Der verpflichtende Rückruf war durch das KBA bereits im Oktober 2018 mit der Begründung angeordnet worden, dass die eingebauten Systeme zur Reduzierung der Stickoxide in den Abgasen unter anderem schon bei Außentemperaturen unter 17 Grad in ihrer Wirksamkeit gedrosselt würden (sog. Thermofenster). Denn mit solchen Abschalteinrichtungen würden mehr Stickstoffoxide emittiert als nach EU-Recht zulässig. Hiergegen setzte sich der Rüsselsheimer Autobauer erfolglos gerichtlich zur Wehr. Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht hat mit unanfechtbarem Beschluss vom 06.11.2019 die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Schleswig bestätigt, dass die Opel Automobile GmbH verpflichtet ist, Diesel-Fahrzeuge der Modelle Opel Zafira 1.6 und 2.0 CDTi, Opel Cascada 2.0 CDTi und Opel Insignia 2.0 CDTi umgehend zurückzurufen.
Daher gehen seitdem an Tausende von Opel-Besitzern Rückrufschreiben raus. „Auch zahlreiche unserer Mandanten erhielten bereits Post von Opel, womit sie zur Durchführung eines in seiner Wirkungsweise und seinen Folgen nicht näher spezifizierten Software-Updates aufgefordert werden“, berichtet Rechtsanwalt Dr. Hoffmann. Es kristallisiert sich in diesem Zusammenhang immer mehr heraus, dass von dem sogenannten Dieselskandal auch Fahrzeuge betroffen sind, die wohl von den meisten wegen der AdBlue-Technologie bislang als unbedenklich angesehen wurden.
Die Rückrufschreiben haben es in sich. Bereits eingangs wird darauf hingewiesen, dass die Zulassungsbehörde die Betriebsuntersagung des Fahrzeugs einleiten kann, falls das Softwareupdate nicht bis zum 06. März 2020 installiert wird. Nach Auffassung der Nürnberger Kanzlei Dr. Hoffmann & Partner Rechtsanwälte, die eine Vielzahl von Geschädigten im Dieselskandal gegen Autohersteller vertritt, sind mit den Software-Updates indessen nicht unerhebliche Risiken verbunden. „So berichteten viele Autobesitzer von negativen Auswirkungen nach Durchführung der Maßnahme, wie etwa nachlassender Leistung, einem erhöhten Spritverbrauch bis hin zu einer Versottung des Motors“, weiß Rechtsanwalt Göpfert aus der Praxis zu berichten.
Hinzu kommt, dass anders als bei VW-Motoren des Typs EA 189 bei einigen Opel-Motoren im Zweifel durch eine Beweisaufnahme zu klären sein wird, ob und ggf. welche Manipulationen vorgenommen worden sind. Rechtsanwalt Dr. Hoffmann warnt: „Wenn das Software-Update bereits aufgespielt worden ist, dürfte es ungleich schwieriger werden, den Beweis zu erbringen.“ Manche Gerichte meinen ferner, dass aufgrund der Durchführung des Software-Updates kein Schaden bei den Autobesitzern eingetreten sei und weisen deshalb Klagen gegen die Autohersteller ab. Auch wenn diese Rechtsauffassung sicherlich nicht überzeugend ist, resultiert aus den Umrüstungsmaßnahmen auch insoweit ein rechtliches Risiko.
Ein weiteres, wenn nicht für viele Betroffene gar das maßgebliche Problem schildert Opel am Ende der Rückrufschreiben in erfrischender Offenheit gar selbst. Die Opel Automobile GmbH weist darauf hin, dass nach dem Software-Update mit einer AdBlue-Reagens-Tankfüllung lediglich noch rund 3.900 km gefahren werden könne. „Nach den bisherigen Erfahrungen unserer Mandanten werden damit nach der Durchführung des Updates bestenfalls lediglich circa 25 % der bisherigen Reichweite erreicht. Das muss unsere Mandantschaft sicherlich nicht hinnehmen“, erläutert Rechtsanwalt Göpfert.
Es zeigt sich also, dass Autobesitzer das Software-Update nicht vorschnell aufspielen lassen, sondern zuvor und zeitnah rechtlichen Rat einholen sollten. Wenn die „Verbesserungsmaßnahme“ bereits durchgeführt worden ist, sollte man seine Rechte ebenfalls mit aller Konsequenz verfolgen. Erfolgsaussichten für eine Inanspruchnahme von Opel sind vor dem Hintergrund einer Vielzahl von positiven Entscheidungen zugunsten von Geschädigten des Abgasskandals hinreichend gegeben. Gerade wenn Autobesitzer über eine Verkehrsrechtsschutzversicherung verfügen, die bereits vor dem Kauf abgeschlossen worden ist, besteht vielfach ohnehin kein Kostenrisiko.
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