Das Oberlandesgericht Karlsruhe verbietet im Urteil vom 29.05.2019 den ersten deutschen Medikamentenautomaten, der zur Ausgabe rezeptpflichtiger Medikamente bereitsteht, aber bereits seit Beginn des Rechtsstreits von der Versandapotheke Doc Morris im Jahre 2017 stillgelegt wurde.

So funktioniert der neue Doc-Morris-Automat

In Deutschland können verschreibungspflichtige Medikamente nur auf zwei bekannte Wege bezogen werden: während der Öffnungszeiten in der Apotheke oder nach tagelangem Warten durch die Versandapotheke. Das Oberlandesgericht Karlsruhe verbot im Mai, den Medikamentenautomaten, den Doc Morris in Hüffenhardt vom 19.07.2017 bis zum 14.06.2017 aufgestellt hatte. Der Automat darf nicht betrieben werden.

An dem Medikamentenautomaten konnten Kunden die verschreibungspflichtigen Rezepte einlösen. Es wurde per Videotelefonie ein Apotheker aus Holland zugeschaltet, der das Rezept live prüft, den Kunden über eine Videoscreen berät und das Rezept freigibt.

Die niederländische Versandapotheke Doc Morris hatte im April 2017 in dem kleinen Dorf bei Heidelberg Deutschlands ersten Medikamentenautomaten in Betrieb genommen. An dem Doc-Morris-Automaten konnten Kunden ihre verschreibungspflichtigen Rezepte direkt einlösen. Ein per Videotelefonie zugeschalteter Apotheker aus den Niederlanden prüfte das eingereichte Rezept live, beriet Kunden über den Videoscreen des Automaten und gab anschließend das verschriebene Rezept frei. Nun förderte ein Laufband das entsprechende Medikament aus dem angeschlossenen Lager des Doc-Morris-Automaten und gab es an den Kunden aus.

Verbotsgründe aus dem Doc-Morris-Urteil

Der Medikamentenautomat wurde nur wenige Tage in Betrieb genommen, bis der Landesapothekerverband Baden-Württemberg einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen Doc Morris einlegt. Das Landgericht Mosbach stimmte dem Antrag zu, da es laut § 73 Abs. 1 Nr. 1a Arzneimittelgesetz allein Apotheken gestattet ist, rezeptpflichtige Medikamente zu verkaufen. Das Landgericht schätzte den Automatenbetrieb als Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz ein.

Die Entscheidung wurde in der zweiten Instanz vom Oberlandesgericht Karlsruhe bestätigt. Als Begründung führte das OLG aus, die niederländische Versandapotheke habe mit dem Medikamentenautomaten unlauteren Wettbewerb betrieben und gegen §3a UWG verstoßen. Nach Doc Morris handele es sich lediglich um die Erweiterung des lizensierten Kerngeschäfts des Unternehmens, nämlich um den erlaubten Versandhandel.

Das OLG folgte dieser Argumentation nicht, da der Versandhandel voraussetzen würde, dass Kunden zunächst die Ware bestellen müssten, wonach sie der Versandhändler verpacken und versenden würde. Beim Automaten wurden die Medikamentenschachteln allerdings schon vor dem Kauf verpackt und ins Automatenlager des Medikamentenautomaten verschickt. Dies sei nicht mal Versandhandel.

Mit dem Doc-Morris-Urteil widersprach das OLG dieser Argumentation, da der Versandhandel, so die Richter, voraussetzen würde, dass Kunden zunächst eine Ware bestellen müssten und der Versandhändler diese erst im Anschluss verpacke und versende. Bei dem Doc-Morris-Automaten jedoch wurden die Medikamentenschachteln bereits im Vorhinein verpackt und ins Automatenlager des Medikamentenautomaten verschickt, sodass der Definition nach, kein Versandhandel vorlag.

Auch keine Ausnahme für strukturschwache Regionen

Das Doc-Morris-Urteil gegen die Medikamentenvergabe des Automaten mag juristisch nachvollziehbar und gut begründet sein. In der Kritik steht jedoch, die Frage, nach der Patientenversorgung in strukturschwachen Regionen. Dort kann der Automat jederzeit Abhilfe schaffen und die unkomplizierte Einlösung der Rezepte gewähren. In Gemeinden ohne Apotheke müssen die Kunden teilweise weite Fahrtwege antreten, um Medikamente zu erhalten. Hier könnten die Medikamentenautomaten ein Versorgungsloch füllen.

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