Tschechien liegt gleich nebenan. Trotzdem ist es für die Deutschen in vieler Hinsicht ein unbekanntes Land. Von dem, was im Land geschrieben und gespielt wird, dringt nicht sehr viel nach Deutschland. Dazu trägt auch die große Verschiedenheit der Sprachen bei. Um diese Grenzen zu überwinden, hat die Dresdner Philharmonie drei Musiker aus Prag eingeladen, die die Originalität und musikalische Vielfalt neuer tschechischer Musik unter Beweis stellen werden. Kombiniert werden die Stücke mit der Lesung deutscher und tschechischer Lyrik. Der Komponist und Autor Breier und der tschechische Komponist Peter Graham werden darüber hinaus in einem Gespräch Bezüge zwischen Gelesenem und Gehörtem herstellen.

Peter Graham (Pseudonym für Jaroslav Št‘astný-Pokorný) ist im tschechischen Musikleben eine Gestalt, bei der viele Fäden zusammenlaufen. Seine Musik schöpft aus zahlreichen Quellen, sie stellt ständig überraschende Verbindungen her und kennt kaum stilistische Einschränkungen.

Oskar Loerkes Dichtungen haben fast immer ein Dasein im Verborgenen geführt. Dabei war der Dichter im Kulturleben der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg durchaus sichtbar. Loerke ist oft als Naturlyriker bezeichnet worden, doch wird dieses Etikett seinem viele Themenbereiche umgreifenden Werk kaum gerecht.

Albert Breiers Kompositionsstil hat man als eine Verbindung von Schweben und Strenge bezeichnet. Es handelt sich um eine höchst kontrollierte Musik, die dennoch den Eindruck von Freiheit und Spontaneität vermittelt. Breier ist auch als Schriftsteller tätig. Er ist Autor zweier umfangreicher Studien: „Die Zeit des Sehens und der Raum des Hörens. Ein Versuch über chinesische Malerei und europäische Musik“ sowie „Zahl und Moral. Ein Entwurf“.

Jan Skácel ist einer der wenigen tschechischen Dichter, die auch in Deutschland bekannt geworden sind. Das ist nicht zuletzt das Verdienst der kongenialen Übertragungen Reiner Kunzes. Der Name Skácels ist eng mit der Stadt Brünn verbunden. Viele von Skácels Gedichten schlagen den Bogen vom konkreten, manchmal skurrilen Detail zu Betrachtungen über das Weltganze.

Pavel Zemek-Novák ist einer der bemerkenswertesten und eigenständigsten tschechischen Komponisten. Seine profunde Kenntnis der westlichen Avantgarde hielt Zemek-Novák nicht davon ab, einen ganz persönlichen, keiner bestimmten Ströumg verpflichteten Stil zu entwickeln. Kennzeichnend für viele seiner Werke ist eine Konzentration auf Unisono-Strukturen von großer Originalität.

Die südböhmische Dichterin Jaroslava Kutheilová ist in Deutschland so gut wie unbekannt. Durch eine Krankheit zum Leben in ständiger Zurückgezogenheit gezwungen, hat sie bisher lediglich ein einziges Buch veröffentlicht. Man hat über sie gesagt, sie atme ihre Gedichte buchstäblich aus. Ihre poetischen Bilder gehen auf eine traumwandlerische Weise ineinander über. Klare, fast simple Aussagen wechseln mit komplexen Verknüpfungen von Bildern und Begriffen.

Ondrej Štochl, in Prag geboren, studierte Bratsche und Komposition. Seine Werke umfassen Kammer- und Orchesterstücke, manchmal mit Beteiligung von Stimme und Elektronik. Seine Mikroludien bilden einen noch unabgeschlossenen Zyklus. Es sind kurze, vignettenartige Stücke, die gleichzeitig bildhaft und expressiv wirken.
 
Rudolf Borchardt ist ohne Zweifel einer der sprachmächtigsten deutschen Dichter des 20. Jahrhunderts. Im Zentrum seines Werks steht die Idee einer „schöpferischen Restauration“, einer Wiedergewinnung von Verlorengegangenem oder Bedrohtem mit den Mitteln einer die Zeiten übergreifenden Sprachkraft. Der Dichter verbrachte viele Jahre in Italien. Als Jude war er aber auch dort nach 1933 zunehmend gefährdet.

Tickets für 15 Euro (Schüler, Studierende: 9 Euro) sind über den Ticketservice der Dresdner Philharmomie und an der Abendkasse im Kulturpalast erhältlich.

MO 9. MÄRZ 2020

19.30 Uhr

Kulturpalast, Herkuleskeule

Musik und Lyrik

von Peter Graham, Oskar Loerke, Albert Breier, Jan Skácel, Pavel Zemek Novák, Jaroslava Kutheilová, Ondrej Štochl und Rudolf Borchardt

Programm

Peter Graham (geb. 1952)
Trio für Violine, Viola und Klavier (2017)

Oskar Loerke (1884-1941)

Spiel

Zeitloses Erwachen

Ohne falsche Zeugen

Ohrenklingen in der Winterstille

Albert Breier (geb. 1961)
Zweite Elegie für Viola und Klavier (2018)
Uraufführung

Jan Skácel (1922-1989)

Buchungen auf Weltraumkonten

Rede

Wo wir zu Hause das Salz haben

Pavel Zemek Novák (geb. 1957)
Doteky milosrdenství – Berührungen der Barmherzigkeit für Violine, Viola und Klavier (2017)

Jaroslava Kutheilová

Stille

Von der Zeit angesprochen

Einklang

Die Stimme

Ondřej Štochl (geb. 1975)
Mikroludia für Viola und Klavier (2016)

Rudolf Borchardt

Bellosguardo degli amanti

Albert Breier

Trio für Violine, Viola und Klavier (2016)

Mit einem Gespräch über Musik und Poesie zwischen Peter Graham und Albert Breier.

Trio Helix, Prag:
Tereza Horáková
| Violine
Ondřej Štochl | Viola
Egli Prifti | Klavier
Peter Graham, Albert Breier | Rezitation und Moderation

Auf Einladung der Dresdner Philharmonie

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