2016 kam Sara Schiavon im Rahmen des Förderprogramms MobiPro-EU von Padua nach Lörrach, um dort ihre Ausbildung zur Bäckerin zu beginnen. Anfang 2019, kurz vor ihrer Gesellenprüfung, die sie nach einer Lehrzeitverkürzung im Februar erfolgreich abschloss, blickte sie drei Wochen in die Backstube eines deutschen Bäckers auf der spanischen Insel La Gomera. „Ich finde es immer gut, Erfahrungen zu sammeln“, erzählt die frisch gebackene Bäckergesellin. Organisiert hatte den Kontakt ihr Ausbilder in der Bäckerei „Die Hausbäcker“ in Lörrach, Thomas Kiefer. Kiefer kennt Bäckermeister Andreas Huber noch aus der Zeit, bevor dieser Lörrach in Richtung La Gomera verließ.
Für Schiavon lag der Unterschied aber nicht alleine in der mediterranen Umgebung der Backstube. „Herr Huber hat sich auf den Geschmack der Spanier eingestellt, so wie auch italienische Restaurants in Deutschland extra für den deutschen Geschmack kochen“, erzählt sie. So wird zum Beispiel mehr mit Öl gebacken. Ob sie die Erfahrungen mal in die heimische Backstube einfließen lassen wird? Schiavon kann es sich zumindest vorstellen. „Einige Teige haben mir gut gefallen, sie sind weicher in der Konsistenz. Die eine oder andere Idee würde ich gerne mal ausprobieren.“ Auch Kiefer zeigt sich neugierig. „Wir werden uns bald zusammensetzen und schauen, ob wir die eine oder andere Idee bei uns umsetzen können.“
Das Arbeitsklima war ein anderes, erzählt Schiavon weiter: „Es war etwas entspannter, auch wegen der Kunden. Wenn ein Brot nicht mehr da war, haben die Kunden einfach ein anderes gekauft. Hier in Deutschland erwarten immer alle zu jeder Zeit das komplette Sortiment.“ Ein weiterer Unterschied zum Alltag in Deutschland: „Der Betrieb war sehr klein. Wir haben später angefangen und nach der Arbeit sind wir immer noch gemeinsam weggegangen.“ Untergebracht war sie bei einer deutschen Auswanderin. Auf die Idee für das Praktikum kam sie in der Berufsschule.
Kiefer blickt auf seine Zeit als Lehrling zurück. „Eine solche Erfahrung zu machen wäre früher ein Ding der Unmöglichkeit gewesen.“ Aber er weiß auch, dass nicht alle Betriebe begeistert auf die Idee reagieren, ihre Azubis für ein solches Programm freizustellen. „Für kleine Handwerksbetriebe ist es immer noch schwierig, Azubis für drei Wochen freizustellen. Da müssen wir als Betrieb dahinter stehen.“ In Saras Fall stand die REWE Group als Inhaberin hinter der Idee. Sara ist seine erste Auszubildende, die ins Ausland gegangen ist. „Es war auch eine Belohnung für ihre tolle Leistung. Wir wussten, dass sie ihre Prüfung besteht. Das hat uns auch die Gewerbeschule bestätigt und das Praktikum begrüßt“, erklärt Kiefer nicht ohne Stolz.
Hierin könnte ein Schlüssel für eine zukünftige Generation Erasmus auch unter Handwerkslehrlingen liegen, glaubt Heike Schierbaum, Mobilitätsberaterin der Handwerkskammer Freiburg. „Auch wenn es im ersten Moment nachteilig für den eigenen Betriebsablauf erscheint, auf den Auszubildenden zu verzichten: Auslandserfahrungen als Belohnung für gute Leistungen können ein zusätzlicher Motivationsschub für die Lehrjahre sein.“ Wo zieht es Schiavon als nächstes hin? Genau weiß sie es noch nicht. Aber dann lässt sie doch durchblicken, dass der nächste Trip nach Kanada führen könnte. Arbeiten, das weiß sie ganz sicher, wird sie weiter in der Backstube mit Herrn Kiefer in Lörrach.
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