Lesen, einen schönen Herbst und bis demnächst.
Aber ach, doch noch einen Moment bitte: Da wir gerade im November sind, schenke ich Ihnen zum Schluss noch dieses schöne Gedicht des mecklenburgischen Ingenieurs und Schriftstellers Heinrich Seidel, der 1842 in Perlin bei Wittenburg geboren wurde und 1906 in Berlin gestorben. Hier seine Meinung zum …
November
Solchen Monat muß man loben:
Keiner kann wie dieser toben,
Keiner so verdrießlich sein
Und so ohne Sonnenschein!
Keiner so in Wolken maulen,
Keiner so mit Sturrmwind graulen!
Und wie naß er alles macht!
Ja, es ist die wahre Pracht.
Seht das schöne Schlackerwetter!
Und die armen welken Blätter,
Wie sie tanzen in dem Wind
Und so ganz verloren sind!
Wie der Sturm sie jagt und zwirbelt
Und sie durcheinander wirbelt
Und sie hetzt ohn‘ Unterlaß:
Ja, das ist Novemberspaß!
Und die Scheiben, wie sie rinnen!
Und die Wolken, wie sie spinnen
Ihren feuchten Himmelstau
Ur und ewig, trüb und grau!
Auf dem Dach die Regentropfen:
Wie sie pochen, wie sie klopfen!
Und an jeder Traufe hängt
Trän‘ an Träne dicht gedrängt.
O, wie ist der Mann zu loben,
Der solch unvernünft’ges Toben
Schon im voraus hat bedacht
Und die Häuser hohl gemacht!
So daß wir im Trocknen hausen
Und mit stillvergnügtem Grausen
Und in wohlgeborgner Ruh
Solchem Greuel schauen zu!
EDITION digital wurde 1994 gegründet und gibt neben E-Books (vorwiegend von ehemaligen DDR-Autoren) Kinderbücher, Krimis, historische Romane, Fantasy, Zeitzeugenberichte und Sachbücher (NVA-, DDR-Geschichte) heraus. Ein weiterer Schwerpunkt sind Grafiken und Beschreibungen von historischen Handwerks- und Berufszeichen sowie Belletristik und Sachbücher über Mecklenburg-Vorpommern. Insgesamt umfasst das Verlagsangebot, das unter www.edition-digital.de nachzulesen ist, derzeit mehr als 900 Titel (Stand November 2018).
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