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Inselkammer: „Stufenweises „Wiederhochfahren“ muss beschlossen werden“ / „Um überhaupt die Krise überleben zu können, brauchen wir dringend und schnellstmöglich einen Hilfsfonds mit direkten Finanzhilfen für alle Betriebstypen.“ / „Ohne Hotellerie und Gastronomie wird unser Leben ärmer, wir sind nicht nur systemrelevant sondern lebensrelevant“

Im Vorfeld der Beratungen der Bund-Länder-Konferenz am 6. Mai schlägt Angela Inselkammer, Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA Bayern, Alarm: „Die schockierenden Arbeitsmarktzahlen belegen die dramatische Situation unserer Branche.“ So stieg der Zugang in die Arbeitslosigkeit im deutschen Gastgewerbe im April um 208 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Das ist die höchste Steigerung aller Branchen der deutschen Wirtschaft. Auch bei der Kurzarbeit sind die Zahlen in Gastronomie und Hotellerie dramatisch hoch. „Waren im Februar deutschlandweit 173 Mitarbeiter in Kurzarbeit, so wurden im März und April für über eine Million Beschäftigte Kurzarbeit angezeigt“, so Inselkammer. Damit sind insgesamt mehr als 95 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Gastgewerbe betroffen.

„Die Reduzierung der Umsatzsteuer war ein enorm wichtiger Schritt, die Überlebensfähigkeit der Branche zu sichern“, erläutert Inselkammer, „Hierfür sind wir sehr dankbar.“ Die Maßnahme wird aber erst zum Tragen kommen, wenn die Betriebe wieder Umsätze machen dürfen.

„Jetzt brauchen wir angesichts des bevorstehenden Wiederhochfahrens in Österreich sowie andiskutierten Öffnungen deutscher Bundesländer dringend eine Perspektive, wann unsere Betriebe wieder für ihre Gäste da sein dürfen. Hier darf es keine Benachteiligung Bayerns geben.“ Unter Berücksichtigung der Verantwortung für die Gesundheit von Gästen, Mitarbeitern und Unternehmerfamilien ist es geboten, am kommenden Mittwoch ein stufenweises „Wiederhochfahren“ der Branche zu beschließen. Insbesondere die in den Regierungen aktuell diskutierten Voraussetzungen der Öffnung von Restaurants bzw. Gaststätten mit Sitzplätzen, der Außengastronomie sowie touristischen Übernachtungsmöglichkeiten müssen angegangen werden. Alle Maßnahmen müssen gleichzeitig einen überlebensfähigen Umsatz garantieren. Inselkammer: „Gleiche Fragestellungen müssen einheitlich für alle Betriebstypen geregelt werden. Betriebe sollen öffnen dürfen, wenn und soweit sie die definierten Standards einhalten können, unabhängig von willkürlich gewählten Abgrenzungen wie Betriebsgrößen oder Öffnungszeiten.“ Insbesondere eine Eingrenzung der Öffnungszeiten wäre kontraproduktiv, da sie der wünschenswerten Entzerrung der Gästenachfrage entgegenstehen und zugleich die Zeit, in der Umsätze erarbeitet werden können, unnötig beschränken würde.

Eine Öffnung wäre auch deshalb gerechtfertigt, da über den Arbeitsschutzstandard SARS-CoV-2 für viele Bereiche inzwischen verbindliche Vorgaben existieren. Diese wurden darüber hinaus für das Gastgewerbe nochmals durch die Berufsgenossenschaft BGN in entsprechende Branchenstandards für den Arbeitsschutz umgesetzt. Mittlerweile liegen auch eine entsprechende Gefährdungsbeurteilung sowie Pandemieplanung vor. Zusätzlich zu anderen Branchen kommen im Gastgewerbe noch weitere Konzepte zu tragen, insbesondere die jeweiligen betrieblichen HACCPKonzepte. Diese Struktur hat sich über Jahre bewährt und wird sich auch in ergänzter Form zu Coronazeiten bewähren. Das bedeutet auch, dass der Gesetzgeber nicht jedes Detail regeln muss, geschweige denn kann.

„Bis es aber los geht und vor allem für die Betriebe, die aus Gesundheitsgründen unfreiwillig erst später öffnen dürfen, brauchen wir dringend und schnellstmöglich einen Hilfsfonds mit direkten Finanzhilfen für alle Betriebstypen“, erläutert Angela Inselkammer: „Unsere Branche hat nicht aufgrund individueller Fehler Umsatzeinbrüche zu verzeichnen, sondern die Betriebe wurden geschlossen, um die Gesundheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Da ist ein verzweifelter Hilfeschrei nach staatlichen Mitteln keine Bittstellerei, sondern die einzige Möglichkeit, eine ganze Branche zu retten.“

„Am Mittwoch müssen Entscheidungen hinsichtlich Eröffnungstermin und Rettungsfonds beschlossen werden“, fordert Inselkammer, „sonst werden wir ein massenhaftes und flächendeckendes Sterben von Hotellerie und Gastronomie erleben, was dauerhafte Auswirkungen auf unsere Wirtschaft und Kultur haben wird.“

Die Bedeutung des Gastgewerbes ist vielen aufgrund seiner extremen Kleinteiligkeit nicht bewusst. „Wenn man an Gastgewerbe denkt, denken viele an ihr kleines Lieblingslokal um die Ecke“, erläutert Inselkammer. Was viele nicht bedenken, sind die in Summe enormen Beschäftigungszahlen „aller kleinen Lieblingslokale“: Allein in Bayern sichern Hotellerie und Gastronomie in über 40.000 Betrieben 447.000 Menschen ihre Erwerbstätigkeit. Das ist jeder 17. Erwerbstätige des Freistaates. Rechnet man die rund 150.000 direkt dem Gastgewerbe zuordenbaren Arbeitsplätze in anderen Bereichen hinzu, ist sogar jeder 13. im Gastgewerbe tätig. Zudem lernt beinahe jeder 10. Auszubildende Bayerns einen Ausbildungsberuf in Hotellerie und Gastronomie.

Das Gastgewerbe ist mittlerweile mit der wichtigste regionale Wirtschaftsmotor. Es ist Garant einer positiven ländlichen Entwicklung, man findet gastgewerbliche Betriebe in allen Regionen, auch dort, wo sich andere Branchen zum Teil seit Jahren zurückgezogen haben. Zudem sind Hotel- und Gastronomiebetriebe absolut standorttreu. Sie produzieren vor Ort und sind zwingend auf regionale Produzenten, Handwerker und Dienstleister vor Ort angewiesen. Die Branche ist außerdem die Grundvoraussetzung für den Tourismus, nach der Industrie Bayerns zweitwichtigste Leitökonomie. Ganz davon abgesehen ist das Vorhandensein gastgewerblicher Betriebe bei der Wohn- wie Standortwahl ein entscheidender Faktor. Und nicht zuletzt kommen gastgewerblichen Betrieben auch in soziokultureller Hinsicht eine wichtige Bedeutung zu. Restaurants und Wirtshäuser haben eine ganz besondere Rolle hinsichtlich des Zusammenlebens der Bevölkerung inne. „Ohne Hotellerie und Gastronomie wird unser Leben ärmer, wir sind nicht nur systemrelevant sondern lebensrelevant“, so das Fazit von Angela Inselkammer.

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