Changing Cities und das Netzwerk Fahrradfreundliches Treptow-Köpenick bildeten gestern auf der dreispurigen B96a am S-Bahnhof Schöneweide einen menschlichen Schutz für Radfahrende und protestierten damit gegen die äußerst mangelhafte Radinfrastruktur im Bezirk. In der heutigen BVV wird über einen Verkehrsversuch abgestimmt, der entlang der B96a temporäre Radverkehrsanlagen einrichten soll.

„Die Corona-Pandemie setzt die Bezirkspolitik unter Druck. Denn die Menschen müssen ansteckungsfrei in die Innenstadt fahren können. Auch die Politiker*innen wissen, dass mehr Kfz-Verkehr zu mehr Staus, zu mehr Luftverschmutzung und Lärm führt. Die Erwartungen an die BVV sind deswegen sehr hoch: Alles so lassen wie bisher und einen Verkehrsinfarkt durch noch mehr Kfz-Verkehr riskieren oder dem Rad- und Fußverkehr mehr Platz einräumen?“, fragt Sophie Lattke, im Vorstand von Changing Cities.

Als vor 16 Jahren die Autobahn A113 im Südosten Berlins eröffnet wurde, versprach man den Bürger*innen hoch und heilig, dass die B96a zwischen Treptow und Grünau anschließend in eine normale, menschenfreundliche Hauptstraße zurückgebaut werden würde. Seitdem ist nichts passiert.

Die B96a führt knapp 15 km lang durch den Bezirk.Bisher will die Verwaltung nur zwischen der Einmündung Fennstraße und dem S-Bahnhof Adlershof auf gerade mal 2,6 km die Anzahl der Fahrbahnen in beiden Richtungen von sechs auf vier reduzieren und die übrigen zwei Fahrspuren dem Radverkehr zusprechen. Auf dem Straßenabschnitt zwischen dem Treptower Park und dem S-Bahnhof Schöneweide sind sehr viele Radfahrende unterwegs. Es gibt zwar Radwege entlang der Bundesstraße, diese befinden sich jedoch in einem katastrophalen Zustand. Besonders in Zeiten von Abstandsregeln wegen Pandemie-Maßnahmen sind diese völlig unzureichend – und der Radverkehr soll weiter zunehmen. Zu Fuß Gehende haben keine Chance sich hier mit dem nötigen Sicherheitsabstand zu begegnen.

„Wir fordern die verantwortlichen Bezirkspolitiker*innen dazu auf, die Gesundheit der Bürger*innen höher zu priorisieren. Wir wissen, dass aufgrund der Luftverschmutzung das COVID-19-Virus ein leichteres Spiel hat, weil viele Menschen unter Vorerkrankungen der Atemwege leiden. Wir brauchen für die kommenden Monate eine Strategie. Wir begrüßen den Vorschlag, einen zweijährigen Verkehrsversuch mit einer temporären Radverkehrsanlage durchzuführen, wohlwissend, dass das nur der Anfang sein kann“, so Ragnhild Sørensen, Pressesprecherin bei Changing Cities.

Weiterführende Links:

Informationen zum Netzwerk Fahrradfreundliches Treptow-Köpenick: https://www.fahrradtk.de/

Informationen zu Changing Cities e. V.: https://changing-cities.org

Informationen zum Volksentscheid Fahrrad: https://volksentscheid-fahrrad.de

Über den Changing Cities e.V.

Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.

Über die Initiative Volksentscheid Fahrrad, ein Projekt von Changing Cities: Hinter dem Volksentscheid stehen Engagierte, Mobilitätsexpert*innen, Demokratie-Retter*innen und Fahrrad-Enthusiast*innen. Ein 10-Punkte-Plan des geplanten Gesetzes benannte konkrete Maßnahmen, jährliche Zielsetzungen und eine Umsetzungsverpflichtung innerhalb von acht Jahren. Der Volksentscheid Fahrrad wurde Berlins schnellster Volksentscheid: Der Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens wurde innerhalb von nur dreieinhalb Wochen von 105.425 Berliner*innen unterschrieben – 7% der Wähler*innenstimmen. Die neue Koalition sagte darauf zu, alle Ziele und Forderungen zu übernehmen. Am 28. Juni 2018 verabschiedete der Berliner Senat Deutschlands erstes Mobilitätsgesetz. Jährlich werden nun mehr als 50 Mio. Euro in die Radwege investiert.

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