„Wir wollen bauen“ sagten sie und schauten mich erwartungsvoll an.

Ich blickte in die Gesichter von rüstigen Senioren, die an mich mit dem Wunsch herangetreten waren, ein neues Gemeindezentrum zu bauen. Ihre Gemeinde war überaltert. Sie wünschten sich neues Leben, einen neuen Aufbruch.

Und alles begann mit der Vision eines neuen Gebäudes.

In Wendlingen/Teck entstand ein attraktiver Neubau, in dem schon bei der Einweihung viele junge Menschen saßen. Mittlerweile erreicht die Gemeinde alle Generationen und hat sich deutlich verjüngt.

Die Steine, aus denen das Wendlinger Haus besteht, sind mehr als Steine.

Glaubenssteine.

Für mich sind die Verantwortlichen echte Glaubenshelden.

Sie haben Mut und Vertrauen in einen Gott, der sein Reich durch uns bauen will. Und sie haben Räume geschaffen, in denen Gemeinde neu aufleben konnte.

Als ich vor zehn Jahren mein Ingenieursstudium abgeschlossen hatte und mich ins Berufsleben stürzen wollte, war mir klar: Ich will mehr bauen als Steine. Mein Wunsch war, Räume zu schaffen, in denen Gottesbegegnung stattfindet. Mit dieser Vision bin ich angetreten und habe direkt am ersten Arbeitstag den Bereich „Kirchenbau“ gegründet.

Heute arbeite ich immer noch beim schwäbischen Unternehmen MÖRK. Wir entwickeln, planen und bauen Kirchen und Quartiere – zum Wohnen und Glauben. Bei der Planung denken wir strategisch. Welchen Zweck soll das Gebäude erfüllen? Was soll darin passieren? Wem soll es dienen?

Ehrenamtlich engagiere ich mich im „Jesustreff“ – einer jungen Gemeinde innerhalb der evangelischen Landeskirche in Stuttgart. Die großen Kirchen unseres Landes haben ja offensichtlich zwei Probleme: Sie haben immer weniger Menschen und zu viele Grundstücke und Gebäude.

In beiden Bereichen stelle ich mir deshalb die Frage, wie Kirchen und Gemeinden wieder relevanter in der Gesellschaft werden können. Waren früher die Christen im Land die führenden Künstler, Musiker und Gesellschaftspräger, fristen wir heute eher ein Randdasein. War früher der Kirchturm noch das Zentrum der Stadt, gehen wir heute unter zwischen den Bank- und Bürogebäuden der Stadtkerne. Und das liegt nicht nur an der Höhe der Gebäude.

Wie können wir wieder eine aktivere Rolle spielen im gesellschaftlichen und sozialen Leben der Stadt? Wie können wir wieder dort sein, wo die Menschen sowieso sind? Wie können wir das Evangelium lebendig werden lassen – mitten im Alltag der Menschen unserer Orte?

Jesus sagte ja nicht: „Ziehet euch in eure Kirchen zurück“, sondern“ Gehet hin!“

Wie können wir diesen Auftrag annehmen und umsetzen?

Kürzlich bekam ich den Anruf einer Gemeinde in Süddeutschland. Die Stimme am Telefon sagte: „Wir haben ein Grundstück in der Stadt und den Wunsch, die Gesellschaft zu prägen und Gutes zu tun. Wie kann das gehen?“

Im Planungsprozess merkten wir: Was für eine Chance! Was für ein guter Moment, um wirklich etwas zu wagen. Wir fragten uns: „Was haben wir zu geben? Womit können wir dienen? Was braucht unser Umfeld?“

Zur Zeit entwickeln wir ein architektonisches Konzept für Mehrgenerationen-Wohnen, ein Kindergarten, einen Gemeindesaal und ein Familienzentrum – das alles unter einem Dach.

Wir nennen das Projekt „Mikroquartier“, weil für uns an einem Fleck vieles zusammenkommt. Die Familien bringen ihre Kids zur Kita. Die Senioren finden einen Platz zum Wohnen im Alter. Die Gemeinde feiert Gottesdienste und hat multifunktionale Gemeinderäume. Im Familienzentrum dient die städtische Einrichtung den Sozialbenachteiligten.

Wir wollen damit einen Segensort bauen, der vielen etwas bringt.

Vielleicht ist so etwas gemeint, wenn wir in der Apostelgeschichte über die erste Gemeinde lesen, dass sie „Wohlwollen beim ganzen Volk fanden“. (Apostelgeschichte 2, 47)

Mein Traum ist, dass wir als Christen in unseren Städten einen guten Ruf haben. Dass wir eine neue Öffnung zu unserer Nachbarschaft, zur Stadt, zu den Bedürfnissen der Gesellschaft ermöglichen.

Wie wäre es, wenn wir in unserem Gemeindegebäude in Zukunft ein Café und einen Bio-Markt beherbergen? Wie wäre das, wenn wir ein großes Zentrum nicht nur für uns nutzen, sondern für vielfältige Angebote aus dem Stadtteil? Wie wäre es, wenn wir uns mutig öffnen und ohne Vorbehalte allen Menschen einen Raum geben – für ihr Anliegen, für ihre Not, für ihr Bedürfnis.

Evangelium heißt „Gute Nachricht“ – wie kann die Gute Botschaft von Jesus durch uns hörbar und sichtbar werden? Was bieten wir Gutes für unsere Stadt? Welche Räume öffnen wir? Ich merke, dass die spirituelle Sehnsucht der Menschen ungebrochen ist. Viele suchen Werte und Orientierung mitten in den gesellschaftlichen Veränderungen. Viele wollen wieder echte Begegnungen und Entschleunigung in der überdigitalisierten Welt.

Der Prophet Jeremia schreibt: „Suchet der Stadt Bestes und betet für sie zum HERRN; denn wenn’s ihr wohlgeht, so geht’s euch auch wohl.“ (Jeremia 29,7)

Womöglich ist das gar nicht so schwer, wenn wir unsere „Steine“ neu sortieren.

Was könnte eigentlich Ihr Ding sein? In Ihrem Umfeld? In Ihrem Ort? In ihrer Gemeinde?

Was könnten Sie aus Ihren Steinen machen?

Ich erlebe in meinem Alltag, dass Gebäude inspirieren. Weil sie einen Rahmen bieten und Zuhause sind. Weil sie Möglichkeiten eröffnen und Gemeinschaft generieren. Ich will Sie ermutigen, authentisch zu bleiben, Ihren Werten treu zu bleiben und doch etwas überraschend Neues zu denken: Wie kann Ihr Haus der Stadt dienen? Vielleicht denken Sie dabei an ein Gebäude, das es schon gibt, oder auch an eines, das es noch nicht gibt?

Ich glaube, dass die Ortsgemeinde wirklich die Hoffnung für die Welt ist und deshalb will ich mithelfen, dass sie die Gesellschaft positiv prägt.

Diesen Traum träume ich. Mögen unsere Gebäude mehr sein als Steine. Und mögen wir als Christen damit bei allen einen Stein im Brett haben.

Daniel Kurzius, Jahrgang 1983, wohnt in Stuttgart.
Er ist Teamleiter bei MÖRK und Kirchenbauer aus Leidenschaft.

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