Thomas Limberger | Peter Nußbaum, Vorstand IWS

„Ein Konjunkturpaket von historischem Ausmaß: Die Bundesregierung setzt mit dem Milliardenpaket ein kurzfristiges Signal, die Selbstheilungskräfte der deutschen Wirtschaft wieder anzukurbeln. Aber ist es auch mutig? Die wesentlichen Prioritäten wie Nachhaltigkeit und Klimaschutz bleiben im Fokus. Die Schlagwörter der Stunde sind die Wiedergewinnung von Optimismus und Vertrauen: Doch kann die Erholung der Wirtschaft mit all ihren Hindernissen gezielt, insbesondere in der dringend notwendigen Entlastung der privaten Haushalte, nachhaltig aufgebaut werden? Ist das der richtige Weg? Der IWS würde an dieser Stelle nachhaltige Steuerreformen für ALLE als Konjunkturmotor sehen.

Der fragwürdige Jubel ist groß über das, was verhindert wurde: Keine Kaufprämie für Verbrennungsmotoren. Keine Vermögenssteuer zur Finanzierung, keine Steuersenkung für Reiche beim Soli. Die zeitweise Senkung der Mehrwertsteuer zeigt sich einerseits als mutiger Schritt, den Konsum zu stützen, auch wenn noch vollkommen unklar ist, wie 7,3 Millionen Kurzarbeiter die Lust am Konsum befeuern sollen – ob und wie viel davon in der Gesellschaft aktiv umgesetzt werden kann, bleibt fraglich. Eine nachhaltige Einkommenssteuersenkung wäre ein klares Signal pro Konsum und somit auch pro Bürger. Es gibt viele gute Beispiele, siehe Schweiz, wo, aufgrund von Niedrigsteuern, der Lebensstandard und mit diesem die Lebensqualität ein ausgewogenes Konsumverhalten fördern. An dieser Stelle fragt sich der IWS, warum die positiven innereuropäischen Beispiele parteiübergreifend konstant ignoriert werden. Sparen sollten wir nicht durch Steuererhöhungen, sondern klare und nachhaltige Senkung des Bundes- und Landesbudgets aller Ministerien und Ressorts.

Woran es vor allen Dingen strategisch mangelt, ist ein Weitblick in starke öffentliche Investitionen, allem voran Digitalisierung, Forschung und Infrastruktur, um die deutsche Wirtschaft zukunftsfähig zu machen und das Wachstumspotential langfristig zu erhöhen.

Der IWS begrüßt ausdrücklich die optimierten Abschreibungsbedingungen und die Ausweitung der steuerlichen Forschungsförderung. Wenn die Politik wirklich das Tempo erhöht, ergibt sich Potenzial, den Lauf gegen die Auswirkungen der Pandemie für unser Land aufzuholen. Aber: Die Ungewissheit bleibt, ob mit dem teuren Hoffnungspaket der Plan aufgeht.“

Prof. Dr. Federico Foders, Präsident IWS

„Nach vorliegenden Prognosen wird die deutsche Wirtschaft tiefer ins Minus rutschen als bei der Finanzkrise 2009. Ein Konjunkturpaket sollte der Wirtschaft helfen, Investitionspläne aus der Schublade zu nehmen und sich auf ein nachhaltiges und emissionsfreies Wachstum auszurichten und die Digitalisierung zu beschleunigen. Dafür ist eine Steuersenkung erforderlich. Die Bundesregierung hat in ihrem Konjunkturpaket die Mehrwertsteuer gesenkt, und zwar nur vorübergehend. Unternehmer und Unternehmen brauchen eine etwas andere Steuerreform: Abschaffung der EEG-Umlage, der Stromsteuer und des Solidaritätszuschlags. Senkung des Spitzensteuersatzes von 42 % und Anpassung der Körperschaftssteuer, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. Ferner Abschaffung der Gewerbesteuer und Ersatz durch eine Beteiligung der Kommunen an der Einkommens-, Körperschaft- und Mehrwertsteuer.“

Prof. Dr. Kooths, Präsidium IWS:

„Das Konjunkturpaket (130 Mrd. Euro für zwei Jahre) ist nicht rein additiv zu den bisherigen Hilfsprogrammen zu werten. So sind etwa aus dem Ende Mai ausgelaufenen Zuschussprogramm für kleine Unternehmen und Selbständige (Solidaritätsfonds) von 50 Mrd. Euro bislang nur etwa ein Viertel abgeflossen. Auch die umfangreichen Liquiditätshilfen wurden bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Die Vielzahl von Maßnahmen sind nur zum kleinen Teil darauf angelegt, dass die bereits beschlossenen Liquiditätshilfen auch sachgerecht in Anspruch genommen werden können. Zu begrüßen ist der Anspruch, Sonderprogramme für einzelne Branchen zu vermeiden, die Vielzahl der Einzelmaßnahmen läuft diesem Ziel allerdings zuwider. Die unmittelbaren Unternehmenshilfen (25 Mrd. Euro) gehen zwar grundsätzlich in die richtige Richtung, setzen aber an Umsatzschwellen und Betriebsgrößen an und setzen z. T. kontraproduktive Anreize. Das ist nicht der große Wurf. Weniger (Kleinteiligeit) wäre mehr (Stabilität) gewesen.

In dem Maße, wie das Programm auf das Anschieben des Konsums abzielt (Mwst-Senkung, Kinderboni), adressiert es nicht das Kernproblem in der Corona-Krise. Bereits ohne die nun beschlossenen Maßnahmen zeigen sich die Masseneinkommen stabil und stützen damit kaufkraftseitig die Konjunktur. Der Einbruch des Konsums geht vielmehr auf mangelnde Konsummöglichkeiten zurück. So schwillt die Ersparnis der privaten Haushalte im laufenden Jahr um über 120 Milliarden Euro an, die Sparquote erreicht in der Spitze (zweites Quartal) mit über 20 Prozent einen historisch einmaligen Spitzenwert. Der weitaus überwiegende Teil davon ist zurückgestaute Kaufkraft, weil die privaten Haushalte ihr Einkommen infolge der Corona-Schutzmaßnahmen keine Käufe tätigen konnten. Diese zurückgestaute Kaufkraft wird sich in Konsumnachfrage entladen, sobald die Verhältnisse es zulassen. In dem Maße, wie nur Konsum aus 2021 nach 2020 vorgezogen wird, treten JoJo-Effekte auf, die nicht stabilisierend wirken, weil die Krisenfolgen auch in 2021 noch deutlich zu spüren sind und dann die Käufe fehlen werden. Fazit: Das Konjunkturpaket ist zu konsumlastig, zu kleinteilig, nicht zielgenau und zu wenig robust gegen einen ungünstigen Pandemieverlauf.“

Thomas Henn, Senator IWS

„Begrüßenswert ist die Erkenntnis der Bundesregierung, dass in der Forstwirtschaft dringender Unterstützungsbedarf besteht. Die Auswirkungen der Dürren der letzten Jahre zeigen sich für jeden in der nachhaltigen Veränderung des Landschaftsbildes. Den damit einhergehenden Ertragsausfällen wird durch die Fördermaßnahme teilweise Rechnung getragen. Vielmehr müssten jedoch die bereitstehenden Mittel direkt in die Aufforstung gesteckt werden. Vermissen lässt sich zudem eine unmittelbare Unterstützung der Acker- und Viehwirtschaft. Die Förderung des Um- und Ausbaus von Stallanlage zur Verbesserung des Tierwohls ist absolut erforderlich und richtig, federt aber die bisher aufgetretenen und sich durch die Corona-Pandemie noch verstärkenden wirtschaftlichen Schäden nicht ab.

Die Acker- und Viehwirtschaft hat durch die anhaltenden Dürreperioden der letzten Jahre ebenso wie auch die Forstwirtschaft starke Ernteausfälle zu verkraften. Durch die mit der Dürre einhergehenden steigenden Produktions- und Futterkosten sind gerade Viehwirtschaftsbetriebe seit Jahren starken wirtschaftlichen Mehrbelastungen ausgesetzt. Bei Ackerbaubetrieben kommt es, durch die im Rahmen von Corona erforderlichen Einschränkung der Reisefreiheit, zu Engpässen bei Erntehelfern und damit zu teilweise existenzbedrohenden Ernteausfällen. Auch die im Rahmen der Corona-Pandemie festgestellten aktuellen Probleme bei fleischverarbeitenden Betrieben werden auf die Viehwirtschaft erhebliche Auswirkung haben. Es ist davon auszugehen, dass die lohnbedingten Produktionskosten mit dem Verbot der Beauftragung von Subunternehmern steigen werden. Dabei ist sicherlich nicht damit zu rechnen, dass diese Kostensteigerung ausschließlich an die Verbraucher weitergegeben werden können. Vielmehr werden die Produktionsbetriebe diese nicht voll durch höhere Verkaufspreise an den Einzelhandel kompensieren können, sodass letztlich mit einer Verringerung der Verkaufspreise beim jeweiligen Erzeuger zu rechnen ist. Somit wird es auch hier zu weiteren Einbußen in der Viehwirtschaft kommen. Es wäre daher anzudenken, auch hier geeignete Unterstützungsmaßnahmen der Urproduktionsbetrieb in Acker- und Viehwirtschaft in Erwägung zu ziehen. Mehrbelastungen in der Landwirtschaft führen zu Einschränkungen und erforderlichen Ersparnissen, die letztlich auch einer nachhaltigeren, tiergerechteren und ökologischeren Ausrichtung der Landwirtschat entgegen stehen könnten.“

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