Trotz des aktuellen Fokus auf der Corona-Pandemie dürfen wir in dieser Krise nicht all die Patienten vergessen, die mit anderen schwerwiegenden Krankheiten zu kämpfen haben. Natürlich müssen für solche Fälle weiterhin wichtige klinische Studien durchgeführt werden. Denn diese dienen dazu, die Sicherheit, Verträglichkeit und Wirksamkeit neuer Behandlungsmöglichkeiten zu untersuchen oder bereits vorhandene Behandlungsmethoden weiter zu verbessern. Für manche Patienten klingt es zunächst riskant, an einer solchen Studie teilzunehmen. Für andere bietet eine Teilnahme aber auch die letzte Chance auf eine mögliche Verbesserung ihrer Situation. Unsere Interviewpartnerin Elke Redante hat sich darauf eingelassen und am Ende davon profitiert.

Die heute 52-Jährige erkrankte vor acht Jahren an einem Zungengrundkarzinom, einer Krebsart. Zuerst hatte sie ein Fremdkörpergefühl im Hals, dann bekam sie immer weniger Luft und am Ende konnte sie kaum noch schlucken. Doch bis zur richtigen Diagnose dauerte es. „Es verging ein gutes halbes Jahr, bis einer der vielen Ärzte, die ich aufgesucht hatte, erkannte, was es tatsächlich war“, erinnert sich die sportbegeisterte Frau, die in der Nähe von Rüsselsheim lebt. „Wegen des weit fortgeschrittenen Stadiums war eine Operation nicht mehr möglich.“

Elke Redante war entschlossen zu kämpfen. Nach ausführlicher Information, Beratung und Zweitmeinung fasste die Marathonläuferin den Entschluss zur Teilnahme an einer klinischen Studie. „Bei dieser neuen Therapie wurden drei verschiedene Behandlungen –Chemotherapie,   Bestrahlung und Anikörper-Medikament –  kombiniert. Dass es vier Monate lang und hart würde, wusste ich früh“, erzählt Elke Redante. „Doch ich war fest davon überzeugt, von der neuesten Forschung profitieren zu können und damit die aussichtsreichste Behandlung zu erhalten.“

Klinische Studien – neue Behandlungsmöglichkeiten

In klinischen Studien untersuchen Mediziner in erster Linie die Sicherheit, Verträglichkeit und Wirksamkeit neuer Behandlungsmöglichkeiten. Auch sollen dadurch bereits vorhandene Behandlungsmethoden weiter verbessert werden, um so die Wissenschaft voranzutreiben. Auf der Suche nach der richtigen Krebstherapie kann dies eine Chance bieten, länger zu leben oder sogar vielleicht geheilt zu werden. „Denn die Studienteilnehmer können unter Umständen von neuen Medikamenten profitieren, die noch nicht auf dem Markt sind. Und im besten Fall wirkt das neue Medikament bei diesen Patienten“, erklärt PD Dr. Martin Wermke, Onkologe am Universitätsklinikum Dresden. Er führt eine neuartige Blutkrebsstudie mit dem Titel INITIAL-TCR durch – entwickelt von dem deutschen Biotechnologie-Unternehmen Medigene AG aus Martinsried (nahe München). Mit dieser Immuntherapie wird ein völlig neuartiger Ansatz bei der Behandlung bestimmter Leukämieerkrankungen untersucht: Körpereigene T-Zellen werden gezielt verändert, damit sie ausschließlich Tumorzellen angreifen und zerstören – gesundes Gewebe soll nicht geschädigt werden.

Angehörige zu Gesprächen mitbringen

Wie bei dieser klinischen Blutkrebsstudie folgen alle anderen Studien auch strengen Ein- und Ausschlusskriterien, sodass nicht jeder Erkrankte als Teilnehmer in Frage kommt. Das Alter oder ein insgesamt schlechter gesundheitlicher Zustand etwa können dagegensprechen. Zu den Aufklärungsgesprächen mit Medizinern ist es ratsam, Angehörige oder Freunde mitzubringen – einer allein vergisst vielleicht eher etwas. Und möglicherweise hilft die Meinung vertrauter Menschen bei der Entscheidungsfindung für oder gegen eine Teilnahme. Neben Chancen gilt es, mögliche Risiken abzuwägen, betont der Onkologe Wermke: „Für Patienten ist es wichtig, zu erfahren, welche möglichen Nebenwirkungen ein Studienmedikament haben kann und wie gut die Nebenwirkungen bekannt sind.“

Der Weg zur passenden klinischen Studie

Eine Studienteilnahme kann sehr zeitaufwändig sein. Neben Krankenhausaufenthalten und regelmäßigen Untersuchungen ist womöglich mit langen Anfahrtswegen zu rechnen. Auch Elke Redante hatte überlegt, ob sie 100 Kilometer für eine Strecke nach Heidelberg tatsächlich in Kauf nehmen möchte und hat es am Ende doch organisiert bekommen, mit Unterstützung durch ihren Mann.

Sie hatte die Studienteilnahme vom Uniklinikum Heidelberg angeboten bekommen, als sie dort eine Zweitmeinung einholte. In anderen Fällen weisen niedergelassene, für die betreffende Erkrankung zuständige Ärzte auf mögliche Studienzentren hin und stellen den Kontakt her. Informationen über laufende klinische Studien bietet auch der Krebsinformationsdienst. Man kann sich auch auf der englischsprachigen Website https://www.clinicaltrials.gov/ informieren, bei der fast alle Studien weltweit gelistet sind.

Erste klinische Studie zur TCR-Therapie

Die klinische Blutkrebsstudie INICIAL-TCR läuft in Deutschland außer in Dresden aktuell an acht weiteren Unikliniken. Erkrankte mit akuter myeloischer Leukämie (AML) oder dem myelodysplastischen Syndrom (MDS), die als „austherapiert“ gelten, könnten an der klinischen Studie teilnehmen. Informationen zur Studie, zu den jeweiligen Studienzentren der INITIAL-TCR-Studie sowie die wichtigsten Antworten auf häufig gestellte Fragen sind hier zu finden: www.blutkrebs-studie.de

Den Krebs überwunden

Für Elke Redante indessen hat ihre Teilnahme an der klinischen Studie zur Behandlung des Zungengrundkarzinoms alles zum Guten gewendet. „Heute ist bei mir von Krebs weit und breit nichts mehr zu sehen“, freut sie sich. Nur ganz so kraftvoll wie früher fühlt sie sich nicht mehr. Außerdem muss sie langsamer essen und trinken. Ihr Tipp für schwer erkrankte Patienten: „Ich würde jedem in einer ähnlichen Situation dazu raten, sich zunächst umfassend zu informieren. Und bei einer passenden klinischen Studie auf jeden Fall mitzumachen – falls man es, zum Beispiel mit der Fahrerei, irgendwie hinbekommt.“

Über Medigene AG
Die Medigene AG (FWB: MDG1, ISIN DE000A1X3W00, Prime Standard, SDAX) ist ein börsennotiertes Biotechnologieunternehmen mit Hauptsitz in Martinsried bei München. Das Unternehmen entwickelt hoch innovative Immuntherapien zur Behandlung verschiedener Formen und Stadien von Krebs. Medigene konzentriert sich auf personalisierte T-Zell-basierte Therapien mit dem Fokus auf T-Zell-Rezeptormodifizierten T-Zellen (TCR-Ts) und hat entsprechende Projekte in der präklinischen und klinischen Entwicklung.
Weitere Informationen unter http://www.medigene.de

Über die TCR-basierte Therapie
Die TCR-T-Zell-Technologie zielt darauf ab, die bestehende Toleranz gegenüber Krebszellen und die tumorinduzierte Immunsuppression im Organismus des Patienten zu überwinden. Dazu werden körpereigene T-Zellen des Patienten außerhalb des Körpers (ex vivo) mit tumorspezifischen rekombinanten T-Zell-Rezeptoren (TCRs) ausgestattet. Die bezüglich ihres Rezeptors modifizierten T-Zellen sind dadurch in der Lage, Tumorzellen spezifisch zu erkennen und wirksam zu zerstören. Medigene baut eine Pipeline rekombinanter T-Zell-Rezeptoren auf und kooperiert mit bluebird bio, Inc. für die Entwicklung von sechs TCR-Ts.

Über die Studie CD-TCR-001
Die Phase I/II-Studie (NCT03503968; EudraCT Number: 2017-000440-18) mit MDG1011 ist die erste klinische Studie mit einer TCR-T-Therapie in Deutschland. Bei MDG10011 handelt es sich um PRAME-TZell-Rezeptor-Gen-modifizierte autologe T-Zellen.

Im Phase I-Teil der Studie werden 12 Blutkrebspatienten behandelt, die an AML, MDS oder MM in fortgeschrittenem Stadium leiden und zuvor bereits mehrere Standard-Therapien durchlaufen haben. Die Expression von PRAME auf den Tumorzellen sowie das Blutmerkmal HLA-A*02:01-positiv sind weitere Voraussetzungen für die Teilnahme an dieser multizentrischen, offenen Dosis-Eskalations-Studie. Die Patienten erhalten vor der Infusion der TCR-modifizierten Zellen eine Vorbehandlung mit Cyclophosphamid und Fludarabin. Nach der vollständigen Behandlung aller Patienten einer Dosiskohorte und einer vierwöchigen Beobachtungsperiode zur Sicherheit wird ein unabhängiges „Data Safety and Monitoring Board“ (DSMB) über den Start der nächsten Dosisgruppe entscheiden. Die primären Endpunkte für den Phase-I-Teil sind Sicherheit und Durchführbarkeit, welche nach drei Monaten beurteilt werden, bei einer Nachbeobachtungszeit von insgesamt bis zu 12 Monaten.

Im Phase-II-Teil werden voraussichtlich zwei der drei Indikationen nach einer positiven DSMB-Empfehlung zur Sicherheit von MDG1011 und einer Überprüfung durch die zuständige Behörde und der zentralen Ethikkommission weiter untersucht. Dazu werden 40 HLA-A*02:01 und PRAME-positive Patienten mit MDG1011 behandelt (je 20 pro Indikation). Weitere 40 Patienten, die positiv für PRAME, aber negativ für HLA-A*02:01 sind, werden in die Kontrollgruppen eingeschlossen (je 20 pro Indikation). Die Therapie der Kontrollgruppe bestimmt der behandelnde Arzt. Co-primäre Endpunkte des Phase-II-Teils sind Sicherheit und vorläufige Wirksamkeit, gemessen als Gesamtansprechrate (ORR) nach 3 Monaten.

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