In einer eben erschienenen internationalen Studie warnen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, darunter auch Prof. Ingolf Kühn vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), vor den zunehmenden negativen Auswirkungen gebietsfremder invasiver Tier- und Pflanzenarten auf die biologische Vielfalt und die Leistungen der Ökosysteme. Vor allem eine verbesserte internationale Zusammenarbeit sei notwendig, um die Einbringung weiterer Arten zu verhindern, neue Vorkommen zu ermitteln und vorhandene zu kontrollieren.

Gebietsfremde Arten sind Pflanzen, Tiere oder auch Mikroben, die absichtlich oder versehentlich durch den Menschen in Gebiete gebracht werden, wo sie natürlicherweise nicht vorkommen. Viele davon gedeihen prächtig in der fremden Umgebung und vermehren sich auch entsprechend, was zu schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt, die Wirtschaft und die menschliche Gesundheit führt.

Die soeben in der wissenschaftlichen Zeitschrift Biological Reviews veröffentlichte Studie ist das Resultat einer Zusammenarbeit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus 13 Ländern – von Afrika über Asien und Australien bis Europa sowie Nord- und Südamerika. Sie stellen darin fest, dass die Anzahl an invasiven gebietsfremden Arten in bedenklichem Ausmaß zunimmt. Rund um den Globus sind aktuell bereits mehr als 18.000 solcher Arten erfasst. 

Das Forschungsteam schreibt die rasante Zunahme dieser biologischen Invasion der ebenfalls steigenden Anzahl und immer breiteren Palette an möglichen Wegen zu, über welche die fremden Arten sich verbreiten können. Sie unterstreichen die Rolle neuer Ausbreitungspfade, etwa dem Online-Handel mit exotischen Tieren oder dem Transport über die Ozeane auf kleinen "Flößen" aus Plastikmüll.

Die Studie zeigt zudem, wie Triebkräfte des globalen Wandels, etwa der Klimawandel, die Landnutzungsänderungen oder auch der internationale Handel, den massiven Anstieg invasiver Arten in fremden Gebieten begünstigen. Arten, die auf Schiffen in neue Regionen gelangen, können sich dank Klimawandel in der neuen Heimat heute problemloser vermehren. Zudem ermöglicht die durch die globale Erwärmung bedingte Eisfreiheit und Schiffbarkeit des Arktischen Ozeans den Transport von Meeresbewohnern zwischen dem Atlantischen und dem Pazifischen Ozean.

Als Teil der Initiative "World scientists’ warning to humanity: a second notice" rufen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in ihrer Studie zu einer dringenden Änderung des menschlichen Verhaltens in Bezug auf den Umgang mit der Erde und den Lebewesen darauf. Sie betonen, dass biologische Invasionen durchaus kontrolliert und auch gemildert werden können. Sie verweisen auf entsprechende Ansätze, die rund um den Globus funktionieren und machen spezifische Empfehlungen für eine bessere Kontrolle. So habe etwa die Einführung strengerer Grenzkontrollen, inklusive des Einsatzes von Röntgenmaschinen und Spürhunden, in Neuseeland zu einer kontinuierlichen Abnahme an Pflanzenpathogenen geführt. 

UFZ-Ökologe Prof. Ingolf Kühn, einer der Co-Autoren, erklärt: "Wir haben in dieser Studie kurz und knapp die wichtigsten Probleme gebietsfremder Pflanzen- und Tierarten zusammengefasst. Und auch wenn die Mehrheit derzeit kaum Probleme bereitet, sind die Auswirkungen einiger Arten so gravierend, dass schnelles und effizientes Handeln nötig ist, um die biologische Vielfalt zu erhalten."

World scientists’ warning to humanity:  1992 tat sich eine Gruppe bedeutender Wissenschafter*innen aus der ganzen Welt zusammen und machte in einem Schreiben darauf aufmerksam, dass die Menschheit auf Kollisionskurs sei mit dem Rest der Natur (Union of Concerned Scientists, 1992). Dieses Papier wurde von 1.700 Wissenschaftler*innen unterstützt. 25 Jahre später publizieren Ripple et al. (2017) eine Analyse des menschlichen Verhaltens und kamen in dieser zweiten Warnung ("second warning") zum Schluss, dass die Menschheit es nicht geschafft hat, die nötigen Fortschritte zu machen im Umgang mit den umwelttechnischen Herausforderungen. Ganz im Gegenteil: Die meisten der Probleme hätten sich verschlimmert. Über 15.000 Expert*innen unterzeichneten die Deklaration.

Publikation:
Pyšek P., Hulme P. E., Simberloff D., Bacher S., Blackburn T. M. Carlton J. T., Dawson W., Essl F., Foxcroft L. C., Genovesi P., Jeschke J. M., Kühn I., Liebhold A. M., Mandrak N. E., Meyerson L. A., Pauchard A., Pergl J., Roy H. E., Seebens H., van Kleunen M., Vilà M., Wingfield M. J. & Richardson D. M.: Scientists’ warning on invasive alien species. Biological Reviews DOI: 10.1111/brv.12627

Die Helmholtz-Gemeinschaft identifiziert und bearbeitet große und vor allem drängende Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft. Ihre Aufgabe ist es, langfristige Forschungsziele von Staat und Gesellschaft zu erreichen. Damit sollen die Lebensgrundlagen der Menschen erhalten und sogar verbessert werden. Helmholtz besteht aus 19 naturwissenschaftlich-technologischen und medizinisch-biologischen Forschungszentren.
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Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt und erarbeiten Lösungsoptionen. In sechs Themenbereichen befassen sie sich mit Wasserressourcen, Ökosystemen der Zukunft, Umwelt- und Biotechnologien, Chemikalien in der Umwelt, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg circa 1.100 Mitarbeitende. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.

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