Am "Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung", der weltweit auch als "Weltflüchtlingstag" begangen wird, erinnerte die Union der Vertriebenen und Flüchtlinge in der CDU Baden-Württemberg in den vergangen Jahren gemeinsam mit dem Bund der Vertriebenen Baden-Württemberg und der Jungen Union Baden-Württemberg in einer Veranstaltung im Großen Kursaal in Stuttgart-Bad Cannstatt an die Opfer von Flucht und Vertreibung und diskutierte in ihren "Stuttgarter Gesprächen" über die aktuelle Situation der Flüchtlingspolitik. Aufgrund der Corona-Pandemie musste jedoch in diesem Jahr dieses traditionelle „Stuttgarter Gespräch“ ausfallen und so sprach die Landesvorsitzende der Union der Vertriebenen und Flüchtlinge in der CDU Baden-Württemberg und des Bundes der Vertriebenen Baden-Württemberg, Stadträtin Iris Ripsam MdB a.D. in diesem Jahr im Rahmen einer Kranzniederlegung des Bundes der Vertriebenen Baden-Württemberg am Denkmal für die Opfer von Flucht und Vertreibung beim Kursaal in Stuttgart-Bad Cannstatt.

Zu der von Bläsern der „Siebenbürgisch Sächsischen Blaskapelle Stuttgart“ musikalisch umrahmten Veranstaltung, konnte der Landesgeschäftsführer des Bundes der Vertriebenen Baden-Württemberg, Hartmut Liebscher, dann auch wieder zahlreiche Ehrengäste begrüßen, zu denen auch der CDU-Landtagsabgeordnete Konrad Epple, die ehemalige CDU-Landtagsabgeordnete Andrea Krueger, CDU-Alt-Regionalrat Hans-Werner Carlhoff und Ministerialrat Dr. Stefan Lehr aus dem Innenministerium Baden-Württemberg zählten.

UdVF-Landesvorsitzende Iris Ripsam erinnerte in ihrer Ansprache zunächst an die Vertreibung am Ende des Zweiten Weltkrieges, bei der 15 Millionen Menschen ihre Heimat, ihre Familien oder auch ihr Leben verloren haben. An diesem Gedenktag werde aber auch im Rahmen des „Weltflüchtlingstages“ an die aktuelle Situation von Flucht und Vertreibung gedacht, die gegenwärtig mit über 70 Millionen Menschen auf der Flucht, weltweit eine unvorstellbare Zahl an Flüchtlingen erreicht habe, wovon die Hälfte der flüchtenden Menschen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sind.

In ihrer Rede, die über YouTube live weltweit übertragen wurde, erwähnte die Stuttgarter CDU-Stadträtin auch die während der Vertreibung erfolgten An- und Übergriffe gegenüber den deutschen Heimatvertriebenen und erinnerte daran, dass über 2 Millionen Menschen aufgrund von Flucht und Vertreibung ihr Leben verloren haben. Das Leid und die Erfahrungen aus dem Schicksal der deutschen Heimatvertriebenen dürfe deshalb nicht vergessen werden, so die Christdemokratin weiter, die sich für eine Stärkung der Erinnerungskultur ausspricht und dabei auch die Betrachtung der deutschen Kultur-und Siedlungsgeschichte im östlichen Europa wachhalten möchte. „Für uns steht der Gedanke von Versöhnung  und Verständigung im Mittelpunkt“, machte Iris Ripsam deutlich und erwähnte in diesem Zusammenhang die Aufnahme von Aussiedlern und Spätaussiedlern und deren Integration in Deutschland. Auch gehöre Flucht und Vertreibung zur deutschen und europäischen Geschichte und so müssten die Erfahrungen der Geflüchteten, der Vertriebenen und der deutschen Minderheiten gehört und die Erinnerung und Kultur gepflegt werden. Daraus müsse natürlich gelernt werden, so die Christdemokratin, die auch das aktuelle Thema der Migration und Integration in ihrer Rede nicht unerwähnt ließ. Dazu brauche es nach Meinung der Politikerin konstruktive, humane und europäische Antworten, die den Menschen gerecht wird und Integration gelingen lässt.

Zum Abschluss erinnerte Ministerialrat Dr. Stefan Lehr vom Innenministerium Baden-Württemberg in einem Grußwort an die herausragende Bedeutung der „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“, mit der die Vertriebenen den Weg dazu freigemacht hätten, dass Deutschland mit allen seinen Nachbarn, stabile und friedliche Beziehungen pflegen kann.

Helmut Heisig

– UdVF-Baden-Württemberg –

Fototexte:

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Kranzniederlegung zum Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung am 20.Juni 2020 am Denkmal für die Opfer von Flucht und Vertreibung beim Kursaal in Stuttgart-Bad Cannstatt:

v.l.n.r.: Ministerialrat Dr. Stefan Lehr vom Innenministerium Baden-Württemberg, die Landesvorsitzende der Union der Vertriebenen und Flüchtlinge in der CDU Baden-Württemberg und des Bundes der Vertriebenen Baden-Württemberg, CDU-Stadträtin Iris Ripsam MdB a.D., der Landesvorsitzende der Landsmannschaft der Deutschen aus Ungarn, Joschi Ament, der CDU-Landtagsabgeordnete Konrad Epple, die ehemalige CDU-Landtagsabgeordnete Andrea Krueger, der Landesgeschäftsführer des Bundes der Vertriebenen Baden-Württemberg, Hartmut Liebscher und der Bundesgeschäftsführer des Bessarabiendeutschen Verein e.V., Günther Vossler.

Fotos: Helmut Heisig

Über Sudetendeutsche Landsmannschaft Landesgruppe e. V

Sudetendeutsche Landsmannschaft Landesverband Baden-Württemberg e.V.

Wir vertreten die im Land Baden-Württemberg wohnenden Sudetendeutschen.

Die Nachfahren jener Deutschen, die vor mehr als 800 Jahren in den sogenannten "Böhmischen Ländern", nämlich in Böhmen, Mähren und dem südlichen Teil Schlesiens (diese Länder bilden heute die "Tschechische Republik") ansässig geworden sind, wurden in diesem Jahrhundert unter dem Sammelnamen "Sudetendeutsche" bekannt.

1945/46 wurden 3,2 Millionen von den insgesamt 3,5 Millionen Sudetendeutschen aus ihrer Heimat vertrieben, ihr Eigentum wurde entschädigungslos konfisziert. Konfiskation und Vertreibung waren begleitet von blutigen Exzessen. Grundlage dieser gegen Menschen- und Völkerrecht verstoßenden "ethnischen Säuberung" bildeten Dekrete, die vom damaligen tschechoslowakischen Staatspräsidenten Edvard Beneš erlassen worden waren und die heute noch gültig sind.

Rund 600 000 dieser vertriebenen Sudetendeutschen kamen nach Baden-Württemberg, wo sie sich eine neue Existenz aufbauten und in das wirtschaftliche, gesellschaftliche, kulturelle und politische Leben eingegliedert wurden. Sie fanden sich in zahlreichen Vereinigungen zusammen, deren Grundlage ganz verschiedenartig war: Herkunftsgebiete, politische oder kulturelle Interessen, Freizeitgestaltung, berufliche Gemeinsamkeiten und manches mehr.

Jeder 15. Einwohner Baden-Württembergs ist Sudetendeutscher. Heute gibt es in Europa und Übersee insgesamt rund 3,8 Millionen Sudetendeutsche. Rund 600 000 von ihnen kamen im Zuge der Vertreibung aus ihrer Heimat nach dem 2.Weltkrieg nach Baden-Württemberg. Gemeinsam mit der einheimischen Bevölkerung trugen sie in der Nachkriegszeit zum Wiederaufbau des Landes bei. Durch ihre Stimmabgabe bei der Volksabstimmung 1952 waren sie wesentlich am Zustandekommen des "Südweststaates" beteiligt. Die für Baden-Württemberg kennzeichnende Ausgewogenheit zwischen großen Weltfirmen, Mittel- und Kleinbetrieben hat die wirtschaftliche Eingliederung der Sudetendeutschen und die Gründung neuer Werke und Fabriken durch sudetendeutsche Unternehmer in besonderem Maße erleichtert. Stellvertretend dafür seien genannt die Autofirma Porsche in Stuttgart, die Wiesenthal-Glashütte in Schwäbisch Gmünd, die Aluminium-Hütte Grohmann in Bisingen,die Maschinenfabrik Panhans in Sigmaringen, die Papierwerke Zechel in Reilingen,das Pharmawerk Merckle in Blaubeuren, dazu zahlreiche weitere mittlere und kleinere Betriebe.

27 Städte und Gemeinden Baden-Württembergs übernahmen Patenschaften über sudetendeutsche Kreise, Gemeinden und Landschaften. Insgesamt 24 kulturelle sudetendeutsche Einrichtungen – wissenschaftliche Gesellschaften, Archive, Büchereien, Sammlungen, Heimatstuben – wurden durch eigene Kraft der Sudetendeutschen und mit Hilfe öffentlicher Stellen in Baden-Württemberg aufgebaut.

Aus dem kulturellen Leben des Landes sind manche Namen von Sudetendeutschen nicht mehr wegzudenken, wie z. B. der Bildhauer Prof. Otto H. Hajek, die Tänzerin Birgit Keil, die Komponisten Karl-Michael Komma und Widmar Hader, der weltbekannte Posaunist Armin Rosin, die Dirigenten Wolfgang G. Hofmann und Emmerich Smola, die Malerin Traude Teodorescu-Klein oder der Dichter und Schriftsteller Josef Mühlberger – um nur einige wenige stellvertretend zu nennen.

Das Sudetenland im Vergleich zur Fläche einzelner deutscher Bundesländer

Bayern 70550 km2
Baden-Württemberg 35750 km2
Sudetenland 26500 km2
Hessen 21100 km2
Schleswig-Holstein 15700 km2
Saarland 2600 km2

Die kulturelle Verflechtung der Sudetendeutschen mit den übrigen deutschen Ländern und Landschaften ist seit Jahrhunderten eng und vielgestaltig.

Beispiele sind: Der schwäbische Baumeister Peter Parler aus Schwäbisch Gmünd, der im 14. Jahrhundert u. a. den Veitsdom in Prag erbaute, oder der aus dem Egerland kommende Barockbaumeister Balthasar Neumann, der nicht nur die Würzburger Residenz, sondern z. B. auch berühmte Treppenhäuser in Brühl und Bruchsal schuf. Auch andere Namen, herausgegriffen aus einer großen Zahl, beweisen den lebendigen Anteil, den die Deutschen aus den böhmischen Ländern am geistigen Leben des gesamten deutschen Volkes hatten und haben: Der Komponist Johann Wenzel Stamitz aus Deutsch-Brod beispielsweise, der später in Mannheim wirkte, Vinzenz Prießnitz und Johann Schroth, die großen Naturheiler, der Brünner Abt Gregor Mendel, dessen Vererbungslehre zur Grundlage moderner Genetik wurde, die Friedensnobelpreis-Trägerin Bertha von Suttner, die Dichter Rainer Maria Rilke, Adalbert Stifter, Marie von Ebner-Eschenbach, die Maler Alfred Kubin oder Ferdinand Staeger, aber auch die Bamberger Symphoniker, die nach der Vertreibung aus den "Prager Deutschen Philharmonikern" hervorgegangen waren, oder auch der Schriftsteller Otfried Preußler aus Reichenberg, dessen "Räuber Hotzenplotz" und "Kleine Hexe" heute Millionen Kinder und Erwachsene erfreuen.

Die Organisationen der Sudetendeutschen spiegeln in ihrer Vielfalt und Vielschichtigkeit das Leben und die Interessen der Angehörigen dieser Volksgruppe wider. Im politischen, kulturellen, wissenschaftlichen, wirtschaftlichen, beruflichen, sozialen und gesellschaftlichen Bereich gibt es sudetendeutsche Zusammenschlüsse, aber auch auf Generationsebene und im Bereich der Freizeitgestaltung.

In Baden-Württemberg gibt es heute 27 größere sudetendeutsche Vereinigungen, von denen viele noch Untergliederungen auf Orts- und Kreisebene haben.

Mehrere sudetendeutsche Zeitschriften werden in Baden-Württemberg herausgegeben, ebenso haben verschiedene sudetendeutsche Stiftungen, Institute und Gesellschaften ihren Sitz in diesem Lande.

Die Sudetendeutschen im Vergleich zur Einwohnerzahl verschiedener Staaten

Norwegen 4,1 Mio
Sudetendeutsche 3,8 Mio
Irland 3,3 Mio
Albanien 2,7 Mio
Luxemburg 0,36 Mio
Island 0,23 Mio

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