Eine ungeahnte Pleitewelle rollt an. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie hat sich die Lage für das Busgewerbe derart zugespitzt, dass die Branchenverbände bdo, gbk und RDA ihre Mitglieder innerhalb kurzer Zeit bereits zu einem 2. Aktionstag rufen müssen. Die Bundesregierung hatte den Unternehmen mit dem Verbot von Busreisen am 17. März die Geschäftsgrundlage entzogen. Seitdem folgen Neustarts in den Bundesländern mit teils drastischen Auflagen, die ein Arbeiten unmöglich machen.
Auf die unermüdlichen Hilferufe von Unternehmern, die für die Verbindung touristischer Wertschöpfungsketten und den Wiederaufbau eines europaweiten Reiseverkehrs nach der Corona-Krise unverzichtbar sind, hat die Politik bisher nicht angemessen reagiert.
Zum drohenden Aus für hunderte Traditionsbetriebe in der Bustouristik und die Versäumnisse der bisherigen Rettungspolitik sagt Karl Hülsmann, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Omnibusunternehmer (bdo): „Das aktuelle Konjunkturpaket ist für die Busbranche eine große Enttäuschung: Statt der notwendigen Soforthilfe in Höhe von mindestens 170 Millionen Euro für das fast drei Monate währende Komplettverbot aller Reisebusfahrten, will man die Betroffenen mit Überbrückungshilfen abspeisen, die viel zu kurz und viel zu niedrig angesetzt wurden. Die Reisebusunternehmen sind schwerer und länger betroffen als fast alle anderen Wirtschaftszweige. Sie müssen jetzt endlich gerettet werden. Dabei geht es auch um die fast 240.000 Arbeitsplätze, die direkt und indirekt vom Bustourismus abhängen.“
Dass die Reisebeschränkungen in Europa nach und nach gelockert werden, kann die drohende Pleitewelle in der Bustouristik auch nicht abwenden. Zumal der Flickenteppich an Terminen und Auflagen den zeitnahen Start und die betriebswirtschaftlich sinnvolle Kalkulation von Busreisen verhindert. Mit der Aufweichung der Insolvenzregeln wird nach Auffassung von Benedikt Esser nur die Statistik geschönt. „Für die Busunternehmer, die mit KfW-Krediten in die unverschuldete Überschuldung getrieben werden, ist es schon fünf nach zwölf“, stellt der Präsident des RDA Internationaler Bustouristik Verband fest. Die Versäumnisse der Politik muss nach seiner Auffassung nicht nur der Mittelstand ausbaden. Denn mit dem Verschwinden traditioneller Familienbetriebe, von denen viele auf eine hundertjährige Geschichte zurückblicken können, geht auch eine historisch gewachsene Reisekultur zugrunde. „Und das werden vor allem die ländlichen Regionen schmerzhaft zu spüren bekommen“, fürchtet Esser.
Hermann Meyering kritisiert die Ungleichbehandlung der Verkehrsmittel, die den Reisebus beim Neustart nach der Corona-Krise benachteiligt. „Während Bahn und Flieger ihre Beförderungskapazitäten voll auslasten dürfen, werden die Betreiber von Reisebussen immer noch mit kleinlichen Abstandsregeln gegängelt“, ärgert sich der Vorsitzende der Gütegemeinschaft Buskomfort (gbk). „Diese Ungerechtigkeit gipfelt darin, dass die Deutsche Bahn und die Lufthansa mit milliardenschweren Hilfsprogrammen gesponsert werden. Dagegen muss die Bustouristik darum betteln, ihre Vorhaltekosten und die Fixkosten für abgesagte Busreisen erstattet zu bekommen.“ Damit verspielt die Regierung laut Meyering auch die Chance, mit dem klimafreundlichen Reisebus nachhaltige Mobilität nach vorne zu bringen.
Orientiert sich die Berliner Regierungskoalition bei der Verteilung von Hilfsgeldern endlich an der ökonomischen, ökologischen und sozialen Relevanz der Bustouristik? Darauf wollen die Demonstranten, die sich am Mittwoch vor dem Brandenburger Tor zu einer Kundgebung versammeln, von der Bundesregierung eine Antwort hören. Die Kanzlerin wurde auch zum Dialog mit der Busbranche, die sich nicht mehr mit Floskeln und leeren Versprechungen zufrieden gibt, eingeladen. Auf Ebene der Bundesländer unterstützen die Verbände zudem Klagen auf Schadensersatz für die Einnahmeausfälle während des staatlich verordneten Busstillstands.
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