Nach Ansicht der Kliniken muss in diesem Orientierungsrahmen auf der Bundesebene zum einen der Umfang der für COVID-19-Patienten freizuhaltenden Allgemein- und Intensivbetten und zum anderen die Priorisierung für stationär aufzunehmende Patienten außerhalb des COVID-19-Geschehens festgelegt werden. „Es ist wichtig, dass das Personal zum Betreiben der für COVID-19-Patienten freigehaltenen Betten kurzfristig einsatzbereit sein muss. Und wir benötigen hausindividuell ein Maximum an Infektionsprävention, wenn wir wieder in die Regelversorgung einsteigen. Das beinhaltet auch, Behandlungsbereiche räumlich zu trennen“, so Gaß.
Selbstverständlich haben die Krankenhäuser die Behandlung für die Patientinnen und Patienten mit dringendem medizinischen Behandlungsbedarf in der ersten Phase der Pandemie sichergestellt und werden es auch weiterhin tun. Vorrangig muss nun die Versorgung für drei Gruppen ins Auge gefasst werden:
- Patienten, bei denen eine Verschiebung der Behandlung die Lebenserwartung verkürzen würde, auch im Verdachtsfall
- Patienten, bei denen eine Verschiebung der Behandlung zu einer dauerhaften und unverhältnismäßigen Funktionseinschränkung führen würde, auch im Verdachtsfall
- Patienten mit deutlich lebensqualitätseinschränkenden Symptomen.
Das Konzept der DKG findet sich in einem 10-Punkte-Plan wieder:
1. Sofort erforderliche Behandlungsmöglichkeiten müssen jederzeit freigehalten werden
Das absehbare Infektionsgeschehen führt auch bei stabilem Verlauf mittelfristig dazu, dass ein stationärer Versorgungsbedarf besteht. Für diese Situation halten die Krankenhäuser einen Teil ihrer Behandlungsbetten für COVID-19-Patienten frei. Diese Vorgabe zur Freihaltung gilt insbesondere für Intensivbehandlungsbetten mit Beatmungsmöglichkeit. Für alle Krankenhäuser, die über entsprechende Behandlungsmöglichkeiten verfügen und im DIVI-Register gelistet sind, gilt die Vorgabe, 20 Prozent ihrer Intensivbehandlungsbetten mit Beatmungsmöglichkeit freizuhalten.
2. Das jeweils aktuelle Infektionsgeschehen erfordert eine dynamische Steuerung der Belegung in den Kliniken
Über die grundsätzlichen Freihaltevorgaben hinaus sollen die Krankenhäuser in der Lage sein, innerhalb von 72 Stunden weitere Behandlungskapazitäten für COVID-19-Patienten zu organisieren, wenn es der Anstieg der Reproduktionsrate bei den Infektionen erfordert.
3. Rehakliniken nehmen ihren regulären Betrieb wieder auf
Im Zuge der ersten Infektionswelle hat sich gezeigt, dass die Behandlungskapazitäten in den Akutkrankenhäusern ausreichend sind, um die aus dem zurückliegenden Infektionsgeschehen entstehende Krankheitslast zu versorgen.
4. Stationäre Pflegeeinrichtungen brauchen Unterstützung im Umgang mit Corona-positiven Bewohner und Verdachtsfällen
Die Pflegeheime müssen auch mittelfristig mit der besonderen Herausforderung zurechtkommen, die Isolierung von Verdachtsfällen und Corona-positiven Bewohnern ohne starke Symptome zu organisieren. Konkrete Unterstützung können am ehesten die regionalen Netzwerkstrukturen gewähren, an denen sich die Kliniken aktiv beteiligen werden.
5. Ambulante Behandlungen flächendeckend wieder aufnehmen
Patienten, die mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht stationär aufgenommen werden müssen, können wieder in vollem Umfang behandelt werden.
6. Europäische Solidarität und Unterstützung soll weiterhin möglich sein
Eine Aufnahme von COVID-19-Patienten aus EU-Ländern mit überforderten Gesundheitssystemen ist politisch und humanitär grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings muss dabei auch beachtet werden, dass im Rahmen der Daseinsvorsorge für die eigene Bevölkerung ausreichend viele Intensivbetten vorgehalten werden.
7. Alle Kliniken leisten ein Maximum an Infektionsprävention gemäß den Vorgaben des RKI
Die Krankenhäuser organisieren ihr Versorgungsgeschehen unter der Prämisse einer maximalen Infektionsprävention zum Schutz der Patientinnen und Patienten und ihrer eigenen Beschäftigten.
8. Besondere Teststrategien müssen die Arbeit der Krankenhäuser unterstützen und dienen dem Schutz von Patienten und Mitarbeitern
Zur Vermeidung der Ausbreitung der Infektionen innerhalb der Krankenhäuser brauchen die Kliniken eine besondere Teststrategie, um positive Patienten und Mitarbeiter sehr frühzeitig zu erkennen und die geeigneten Maßnahmen zu ergreifen. Diese sollte das RKI entwickeln und bundesweit einheitlich vorgeben, und sie müssen refinanziert werden.
9. Die Finanzierung der Krankenhäuser muss auf die abgestimmte Balance zwischen Bereitschaft und Versorgung angepasst werden
Für die erste Phase der Pandemie bis zunächst Ende September 2020 hat der Gesetzgeber einen finanziellen Rettungsschirm als Instrument zur wirtschaftlichen Stabilität der Krankenhäuser implementiert. Es braucht aber neben der kurzfristigen Überprüfung auch Finanzierungsinstrumente, die mittelfristig angelegt sind. Klar ist, dass eine rein leistungsbezogene Vergütung über DRGs und Pflegesätze diesen Aufgaben nicht gerecht wird.
10. In den einzelnen Ländern sind diese Eckpunkte konkret auszugestalten und bei besonderen Versorgungslagen anzupassen
Das Versorgungsgeschehen und die Verfügbarkeit der Ressourcen sind in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich. Dies erfordert auch regionale Konzepte und Reaktionen. Die vorgenannten Positionen dienen deshalb der Orientierung, sind aber am konkreten Bedarf auszurichten.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) ist der Dachverband der Krankenhausträger in Deutschland. Sie vertritt die Interessen der 28 Mitglieder – 16 Landesverbände und 12 Spitzenverbände – in der Bundes- und EU-Politik und nimmt ihr gesetzlich übertragene Aufgaben wahr. Die 1.942 Krankenhäuser versorgen jährlich 19,4 Millionen stationäre Patienten und rund 20 Millionen ambulante Behandlungsfälle mit 1,2 Millionen Mitarbeitern. Bei 97 Milliarden Euro Jahresumsatz in deutschen Krankenhäusern handelt die DKG für einen maßgeblichen Wirtschaftsfaktor im Gesundheitswesen.
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