Der Deutsche Kulturrat sieht das Erfordernis einer umfassenden europäischen Kulturinitiative. Hier sollte die deutsche Ratspräsidentschaft einen entsprechenden Impuls setzen.
Die Corona-Pandemie hat in ganz Europa gezeigt, wie verwundbar wir sind. Kultureinrichtungen mussten schließen, Veranstaltungen konnten nicht stattfinden, Festivals und Messen mussten abgesagt werden und vieles andere mehr. Viele in Kulturberufen Tätige, die ohnehin sehr oft in prekären wirtschaftlichen Verhältnissen arbeiten und leben, fürchten um ihre Existenz. Gleichfalls ist der Fortbestand von Kultureinrichtungen und Kulturunternehmen gefährdet. Umso unverständlicher ist es, dass in der mittelfristigen Finanzplanung der EU keine substanziellen Erhöhungen der direkten EU-Kulturförderung geplant sind. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um mit einem mächtigen Kulturförderprogramm die europäische Kulturszene zu unterstützen und damit die europäische kulturelle Zusammenarbeit zu stärken.
Der Deutsche Kulturrat fordert daher die Bundesregierung auf, sich für eine deutliche Erhöhung der EU-Kulturförderung einzusetzen.
Die Europäische Union ist mehr als eine Wirtschaftsunion, sie ist eine Wertegemeinschaft. Diese Wertegemeinschaft zeigt sich in einem gemeinsamen Verständnis von Kunst- und Meinungsfreiheit, das in der EU-Grundrechtecharta formuliert und verabschiedet wurde.
Der Deutsche Kulturrat sieht mit großer Sorge, dass in einigen Mitgliedstaaten die Kunst- und Meinungsfreiheit eingeschränkt wird. Auf Kultureinrichtungen wird staatlicherseits Druck ausgeübt. Missliebige Künstlerinnen und Künstler verlieren ihre Arbeit. Kultur und Kulturförderung werden verstärkt zur staatlich gelenkten und ausgrenzenden Identitätsbildung benutzt.
Der Deutsche Kulturrat fordert daher die Bundesregierung auf, sich in der Ratspräsidentschaft für die Sicherung der Kunst- und Meinungsfreiheit in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union einzusetzen, bestehende Verstöße bzw. Einschränkungen zu benennen und die Einhaltung der EU-Grundrechtecharta in allen Mitgliedstaaten anzumahnen.
Die Kulturpolitik in Europa und die globale Kulturpolitik müssen stärker verzahnt werden. Das gilt mit Blick auf die deutsche Kulturpolitik gegenüber der EU ebenso wie für die europäische Kulturpolitik und die europäische Kulturaußenpolitik. Die europäische Kulturpolitik muss in einem internationalen Kontext gesehen werden; dabei gilt es die Nachbarstaaten der EU stärker in den Blick zu nehmen.
Der Deutsche Kulturrat fordert daher die Bundesregierung auf, in der Ratspräsidentschaft die friedensstiftende Wirkung von Kultur hervorzuheben. Die UNESCO-Konvention Kulturelle Vielfalt muss mit Leben erfüllt und als Richtschnur des kulturpolitischen Wirkens angewendet werden.
Mit Sorge sieht der Deutsche Kulturrat, dass in einigen EU-Mitgliedstaaten die Rechte zivilgesellschaftlicher Organisationen beschnitten werden. Dies war bislang vor allem in osteuropäischen Ländern zu beobachten. Nun erreicht das Phänomen der Einschränkung der Zivilgesellschaft auch Westeuropa.
Der Deutsche Kulturrat fordert die Bundesregierung auf, in der Ratspräsidentschaft den Dialog mit der Zivilgesellschaft zu stärken und sich für eine bessere Verzahnung von europäischer und nationaler Zivilgesellschaft einzusetzen.
Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: "Heute übernimmt Deutschland für ein halbes Jahr den Vorsitz des EU-Ministerrates. In Zeiten der Corona-Pandemie ist die Aufgabe herausfordern, aber auch besonders wichtig. Wir appellieren an die Vorsitzende im Rat der Europäischen Union, Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, in ihrer Amtszeit der europäischen Kulturpolitik die notwendige Aufmerksamkeit zu widmen. Wir unterstützen nachdrücklich die vom französischen Kulturminister Franck Riester vorgeschlagene Einrichtung eines europäischen Kulturschutzschildes zum Schutz der Kreativen."
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