Kann das Querkeilwalzen die Eigenschaften eines Werkstoffs verbessern? Dieser Frage gehen Wissenschaftler am Institut für Integrierte Produktion Hannover (IPH) gGmbH im Forschungsprojekt „Feinkornwalzen“ nach. Ihr Ziel ist es, mittels eines einfachen Walzprozesses ein ultrafeines Gefüge einzustellen und so die Festigkeit und Duktilität von Stahlbauteilen zu erhöhen.

Beim Querkeilwalzverfahren werden üblicherweise Vorformen für Bauteile hergestellt, die anschließend im Schmiedeprozess ausgeformt werden. Welche Möglichkeiten das Querkeilwalzen noch bietet, erproben die Ingenieurwissenschaftler des IPH im neuen Forschungsprojekt „Feinkornwalzen“.

Die Wissenschaftler wollen durch das Walzen nicht die Geometrie der Bauteile verändern, sondern die Gefügestruktur. Diese Veränderung ist nicht mit bloßem Auge ersichtlich: Ein Zylinder bleibt ein Zylinder. Der Unterschied steckt im Inneren des Werkstücks. Die kleinen Partikel, aus denen der Werkstoff besteht, werden zu einem ultrafeinen Gefüge gewalzt. Das hat den Vorteil, dass das Material eine höhere Festigkeit und Duktilität aufweist. Damit ist es möglich, kleinere und leichtere Bauteile zu konstruieren, die trotzdem hohen Belastungen standhalten – beispielsweise für den Leichtbau.

Um ein ultrafeines Gefüge einzustellen, werden bisher zum Beispiel Verfahren wie „Equal Channel Angular Extrusion“ (ECAE) und „High Pressure Torsion“ (HPT) genutzt. Diese können allerdings nur schwer in bestehende industrielle Fertigungsketten implementiert werden, da sie spezielle Maschinen benötigen und mit einem hohen zeitlichen Aufwand verbunden sind. Mit dem Feinkornwalzen wollen die IPH-Ingenieure eine Möglichkeit schaffen, mit bestehenden Querkeilwalzanlangen die Werkstoffeigenschaften zu verbessern. Schmiedeunternehmen könnten damit hohe Anschaffungskosten vermeiden und das Feinkornwalzen flexibel in schon bestehende Produktionsabläufe integrieren.

Derzeit legen die IPH-Ingenieure einen Querkeilwalzprozess aus, der zwar das Gefüge verändert, aber nicht die Geometrie des Bauteils. Anschließend untersuchen sie in Simulationsstudien und Experimenten, welche Parameter einen Einfluss auf den Prozess des Feinkornwalzens haben. Dazu variieren sie beispielsweise den Schulterwinkel, den Keilwinkel, die Umformgeschwindigkeit und die Temperatur des Werkstoffs sowie des Werkzeugs. Zudem untersuchen die Wissenschaftler, wie sich das Gefüge verändert, wenn das Bauteil nach dem Walzen in Öl, Wasser oder an der Luft abgekühlt wird. Ziel der Forscher ist es, aus den untersuchten Parameterkombinationen ein Prozessfenster abzuleiten, das einen Walzprozess ermöglicht, bei dem sich das Gefüge wie gewünscht verändert und die Korngröße nach dem Walzen im ultrafeinkörnigen Bereich liegt.

Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert und läuft zwei Jahre.

Über die IPH – Institut für Integrierte Produktion Hannover gemeinnützige GmbH

Das Institut für Integrierte Produktion Hannover (IPH) gemeinnützige GmbH forscht und entwickelt auf dem Gebiet der Produktionstechnik. Gegründet wurde das Unternehmen 1988 aus der Leibniz Universität Hannover heraus. Das IPH bietet Forschung und Entwicklung, Beratung und Qualifizierung rund um die Themen Prozesstechnik, Produktionsautomatisierung, Logistik und XXL-Produkte. Zu seinen Kunden zählen Unternehmen aus den Branchen Werkzeug- und Formenbau, Maschinen- und Anlagenbau, Luft- und Raumfahrt und der Automobil-, Elektro- und Schmiedeindustrie.

Das Unternehmen hat seinen Sitz im Wissenschaftspark Marienwerder im Nordwesten von Hannover und beschäftigt aktuell ca. 70 Mitarbeiter, etwa 30 davon als wissenschaftliches Personal.

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