- Versicherer verfügen über zu wenig klare, sozial-ökologische Richtlinien, die regeln, wie die Beiträge der Kund*innen angelegt werden dürfen.
- Anlagestrategien von Lebensversicherern (Allianz, AXA, R+V, Zurich und Debeka ) weisen teils erhebliche Defizite in Bezug auf Klima- und Naturschutz sowie den Ausschluss von Waffen aus.
- Gesetzgeber muss soziale und ökologische Risikoklassen (Mindeststandards) für Finanzprodukte festlegen, die sich u.a. an völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands orientieren.
Niedrigzinsen und sinkende Renditen haben Lebensversicherungen für viele Kund*innen inzwischen unattraktiv gemacht. Doch auch mangelnde Nachhaltigkeit bei Investmententscheidungen der Versicherungen lassen die Produkte der Anbieter zunehmend inakzeptabel erscheinen.
Erstmals hat jetzt die Berliner NGO Facing Finance im Rahmen ihres Projektes Fair Finance Guide die Nachhaltigkeitsrichtlinien von fünf der größten deutschen Lebensversicherungen systematisch anhand von rund 150 Kriterien in Bezug auf ihre Übereinstimmung mit internationalen Nachhaltigkeitsstandards überprüft und teils erschreckende Mängel festgestellt.
Fazit: Was unserer Vorsorge zugutekommt, kann andernorts verheerende Folgen haben, weil es an klaren, sozial-ökologischen Richtlinien mangelt, die regeln, wie die Beiträge der Kund*innen angelegt werden (dürfen).
„Finanzinstrumente und -produkte müssen hierzulande Risikoklassen zugeordnet werden, doch leider gilt dies nur für Verlustpotenziale, nicht aber für soziale und ökologische Risiken, die mit diesen Produkten verbunden sind“, beklagt Thomas Küchenmeister, geschäftsführender Vorstand von Facing Finance.
So weisen die Anlagestrategien aller untersuchten Lebensversicherer (Allianz, AXA, R+V, Zurich und Debeka) teils erhebliche Defizite in Bezug auf fast alle sozial- ökologische Kriterien aus.
„Auch wenn sie sich vielen internationalen Initiativen anschließen, die die Verantwortung des Finanzsektors anerkennen, investieren die Versicherungen immer noch zu stark in Kohle- oder andere kontroverse Unternehmen, die das Klima oder die Umwelt zerstören“, erklärt Julia Dubslaff, die die Untersuchung für Facing Finance durchgeführt hat.
Am besten, aber dennoch nicht zufriedenstellend, fällt das Ergebnis der Allianz Lebensversicherung aus. Ihre Richtlinien entsprechen zu 36% den Kriterien des Fair Finance Guides. Hohe Defizite wurden in den Bereichen Klimaschutz, Naturschutz, Geschlechtergerechtigkeit und Steuern festgestellt. Auch bei den anderen untersuchten Lebensversicherungen Axa (30%), R+V (25%) und Zurich (21%) fallen insbesondere mangelnde Bestimmungen für den Naturschutz und die Geschlechtergleichheit auf. Keine der untersuchten Lebensversicherungen hat sich bisher vollständig von Investitionen in Kohleunternehmen verabschiedet. Die Debeka, die am schlechtesten bewertete Versicherung (16%), hat fast gar keine konkreten Bestimmungen veröffentlicht.
Ähnlich wie die Debaka verweist auch die Alte Leipziger darauf nur in sehr geringem Umfang in Aktien investiert zu sein. Auch die Bewertung der Alten Leipziger fiel ähnlich schlecht aus wie die der Debeka, wobei die Alte Leipziger betonte, gegenwärtig nachhaltige Investment-Richtlinien zu formulieren. Eine offizielle Bewertung der Alten Leipziger erfolgt nach Veröffentlichung der neuen Nachhaltigkeitsrichtlinien.
„Es ist überhaupt nicht nachzuvollziehen, dass alle bisherigen Bundesregierungen aus den völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands keine Finanzierungs- bzw. Investitionsverbote ableiten“, sagt Küchenmeister. So müssen die Kinderrechtskonvention, die Verbote von bestimmten Waffen oder Waffenexporten oder auch das Pariser Klimaabkommen und der damit verbundene Ausstieg aus der fossilen Energiewirtschaft in Mindestkriterien für die Kapitalanlage von Lebensversicherungen einfließen, fordert Küchenmeister. Die Bewertungen sind unter www.fairfinanceguide.de einsehbar.
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