Er kennt beide Seiten: die Schweißtechnik und den Arbeitsschutz zugleich. Anfang 2019 wechselte Frederic Lanz zu KEMPER. Nach 100 Tagen als Geschäftsführer zieht er eine erste Bilanz. Wie sich der 37-Jährige die Produktion der Zukunft in der Metallbearbeitung vorstellt, schildert er im Interview.

Herr Lanz, Sie haben sich als Innovator in der Branche einen Namen gemacht, haben in der Geschäftsleitung bei KEMPPI Oy neue Wege in der Schweißtechnik beschritten. Wie fühlt sich Ihre neue Aufgabe abseits von effizienten Schweißnähten bei KEMPER nun an?
Same, same, but different: Für mich fühlt es sich sehr ähnlich an. Ich spreche im Prinzip mit den gleichen Ansprechpartnern auf Kundenseite. Mich begleitet aber ein anderer Blickwinkel auf das Gesamtthema Schweißen. Mein Fokus liegt jetzt eindeutig auf der Gesundheit der Mitarbeiter. Arbeitsschutz ist ein sehr großes und spannendes Thema. Ich fühle mich dabei auf einer Mission. Bei KEMPER als Pionier der Schweißrauchabsaugung ist diese Haltung täglich gelebte Realität.

Das Selbstverständnis von KEMPER ist die eine Seite, die Wahrnehmung bei Ihren Kunden die andere. Wie nehmen Sie die Haltung zum Arbeitsschutz beim Schweißen wahr?
Die Relevanz von Arbeitsschutz steigt mehr und mehr an. Arbeitgeber erkennen in der Produktivität gesunder Schweißer das Argument für eine Investition in effektive Absaugtechnik. Schweißfachhändler, die sich in der Regel über die Marke des Schweißtechnikherstellers definieren, entdecken das Thema genauso für sich – und zwar auch aufgrund steigender Umsatzzahlen und der Attraktivität des Arbeitsschutz-Equipments. Dass KEMPER seinen Umsatz in den vergangenen acht Jahren verdoppelt hat, spricht für sich.

Woher kommt dieser Wandel? Ist es eine Revolution von unten durch die Schweißer, sind es die Arbeitgeber selbst, sind es gesetzliche Vorgaben, die die Nachfrage ansteigen lassen?
Das Bewusstsein für die Notwendigkeit von Arbeitsschutz steigt auf allen Seiten. Saubere Luft ist viel mehr Thema in Betrieben als früher. Gerüchte, wie etwa, dass Milch gegen Schweißrauch hilft, liegen schon lange zurück. Eigentlich jeder in der Branche weiß heute, dass Schweißrauch schädlich ist. Über Social Media oder Blogs wie arbeitsschutz-schweissen.de sind Schweißer heute viel informierter. Niemand will Schweißrauch noch freiwillig einatmen.

Und die Arbeitgeber?
Auch bei diesen verzeichnen wir einen Bewusstseinswandel. Bessere Luft macht weniger krank. Langfristig bleibt die Gesundheit der Mitarbeiter erhalten. Kurzfristig sorgt Arbeitsschutz für eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit. Und am Ende wird auch die Normgebung immer straffer. Das ist nicht nur bei uns am Standort Deutschland so. Kürzlich wurden zum Beispiel die Arbeitsschutzvorgaben in Großbritannien angezogen. Frankreich etwa hat ebenfalls scharfe Richtlinien, wie „richtig“ abgesaugt werden muss.

Klingt, als ob sich eigentlich alle einig sind. Dass es noch Flecken auf der Weltkarte gibt, wo Arbeitsschutz – positiv ausgedrückt – nicht so richtig umgesetzt wird, steht Ihrer Erkenntnis aber entgegen.
Das ist sicher richtig. Ich habe verstärkt aus der europäischen Perspektive gesprochen. Weltweit gibt es noch enorme Lücken – darum kümmern wir uns. Wir haben uns bei KEMPER gerade strategisch neu aufgestellt. Bis 2025 wollen wir den Umsatz um weitere 50 Prozent steigern. Dieses Ziel streben wir insbesondere durch eine zielgerichtete Internationalisierung an. Dass wir seit Jahren Wachstumsraten im gesamten Markt für Arbeitsschutz verzeichnen, bestärkt uns in unserem Kurs.

Das ist die quantitative Seite, kommen wir zur qualitativen Weiterentwicklung: Wo sehen Sie für einen zukunftsfähigen Arbeitsschutz die größten Herausforderungen?
Absaugtechnik wird immer noch als Peripherie wahrgenommen. Arbeitsschutz muss in Zukunft aber viel mehr als Hauptbestandteil des Schweißens wahrgenommen werden. Wie der Schweißer nicht mehr auf seinen Schweißhelm verzichten will, sollte auch die Schweißrauchabsaugung Teil der täglichen Arbeit sein. Wir müssen dem Arbeitsschutz die gewisse Portion Coolness verleihen.

Wie meinen Sie das?
Erinnern Sie sich an die Zeit, in der Skifahrer nie und nimmer einen Schutzhelm getragen hätten? Heute ist es das cool-designte Ski-Accessoire schlechthin, auf das niemand mehr auf der Piste verzichten will. Solche Beispiele, in der die Gesundheit eine Rolle spielt, finden Sie vielfach auch in anderen Bereichen. Daran arbeiten wir im Bereich der Metallbearbeitung schon heute. Das Einschalten der Absaugung sollte so selbstverständlich sein wie das Anlegen des Sicherheitsgurtes im Auto.

Wie sieht das bei der Absaugtechnik konkret aus?
Bei KEMPER setzen wir auf ein attraktives Industrial Design gepaart mit überdurchschnittlicher Funktionalität und Konnektivität. Absauggeräte sind bei uns nicht nur schwere eckige Kisten. Unsere Geräte machen Spaß und wollen benutzt werden.

Trägt ein schickes Design dem ernsten Thema Mitarbeitergesundheit denn Rechnung?
Natürlich nicht alleine, aber mindestens zum Teil, denn Schweißer haben Geschmack und stehen nun einmal auf ein cooles Produktimage. Das sehen wir an Diskussionen über Schweißhelme und Schweißnähte. Aber natürlich hat das Thema Arbeitsschutz eine viel größere Dimension: Der ehemalige Leiter des International Institute of Welding sagte einmal, Schweißen sei eine 3D-Technik. 3D steht dabei für dirty, dull and dangerous – also dreckig, glanzlos und gefährlich. Ich predige schon seit Jahren: Lasst uns Schweißen zu einem 3C-Business machen.

Das bedeutet?
Lasst uns Schweißen Cool, Clever und Clean machen. Cool steht dafür, dass die Absaugtechnik solch ein Image bei Schweißern erlangt, dass sie es unbedingt einsetzen wollen. Clever, dass die Geräte und Anlagen ganz automatisch agieren, dem Schweißer Arbeit abnehmen und so die Effizienz steigern. Clean, dass Schweißer in einer sauberen Produktionsumgebung arbeiten und gesund bleiben.

Cool haben Sie erklärt. Clean ist sowieso klar. Clever zielt auf den Bereich Digitalisierung der Absaugtechnik ab. Wie sieht die Produktion der Zukunft für Sie aus?
Die Musterproduktion berücksichtigt in Sachen Arbeitsschutz nicht nur den einzelnen Schweißer, sondern hat die Gesamtluft für alle Mitarbeiter im Blick. Wir kombinieren Punktabsaugungen mit Raumlüftungssystemen – setzen Punktabsaugungen optimal und im Sinne des Kunden ein. Anders werden gesetzliche Grenzwerte in Zukunft gar nicht mehr einzuhalten sein. Das klingt für sich alleine noch ziemlich analog, die Digitalisierung bewirkt aber noch mehr: Die Produktion der Zukunft ist eine Kombination aus zielführender Konnektivität – wo Maschinen miteinander sprechen, wenn der Schweißbrenner der Absauganlage sagt, wann und wie stark abgesaugt werden muss. Aus Predictive Maintenance wird Smart Maintenance. Eine Anlage sagt nicht mehr nur, wann ihr eigener Filter gesättigt ist. Die vernetzte Produktion denkt weiter und hat darüber hinaus auch weitere Anlagen im Blick, um Serviceeinsätze zu optimieren und dem Kunden die maximale Standzeit der Anlage zu gewährleisten.

Ist das nicht noch Zukunftsmusik?
Nein, wir sind schon da. Bei KEMPER denken wir bereits heute alle Produkte digital. Die passende Infrastruktur gibt es bereits. Jetzt ist es an den Betrieben, die Potenziale voll auszuschöpfen. Wir ruhen uns dabei nicht aus, sondern entwickeln die Absaugtechnik konsequent entlang ihrer Bedürfnisse weiter.

Über die KEMPER GmbH

Die KEMPER GmbH ist ein Hersteller von Absaug- und Filteranlagen für die metallverarbeitende Industrie. Das mittelständische Familienunternehmen mit Sitz im westfälischen Vreden ist mit seinen hocheffizienten Filtersystemen, die bei der Entstehung von Schweißrauch selbst ultrafeine Staubpartikel aus der Luft filtern, Technologieführer. Absaugtische für Schneidprozesse und die gesamte Zubehörkette in Sachen Arbeitsschutz und Luftreinhaltung für die metallverarbeitende sowie Elektro- und Kfz-Industrie zählen zum Produktportfolio. KEMPER wurde 1977 gegründet und beschäftigt heute rund 370 Mitarbeiter. Die Geschäftsführung bilden Björn Kemper, Michael Schiller und Frederic Lanz. Neben dem Hauptsitz in Vreden unterhält das Unternehmen einen Produktionsstandort bei Prag (Tschechien). Über acht Niederlassungen und zahlreiche feste Handelspartner ist es weltweit vertreten.

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