Das Magazin „FOTOGRAFIE. Zeitschrift internationaler Fotokunst“ und sein Herausgeber Wolfgang Schulz stehen im Mittelpunkt der Sonderausstellung, mit der das Museum für Fotografie nach Corona-bedingter Schließung am 25. Juni 2020 wiedereröffnet. Die Ausstellung beleuchtet anhand von rund 240 Arbeiten von Wolfgang Schulz und anderer Fotograf*innen eine wichtige Zeit des Umbruchs in der Geschichte der westdeutschen Fotografie.

In den Jahren um 1980 erlangte die Fotografie einen neuen Stellenwert im Kunstbetrieb. Neue fotografische Herangehensweisen wurden erprobt, Museen begannen, sich für das Medium zu interessieren, erste Fotogalerien wurden gegründet, 1977 hatte die Fotografie auf der documenta ihren ersten großen Auftritt, und es wurden Zeitschriften gegründet. Ausgangspunkt der Ausstellung zu dieser spannenden Umbruchszeit ist das Magazin „FOTOGRAFIE. Zeitschrift internationaler Fotokunst“ (später „Fotografie: Kultur jetzt“), das zwischen 1977 und 1985 vierzigmal erschien und von Wolfgang Schulz herausgegeben wurde.

Das Magazin entwickelte sich schnell zu einem viel beachteten, häufig umstrittenen überregionalen Szeneblatt: ein überaus lebendiges Forum für einen weitverzweigten Aufbruch, in dem Kunstkommerz noch keine prägende Rolle spielte. Wolfgang Schulz versuchte, sich festschreibenden Normen zu entziehen und verfolgte als Redakteur der Zeitschrift wie auch als Fotograf, der ein beachtliches Werk geschaffen hat, sehr unterschiedliche Stile und Sujets. Die Zeitschrift scheint heute beinahe vollständig vergessen. Doch die Leistungen des Herausgebers und der beitragenden Autor*innen und Fotograf*innen verdienen es, genauer betrachtet zu werden. Die von ihnen gefundene Mischung aus Bildern und Texten ist eine bedeutende Quelle zur Erkundung einer fotografischen Szene, die um 1980 mit Nachdruck an der Etablierung der Fotografie als einer eigenständigen Kunstform arbeitete.

Das Projekt ist ein erster Versuch, ein wichtiges Stück Fotogeschichte in Westdeutschland wiederzuentdecken. Die Ausstellung gliedert sich in vier Abschnitte: Sie würdigt das fotografische Werk von Wolfgang Schulz aus der Zeit um 1980, stellt Werke verschiedener Fotograf*innen vor, deren Arbeit prägend für die Jahre um 1980 wurde, präsentiert alle vierzig Ausgaben der Zeitschrift „Fotografie“ (die in ihrem Nebeneinander ein eindrucksvolles gestalterisches Panorama ergeben) und lässt in Video-Interviews Zeitzeugen im Sinne einer „Oral History“ zu Wort kommen.

Wolfgang Schulz war nicht nur Herausgeber dieser Zeitschrift, sondern auch ein bemerkenswerter Fotograf. Er versuchte sich festschreibenden Normen zu entziehen und verfolgte unterschiedliche Stile und Sujets. So folgte er bei seinen Irland-Bildern der erzählerischen Tradition der Bildreportage, erstellte aber auch eine streng dokumentarisch anmutende Typologie von Scheunen und deren Erscheinungsformen. Mit einer Serie über Unterholz wendete er sich dem Unspektakulären zu und er porträtierte seinen Freundeskreis und die Fotoszene, die bei ihm ein- und ausging. Die Ausstellung zeigt zum ersten Mal überhaupt die fotografischen Arbeiten von Wolfgang Schulz aus der Zeit um 1980.

Vorgestellt wird außerdem eine breite Auswahl von Werken der in der Zeitschrift vertretenen Fotograf*innen aus der Sammlung des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg und von zahlreichen weiteren Leihgebern. Ihre Arbeiten stehen stellvertretend für die verschiedenen Konzepte und künstlerischen Ansätze und lassen die fotografische Szene jener Zeit in Ausschnitten lebendig werden. Die Fotografien stammen von Hans Christian Adam, Gosbert Adler, Dieter Appelt, Heiner Blum, Joachim Brohm, Dörte Eißfeldt, Verena von Gagern, André Gelpke, Dagmar Hartig, Andreas Horlitz, Hans-Martin Küsters, Reinhard Matz, Angela Neuke, Heinrich Riebesehl, Wilhelm Schürmann, Holger Stumpf, Ulrich Tillmann/Wolfgang Vollmer, Petra Wittmar und Miron Zownir

Die Ausstellung wird kuratiert von Reinhard Matz, Steffen Siegel und Bernd Stiegler in Zusammenarbeit mit Esther Ruelfs, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg. Für die Ausstellungsstation in Berlin wurde sie in Zusammenarbeit mit Ludger Derenthal, Kunstbibliothek, erweitert.

Zur Ausstellung ist bereits ein Katalog bei Spector Books, Leipzig erschienen: 240 Seiten, ISBN: 9783959052825, Buchhandelspreis: 28 €.

Das Museum für Fotografie öffnet nach Corona-bedingter Schließung am Donnerstag, 25. Juni 2020, mit Sonderöffnungszeiten von Donnerstag bis Sonntag von 11 bis 20 Uhr wieder. Die ursprüngliche Laufzeit der Sonderausstellung „FOTOGRAFIE. Wolfgang Schulz und die Fotoszene um 1980“ (4. April bis 19. Juli 2020) wurde auf  25. Juni bis 11. Oktober 2020 verschoben. Die Helmut Newton Stiftung verlängert die Laufzeit iher Sonderausstellung „Body Performance“ bis 20. September 2020.

Die Anzahl der zeitgleich im Museum zugelassenen Besucher*innen ist begrenzt, das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung ebenso verpflichtend wie die Einhaltung des Mindestabstands von 1,5 Metern. Um Schlangenbildungen vor Ort zu vermeiden, ist der Besuch ausschließlich mit einem Zeitfensterticket möglich. Es wird empfohlen, Tickets im Vorfeld online zu buchen: www.smb.museum/tickets.

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