Professor Wyss stellte Ergebnisse verschiedener Studien vor. Religion sei in den Medien kaum ein Thema oder nur im Zusammenhang mit Irritationen und Skandalen, gemischt mit politischen, finanziellen, sexuellen oder kriminellen Aspekten zu finden. Die einzige Fachredaktion „Religion“ bestehe noch beim Schweizer Radio und Fernsehen (SRF). In Nachrichtenredaktionen der anderen Medien sei viel Fachwissen bezüglich Religion verloren gegangen. Journalisten wären oft für verschiedene Ressorts zuständig und stünden unter hohem Zeitdruck. 2008 hätten sich 32,4 Prozent der Journalisten in der Schweiz als religionslos bezeichnet, 2015 lag die Zahl bei 46,8 Prozent, so Wyss. Überrascht habe ihn, dass über die Freikirchen in der Schweiz fast gleich negativ berichtet werde wie über nicht-christliche Religionen. Laut Wyss wird in lokalen und regionalen Medien über Freikirchen weit weniger negativ berichtet als in großen Medien mit weiter Verbreitung.
Aktiv Wissenslücken von Journalisten über Freikirchen schließen
Die anwesenden Vertreter von Freikirchen forderte Professor Wyss auf, aktiv die Wissenslücken von Journalisten über ihre Freikirche zu schließen und den Kontakt zu ihnen zu suchen. Des Weiteren könnten Freikirchen Hilfsaktionen, Weihnachten oder die Fluchtthematik nutzen, um Ereignisse mittels Medien mit der Öffentlichkeit zu teilen.
Kernsubstanz des christlichen Glaubens stellt Zeitgeist infrage
Giuseppe Gracia, Schriftsteller und Kommunikationsberater, betonte, dass die Kernsubstanz des christlichen Glaubens den Zeitgeist infrage stelle und diesem auch nicht angepasst werden dürfe. Der christliche Glaube habe es in sich, dass er zu zeitkritischen Positionen führe und Befremden auslöse. So sei er ein Kontrast zur allgegenwärtigen Ökonomisierung, Digitalisierung und Globalisierung des Lebens. Christen würden von der Gesellschaft als „Spaßbremsen“ wahrgenommen, so Gracia. Für eine positive Vermittlung des Glaubens gehe es darum, dass der Glaube von seiner Substanz her neu mitteilbar gemacht werden müsse. Dabei sollte aber bedacht werden, dass der relativistische und subjektivistische Zeitgeist der Chefredakteur der großen Medien sei, so Giuseppe Gracia.
Er gab den Medieninteressierten drei Grundsätze für eine gute Medien- und Kommunikationsarbeit mit: Es sei nicht konstruktiv, zu moralisieren. Vielmehr gelte es, vom christlichen Menschenbild zu sprechen. Dann gehe es darum, Horizonte zu öffnen, indem die eigentlichen Sehnsüchte der Menschen nach Verbindung, Liebe und Gemeinschaft angesprochen würden. Und als Drittes: Aufklären über die Aufklärung: Freiheit, Gleichheit und Menschenwürde seien in der Antike undenkbar gewesen. Sie wären erst durch den Einfluss des Christentums in jenen Regionen denkbar geworden, in denen vorwiegend Christen gelebt hätten. Jesus habe sich für die Trennung von Kirche und Staat eingesetzt. Christen sollten deshalb nicht als Gegner einer liberalen Gesellschaft auftreten, sondern ihren Glauben bezeugen, der vom christlichen Menschenbild geprägt sei.
Podium: „Raus aus der Schublade“
Im Umgang mit Journalisten und für eine gelingende Medienarbeit riet Giuseppe Gracia in der Podiumsdiskussion, dass die christliche Wahrheit mit Argumenten und auf der Sachebene wieder thematisiert werden solle. Dabei gelte es das Wort von Friedrich Dürrenmatt zu bedenken: „Der Wissende weiß, dass er glauben muss, nur der Unwissende glaubt, dass er weiß.“ Man müsse die zu vermittelnden Inhalte, wie Glaubenssätze, kennen und sich überlegen, wie man sie am besten kommunizieren könne, damit sie verstanden würden.
Bezeichnung „Freikirche“
Auf die Frage von Markus Baumgartner, Moderator der Podiumsdiskussion, wie die Bezeichnung „Freikirche“ wahrgenommen werde, sagte die Mehrheit der fünf Teilnehmenden, dass die Bezeichnung „Sekte“ und „Freikirche“ oft in den gleichen, abwertenden Topf geworfen werde. Die Bezeichnung „Freikirche“ sei nicht mehr zu retten, besser wäre es, sich „Kirche“ zu nennen.
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