Die jetzt prämierte Arbeit, die in enger Kooperation mit dem Zentrum Familiärer Brust- und Eierstockkrebs der Uniklinik Köln (Direktorin: Univ.-Prof. Dr. Rita Schmutzler) realisiert wurde, trägt den Titel „Evidenzbasierte, nach den internationalen IPDAS Kriterien entwickelte Entscheidungshilfe unterstützt BRCA1/2-Mutationsträgerinnen bei präferenzsensiblen Entscheidungen“. Gefördert wird das Projekt vom Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen (LZG.NRW).
Es handelt sich um zwei erstmals für Deutschland entwickelte Entscheidungshilfen für Frauen, die wegen einer Mutation im BRCA1– oder BRCA2-Gen ein hohes Risiko haben, an Brust- und / oder Eierstockkrebs zu erkranken. Eine Version richtet sich an BRCA1/2-Mutationsträgerinnen, die bisher nicht an Krebs erkrankt sind (Ratsuchende), die andere geht auf die Situation derer ein, die bereits einmal von Brustkrebs betroffen waren (Patientinnen).
Rund 25 Prozent aller familiär gehäuften Brustkrebsfälle sind durch eine BRCA1– oder BRCA2-Mutation bedingt. Dieser Genbefund stellt die betroffenen Frauen vor schwierige und weitreichende Entscheidungen. Sie stehen vor der Frage, welche präventive Maßnahme sie wählen möchten, um mit ihren Erkrankungsrisiken umzugehen. Durch die Teilnahme am intensivierten Früherkennungsprogramm der Brust kann Brustkrebs in 85 Prozent der Fälle in einem potentiell heilbaren Anfangsstadium entdeckt werden, das Erkrankungsrisiko sinkt jedoch nicht. Die risikosenkende operative Brustentfernung senkt hingegen das Brustkrebsrisiko, doch müssen die Frauen den Verlust der Brust hinnehmen und weitere Entscheidungen treffen, zum Beispiel in Bezug auf eine Brustrekonstruktion.
Da Eierstockkrebs mit keiner Methode zuverlässig im Frühstadium diagnostiziert werden kann, ist hier die einzig mögliche präventive Maßnahme die risikosenkende Entfernung beider Eierstöcke und Eileiter. Die Operation senkt das gefährliche Eierstockkrebsrisiko, führt aber zu Unfruchtbarkeit und kann verfrühte Wechseljahresbeschwerden auslösen.
Die Vor- und Nachteile der verschiedenen Maßnahmen bewerten betroffene Frauen je nach ihren persönlichen Einstellungen sehr unterschiedlich. „Um eine gute Entscheidung treffen zu können, mit der sie auch auf lange Sicht zufrieden sind, sollten sie sowohl die aktuellen medizinischen Fakten kennen und abwägen als auch ihre eigenen Wertevorstellungen in ihre Überlegungen einbringen können. Hierbei bieten die entwickelten Entscheidungshilfen eine wichtige Unterstützung. Sie liefern ausführliche, evidenzbasierte medizinische Informationen zu Erkrankungsrisiken und präventiven Möglichkeiten sowie gezielte Hilfen, um mehr Klarheit über die eigenen Wünsche und Vorstellungen zu bekommen“, erklärt Univ.-Prof. Stephanie Stock. In einem ersten Schritt sollen die Entscheidungshilfen das bestehende spezialisierte Beratungsangebot am Zentrum Familiärer Brust- und Eierstockkrebs der Uniklinik Köln ergänzen. Später sollen sie allen deutschen Zentren Familiärer Brust- und Eierstockkrebs sowie den angeschlossenen Brustzentren zur Verfügung gestellt werden.
Die Entwicklung erfolgte in einem aufwändigen, 6-stufigen Arbeitsprozess, der sich an international etablierten Qualitätsstandards orientiert. Hierfür war ein multidisziplinäres Entwicklungsteam zuständig, bestehend aus Experten der Bereiche Versorgungsforschung, Medizin, Psychologie, Pflegewissenschaft und Fachärztinnen für Frauenheilkunde mit Spezialgebiet Familiärer Brust- und Eierstockkrebs. Mehrfache Prüfungsverfahren durch unabhängige Betroffene, Selbsthilfeangehörende und externe Experten wurden einbezogen, um ein hohes Qualitäts- und Akzeptanzniveau zu unterstützen.
„Wir freuen uns sehr, dass wir mit diesen Entscheidungshilfen nun einen weiteren wichtigen Schritt gehen konnten, um die Autonomie der Ratsuchenden und Patientinnen zu stärken“, erklärt Univ.-Prof. Stephanie Stock.
Die offizielle Ehrung und Preisverleihung findet im auf der 40. Jahrestagung der DGS im kommenden Jahr statt.
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