Innerhalb weniger Wochen mussten europäische Krebszentren sowohl die Patientenversorgung als auch ihre Forschungsaktivitäten aufgrund der Ausbreitung von COVID-19 anpassen und neu organisieren. Um Krebspatienten zu schützen, mussten Behandlungen individuell an das Infektionsrisiko angepasst und persönliche Kontakte reduziert werden. Gleichzeitig sollte die Versorgung mit allen medizinisch notwendigen Untersuchungen und Therapien so wenig wie möglich beeinträchtigt werden. Laufende klinische Studien wurden geprüft und einzeln bewertet, ob diese fortgesetzt werden können. Eine Reihe von Maßnahmen wurde ergriffen, um auch unter den aufgetretenen Engpässen, beispielsweise für Schutzkleidung, Intensivbetten und Infektionstests, ihren hohen Versorgungsstandard aufrechterhalten zu können.
Sieben führende europäische Krebszentren, darunter das DKFZ gemeinsam mit dem NCT Heidelberg, veröffentlichten nun ihre Erfahrungen mit der Bewältigung der COVID-19-Pandemie in der Fachzeitschrift Nature Medicine. Alle sieben Zentren sind Teil des CCE Netzwerks, das 2014 gegründet wurde, um gemeinsame Forschungsprojekte und klinische Studien durchzuführen. Ziel ist es, innovative Krebstherapien europaweit schneller in die klinische Anwendung zu bringen.
"Angesichts der dynamischen und vielschichtigen Herausforderungen der Pandemie ist ein intensiver Erfahrungsaustausch von besonderer Bedeutung, um in den Zentren des CCE die Kontinuität der Krebsversorgung sicherzustellen. Noch bestehende Unklarheiten werden thematisiert, um sowohl Lösungsansätze als auch offene Forschungsfragen zu diskutieren", erklärt Stefan Fröhling, Geschäftsführender Direktor des NCT Heidelberg und Leiter der Abteilung für Translationale Medizinische Onkologie am DKFZ.
"Die Ergebnisse fließen in Empfehlungen ein, die Krebszentren und Krankenhäuser nutzen können, um ihre Abläufe anzupassen und ,pandemiesicherer‘ zu machen. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die Kooperation mit regionalen und nationalen Netzwerken, um die Versorgung der onkologischen Patienten besser zu bewältigen", sagt Michael Baumann, Wissenschaftlicher Vorstand des DKFZ.
Um eine kontinuierliche Versorgung von onkologischen Patienten während der Corona-Krise sicherzustellen, nennen die Zentren folgende Aspekte für medizinische Einrichtungen:
. Anpassung klinischer Aktivitäten und Strukturen, um Krebspatienten vor einer COVID-19 Erkrankung zu schützen. Dazu gehört auch die Anpassung von Standardroutinen aufgrund von Sicherheitsbedenken.
. Kontinuierliche Kommunikation mit den Patienten und Sicherung der psychosozialen Betreuung
. Qualifiziertes und geschultes Personal sowie ausreichende Kapazitäten, um das eigene Personal auf SARS-CoV-2 zu testen
. Kontinuierliche Bewertung der Behandlungskapazitäten. Abwägung ob alternative, z.B. kürzere Behandlungsschemata oder kurzzeitige Verschiebungen bestimmter Behandlungen angezeigt sind.
. Zusammenarbeit mit regionalen und nationalen Partnern, um die Versorgung von Krebspatienten aufzuteilen
Originalpublikation:
van de Haar, J., Hoes, L.R., Coles, C.E. et al: Caring for patients with cancer in the COVID-19 era. Nature Medicine (2020); https://doi.org/10.1038/s41591-020-0874-8
Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1.300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können.
Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
Gemeinsam mit Partnern aus den Universitätskliniken betreibt das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) an den Standorten Heidelberg und Dresden, in Heidelberg außerdem das Hopp-Kindertumorzentrum KiTZ. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums an den NCT- und den DKTK-Standorten ist ein wichtiger Beitrag, um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Krebspatienten zu verbessern.
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.
Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD)
Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 13.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit fast 2.000 Betten werden jährlich rund 80.000 Patienten voll- und teilstationär und mehr als 1.000.000-mal Patienten ambulant behandelt. Gemeinsam mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum und der Deutschen Krebshilfe hat das Universitätsklinikum Heidelberg das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg etabliert, das führende onkologische Spitzenzentrum in Deutschland. Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit studieren ca. 3.700 angehende Ärztinnen und Ärzte in Heidelberg.
Cancer Core Europe (CCE)
Cancer Core Europe (CCE) ist ein Zusammenschluss von sieben führenden europäischen Krebszentren, die Forschung mit der Patientenversorgung verbinden. CCE wurde 2014 gegründet, um die Entwicklung innovativer Krebstherapien durch enge Zusammenarbeit in der translationalen und klinischen Forschung zu beschleunigen. Die sieben Mitgliedszentren behandeln zusammen jährlich etwa 350.000 Patienten.
Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD), der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg und der Deutschen Krebshilfe. Ziel des NCT ist es, vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung möglichst schnell in die Klinik zu übertragen und damit den Patienten zugutekommen zu lassen. Dies gilt sowohl für die Diagnose als auch die Behandlung, in der Nachsorge oder der Prävention. Die Tumorambulanz ist das Herzstück des NCT. Hier profitieren die Patienten von einem individuellen Therapieplan, den fachübergreifende Expertenrunden, die sogenannten Tumorboards, erstellen. Die Teilnahme an klinischen Studien eröffnet den Zugang zu innovativen Therapien. Das NCT ist somit eine richtungsweisende Plattform zur Übertragung neuer Forschungsergebnisse aus dem Labor in die Klinik. Das NCT kooperiert mit Selbsthilfegruppen und unterstützt diese in ihrer Arbeit. Seit 2015 hat das NCT Heidelberg in Dresden einen Partnerstandort. In Heidelberg wurde 2017 das Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) gegründet. Die Kinderonkologen am KiTZ arbeiten in gemeinsamen Strukturen mit dem NCT Heidelberg zusammen.
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