Sachverhalt
Der Betreiber eines Blogs, in welchem er sich u.a. zu bestimmten Unternehmen und Kapitalanlagemöglichkeiten äußert, hatte nach erfolglosem außergerichtlichen Vorgehen vor dem LG Leipzig (Entsch. v. 22.11.2018, Az. 8 O 2605/18) eine einstweilige Verfügung gegen einen Suchmaschinenbetreiber beantragt. Konkret forderte er dabei die Unterlassung der Anzeige einer bestimmten Seite in den Suchergebnissen bei der Suche nach dem Namen des Antragstellers. Auf dieser Seite befand sich ein Kommentar, der u.a. das Folgende verlautbaren ließ:
„[…] in Sachen Betrug, Erpressung, Nötigung, Beleidigung und Rufmord kennen sie [darunter der Antragsteller] sich bestens aus […]“.
Auch sei der Blogbetreiber ein
„gewöhnlicher Verbrecher […] gleichzusetzen mit Kinderschändern oder Handtaschenräubern“.
Darin sah der Antragsteller unwahre Tatsachenbehauptungen, jedenfalls aber Schmähkritik und forderte, die Anzeige der Seite in den Sucherergebnissen durch den Suchmaschinenbetreiber zu unterlassen. Das Landgericht wies den Antrag ab. Hiergegen wandte sich der Blogbetreiber im Wege der sofortigen Beschwerde, so dass das OLG Dresden zu entscheiden hatte.
Kein quasinegatorischer Unterlassungsanspruch
Dieses bestätigte jedoch die Entscheidung aus der Vorinstanz. So stellt das OLG in seiner Begründung zunächst fest, dass die Suchmaschinenbetreiberin nicht unmittelbare Störerin ist und sich die Inhalte durch die Anzeige des Links in den Suchergebnissen auch nicht zu eigen macht. Nach den Grundsätzen über die Haftung des Betreibers einer Internetsuchmaschine (BGH, Urt. v. 27.02.2018, Az. VI ZR 489/16) komme damit nur dann eine Verhaltenspflicht des Suchmaschinenbetreibers in Betracht,
„wenn er durch einen konkreten Hinweis Kenntnis von einer offensichtlichen und auf den ersten Blick klar erkennbaren Rechtsverletzung erlangt“.
Das war im vorliegenden Fall nach Ansicht des OLG Dresden aber nicht der Fall. Es sei eine Auseinandersetzung mit der Sache noch gegeben und es stehe nicht allein die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund. Allein die polemische oder überspitzte Ausübung von Kritik bedinge eine solche Annahme nicht. Hierbei wertet das OLG die Bezeichnung als Straftäter usw. als zwar ehrverletzend, aber nicht offensichtlich nicht mehr von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt. Anderes gelte grundsätzlich für die Pauschalbeleidigung als Kinderschänder (vgl. OLG Dresden, Urt. v. 05.09.2017, Az. 4 U 682/17). Hier käme es aber nur zu einem Vergleich:
„Der Verfasser stellt damit nicht die Behauptung auf, der Antragsteller habe diese Straftat begangen, sondern stellt das Verhalten des Antragstellers pauschal dem eines Kinderschänders gleich. Dies stellt indes noch keine Schmähkritik dar.“
Der Suchmaschinenbetreiber musste deshalb nicht von schmähkritischen Inhalten ausgehen und ein Unterlassungsanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 BGB analog, Art. 2 Abs. 1 GG analog war nach Auffassung des Senats abzulehnen.
Auch kein Löschungsanspruch nach Art. 17 DSGVO
Im Weiteren sah das OLG Dresden den sachlichen und räumlichen Anwendungsbereich der DSGVO gemäß Art. 2 Abs. 1, 3 Abs. 2, 4 DSGVO als eröffnet an. Folglich hatte es sich auch mit einem etwaigen Löschungsanspruch aus Art. 17 DSGVO (sog. „Recht auf Vergessenwerden“) zu beschäftigten. Ein solcher komme auch beim Entfernen von Links von einer Suchliste in Betracht. Allerdings steht einem solchen Anspruch Art. 17 Abs. 3 lit. a) DSGVO entgegen, sofern die Datenverarbeitung zur Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Information erforderlich ist. Nach Auffassung des Senats kommt es auf Folgendes an:
„Abzuwägen ist [dabei] das Recht des Antragstellers auf Schutz seiner Persönlichkeit gegen das Recht auf Meinungsfreiheit, insbesondere auf das Grundrecht auf Informationszugangsfreiheit“,
Demnach stellt das OLG, analog zu den Ausführungen im Rahmen des quasinegatorischen Unterlassungsanspruchs, in der Begründung auf seine vorherigen Ausführungen zur (nicht gegebenen) Schmähkritik ab und sieht auch einen Löschungsanspruch aus Art. 17 DSGVO nicht gegeben.
Fazit
Mit dem Beschluss des OLG Dresden festigt sich die Rechtsprechung des OLG Frankfurt (Urt. v. 06.09.2018, Az. 16 U 193/17), wonach ein Anspruch auf eine Entfernung aus dem Suchindex nach Art. 17 DSGVO grundsätzlich in Betracht zu ziehen ist. Es ist aber im Einzelfall zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen sowie der Meinungsäußerungs- und Informations(zugangs)freiheit abzuwägen. Dabei fällt nach – im Grunde zu begrüßender – Auffassung beider Gerichte die Rolle von Suchmaschinen bei der Nutzbarmachung des Internets deutlich ins Gewicht. Im Rahmen der Abwägung führt das OLG Dresden zudem an, dass der Antragsteller durch seinen Blog selbst an die Öffentlichkeit getreten war. Gerade als freiberuflich Tätiger müsse man auch mit kritischen Äußerungen zur eigenen Tätigkeit rechnen, die mitunter auch deutlich überspitzt formuliert sein dürfen. Im Ergebnis ist damit ist ein entsprechender Löschungsanspruch aus der DSGVO mehr und mehr anerkannt. Die Gerichte haben aber stets deutlich gemacht, dass auch hier streng gegen die Meinungs- und Informationsfreiheit abzuwägen ist.
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