BGH-Urteil zu Sozialwohnungen
Der Bundesgerichtshof (BGH) Karlsruhe entschied in seinem Urteil vom 08.02.2019, dass Wohnungen nicht dauerhaft als Sozialwohnungen angeboten werden dürfen. Selbst wenn der Neubau dieser Wohnungen einmal öffentlich gefördert wurde, müssen sie Mietern nicht auf Dauer günstig angeboten werden. Das Gleiche gilt auch, wenn eine kommunale Gebietskörperschaft dem Investor Grundstücke günstig übergeben hat (BGH-Urteil vom 08.02.2019, Az.: V ZR 176/17).
Welcher Sachverhalt war Grundlage des Urteils?
Eine Wohnungsgenossenschaft kaufte 1995 von der Stadt Langenhagen Grundstücke und erhielt günstige Kredite zum Bau von Wohnungen. Anschließend errichtete sie auf den erworbenen Grundstücken 52 Sozialwohnungen. Die Stadt Langenhagen ließ sich vertraglich von der Baugesellschaft zusichern, dass eine Sozialbindung des neu erbauten Wohnraums dauerhaft bestehen bleibt. Alle Sozialwohnungen sollten ausschließlich an Personen vermietet werden, die einen Wohnberechtigungsschein vorweisen konnten. Die Vergabe erfolgt bei diesem Personenkreis nach Dringlichkeit, wie zum Beispiel bei drohender Obdachlosigkeit oder aus gesundheitlichen Gründen. Die Klägerin kaufte ein halbes Jahr später die Grundstücke.
Die Klage der Wohnungsgenossenschaft richtete sich gegen die dauerhafte Sozialbindung der Wohnungen und forderte, dass alle Einheiten jetzt frei vermietbar sein sollen. Der Bundesgerichtshof Karlsruhe gab der Klage statt und begründete seine Entscheidung mit dem Hinweis auf das Zweite Wohnungsbaugesetz (II. WoBauG), auf das sich die klagende Wohnungsgenossenschaft berufen hatte. Nach § 88 des WoBauG sollen Zweckbindungen von Wohnraum eine Dauer von 15 Jahren grundsätzlich nicht überschreiten.
Die genannte Passage regelt, dass eine Belegungsdauer von mehr als 15 Jahren möglich sei, wenn Bauland zur Verfügung gestellt wird oder bestimmte Zielgruppen durch günstigen Wohnraum unterstützt werden sollen. Die Vorinstanz, das Oberlandesgericht (OLG) Celle, wies in seinem Urteil unter anderem darauf hin, dass in dem vorliegenden Fall nicht nur ein zinsgünstiges Darlehen gewährt wurde, sondern dass die Kommune auch Baugrund zur Verfügung stellte.
Mit dem jetzt erfolgten Urteil des Bundesgerichtshofs ist diese Rechtsauffassung hinfällig. Der BGH verwies das Verfahren zur erneuten Entscheidung an das OLG Celle zurück. Dort muss jetzt geklärt werden, wie hoch die finanziellen Vorteile, die der Genossenschaft zugestanden wurden, bei Abschluss des Vertrages waren. Daneben muss das OLG sich mit der Frage beschäftigen, wie lange demnach eine Sozialbindung gelten muss.
Sozialwohnungen vermieten – welche Konsequenzen ergeben sich aus dem Urteil?
Schon seit Jahren haben sich Investoren vom sozialen Wohnungsbau abgewendet. Die Ursachen liegen in den ohnehin ausgesprochen niedrigen Zinsen, weshalb Programme der Länder für Bauherren nicht mehr attraktiv waren. Teilweise lagen die Bauzinsen auf dem Kapitalmarkt sogar unter denen von Förderprogrammen. Die Bundesländer können wegen der ab dem Jahr 2020 geltenden Schuldenbremse ihre Wohnungsbauförderprogramme nicht beliebig ausdehnen. Die Vermietung von Sozialwohnungen wird somit zunehmend uninteressant. Zudem stehen auch kommunale Wohnungsgesellschaften unter dem Zwang, solide zu wirtschaften. Auch können Investoren beim Bau von Sozialwohnungen kaum noch Rendite erwirtschaften.
Studien zufolge blieben von ursprünglich 2,1 Millionen Sozialwohnungen, die im Jahr 2003 existierten, bis Ende 2017 noch etwa 1,1 Millionen übrig. Jährlich werden etwa 37.000 bis 50.000 Wohnungen aus der Bindung herausfallen. Immerhin sicherte der Bund 2018 zu, bis 2021 bis zu fünf Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen.
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