Die Gespräche zwischen EU und Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) zur Gigabit-Förderung (Graue-Flecken-Programm) sind laut einem heutigen Exklusiv-Bericht von „Tagesspiegel Background“ Digitalisierung & KI vorerst gescheitert. Es ist nach monatelangem Tauziehen nicht gelungen, die geplante neue Glasfaser-Förderung in Gebieten durchzusetzen, die zwar mit 100 Mbit/s, aber bei weitem nicht mit den versprochenen Gigabit versorgt sind. Jetzt müssen neue Verhandlungen geführt werden.

Dazu gibt VAM-Geschäftsführer Jürgen Grützner folgendes Statement ab:

„Wer Gigabit-Ziele wie die EU und die Bundesregierung ausgibt, sollte auch in der Lage sein, diese zu erreichen. Sich derart ineinander zu verkeilen und als EU auf Jahre alten Fördergrundsätzen zu beharren, ist genauso schlimm für die Bürger, wie die zu kompromisslose Forderung nach einer vollständigen Aufgabe der bislang nun mal bestehenden Aufgreifschwelle für eine Förderung. Allen musste klar sein, dass wir Gigabit im ländlichen Raum, wo eigenwirtschaftlicher Ausbau unmöglich ist, nicht erreichen können, wenn Förderung oberhalb bestehender 100-Mbit/s-Versorgung kategorisch ausgeschlossen wird.

Aber die „Alles-oder-nichts“-Haltung der Länder hat – absolut vorhersehbar – an dieser Stelle zum Scheitern der Bundesregierung beigetragen. Auf ihren Wunsch verzichtete das Ministerium weitgehend auf die dringend erforderlichen Einschränkungen und Priorisierungen, um überall dort gefördert bauen zu können, wo sie es für richtig hielten. Auf die große Wahrscheinlichkeit eines Scheiterns oder erheblichen Zeitverzug und die unbedingte Notwendigkeit einer klaren und harten Priorisierung hatte der VATM Bund und Länder von Anfang an hingewiesen. Und dass gerade Bayern seinen eigenen CSU-Minister mit einem eigenen Bayern-Förderprogramm noch schnell im vergangenen Jahr überholt hat – und das mit 100-Mbit/s-Grenze – ließ die Chancen auf erfolgreiche Gespräche in Brüssel noch weiter sinken.

Die Konzeptlosigkeit der EU-Kommission, auf die wir Ursula von der Leyen unmittelbar zu ihrem Amtsantritt hingewiesen hatten, trägt aber ebenso zu diesem Scheitern bei. Statt einer neuen echten Gigabit-Strategie bleibt die EU Kommission stur bei einer veralteten Aufgreifschwelle, was meint, dass besser versorgte Gebiete oberhalb von 100 Mbit/s bis auf Weiteres keine Förderung erhalten können. Wer Vectoring gebaut hat – also ein sogenanntes NGA-Netz mit leidlich guter Qualität –, bleibt geschützt vor weiteren staatlichen Eingriffen. Und Brüssel kann sich das auch leisten, denn es hat sein Gigabit-Ziel auch nicht flächendeckend formuliert, sondern nur für 50 Prozent seiner Bürger – die „anderen“ können ja ruhig warten. Eine geradezu absurde Situation, an der aber auch Ursula von der Leyen nicht bereit war, kurzfristig etwas zu ändern.

Digitalisierung und Gigabit auf dem Land, dort wo eigenwirtschaftlicher Ausbau nicht möglich ist, fällt nun der Vectoring-Politik der Bundesregierung zum Opfer. Was nach einem späten Sieg der Telekom ausschaut, entpuppt sich aber bei genauerem Hinsehen auch für sie als schwierig, da auch die Telekom nun endlich von Vectoring auf echte Glasfaseranschlüsse schwenken wollte. Sie wäre der Hauptprofiteur einer fetten Förderung geworden. Nun bleibt wohl erst einmal die alte Förderschwelle und das bedeutet noch mehr Flickenteppich – mit Förderung und Ausbau auf einer Straßenseite oder in einem Dorfteil, wo weniger als 100 Mbit/s verfügbar sind. Glasfasernetze werden nun aber mal nicht punktuell für schlechter versorgte Einzeladressen gebaut und das sollte endlich auch Brüssel verstanden haben.

Solch eine Politik geht nun zu Lasten vieler Bürger – insbesondere auf dem Land. Der Plan für eine sinnvolle Migration ist überfällig, wenn man es mit Gigabit-Zielen auch dort ernst meint, wo eigenwirtschaftlicher Ausbau scheitert und Förderung notwendig ist. Aber genau hier liegt das Problem, wenn Politik hier wie dort Reglungen einführt, plant oder eben unterlässt, die dringend mit den Unternehmen besprochen werden müssten. Denn die Unternehmen sollen letztlich den gigantischen Ausbau stemmen.

Die Kompromisslosigkeit auf beiden Seiten und die Unfähigkeit eine Regelung zu finden, die den eigenwirtschaftlichen Ausbau schützt und Förderung entsprechend beschränkt, ist ein gefährliches Zeichen. Andererseits ist es wieder einmal so, dass die Wirtschaft unverdrossen weiter bauen wird. Sie wird sich so wenig wie möglich davon abhalten lassen, den so wichtigen Glasfaserausbau mit unverminderter Geschwindigkeit auch ohne Förderung fortzusetzen und zwar auch und gerade auf dem Land. Die Wettbewerberunternehmen bauen weiter an ihrer Auslastungsgrenze. Das ist gut für unser Land und macht deutlich, dass wir nicht mehr Staat brauchen – der es eben ganz und gar nicht besser richten kann –, sondern Investitions- und Innovationswettbewerb. Dann baut auch die Telekom echte Glasfasernetze – irgendwann.“

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