Es gibt eine Reihe von Ursachen, die bei Kindern zu Problemen in ihrer Entwicklung und ihrem Verhalten führen. Häufig ist es so, dass Kinder von Eltern, die beispielsweise eine Ehekrise durchleben oder psychische Belastungen oder Erkrankungen wie Depressionen haben, unter dieser Situation leiden. Ebenso ergeht es Kindern in Patchworkfamilien und anderen schwierigen Lebenssituationen, die es in Familiensystemen immer wieder gibt. Wie sich das auf die Kinder auswirkt, zeigt sich durch ihr Verhalten. „Wir behandeln Kinder mit Essstörungen oder Wutanfällen, Kinder mit störendem oder herausforderndem Verhalten, Kinder, die den anderen ständig ins Wort fallen, aggressiv sind“, beschreibt die Ergotherapeutin Magdalena Müller einen Teil des Spektrums von Verhaltensauffälligkeiten. Als genauso behandlungsbedürftig bezeichnet sie die stillen Kinder. Kinder, die sich nicht alleine fürs Schlafengehen fertig machen oder bis ins Schulalter bei den Eltern im Bett schlafen, Trennungsängste zeigen oder generell Angst haben, auch vor Ausflügen in Kita und Schule.
Vom Kinderarzt zum Ergotherapeuten
Die Ergotherapeutin rät Eltern, sich frühzeitig vom Kinderarzt beraten zu lassen, selbst wenn das Kind noch klein ist. Kinderärzte sind Profis, die wissen, dass sich solche Probleme nicht „verwachsen“. Das Gegenteil ist der Fall: Die Probleme wachsen mit und manifestieren sich. Mit der Zeit werden aus Verhaltensauffälligkeiten emotionale oder Anpassungsstörungen, es kommt bei manchen zu mangelnden zwischenmenschlichen Interaktionen und Ängsten. Mit deren Behandlung sollten Eltern besser nicht bis zum Eintritt in die Schule warten, denn dort kommen erfahrungsgemäß weitere Schwierigkeiten hinzu. Es ist daher ein Glück, sowohl für die Kinder als auch für deren Eltern, wenn Ärzte bereits in einem frühen Stadium der Problemsituation Ergotherapie verordnen. Im Rahmen der Diagnostik zeigt sich bei Ergotherapeuten wie Magdalena Müller meist auch, dass die Eltern sich eine professionelle Anleitung wünschen, um mit dem Verhalten ihres Kindes besser umgehen zu können. Manchmal genügt der bei Ergotherapeuten übliche Austausch mit den Eltern am Ende der Stunde mit dem Kind und Hinweise auf bewährte Erziehungsstrategien. Doch häufig fragen interessierte Eltern nach weiteren oder intensiveren Möglichkeiten, um sich bei nicht angemessenem Verhalten des Kindes souverän verhalten und ihre Erziehungsmethoden anpassen zu können.
Ergotherapeuten stärken die Erziehungskompetenz der Eltern …
„Eltern wollen ja alles richtig machen, wissen aber nicht in jeder Situation, wie sie zielführend handeln oder mit klarem Kopf reagieren können“, weiß die Ergotherapeutin Müller. Sie bietet daher zusätzlich das Erziehungsprogramm Triple P an. Begeistert berichtet sie von den durch mehr als 180 Studien belegten Erfolgen des wissenschaftlich anerkannten Erziehungsprogramms: „Wir können damit den Prozess des Bewusstwerdens und des Erkenntnisgewinnens bei den Eltern beschleunigen und in Folge verblüffende Wirkungen bei den Kindern erzielen“. Sie veranschaulicht das am Fall eines siebenjährigen, verhaltensauffälligen Jungen, der wegen seiner emotionalen Störungen zu ihr in die Praxis kam. Parallel zu seiner Behandlung hat die Mutter auf eigene Kosten eine der angebotenen Ebenen des Erziehungsprogramms – die so genannte Kurzberatung – wahrgenommen. Nach wenigen Beratungsterminen bei der Ergotherapeutin war das wichtigste Ziel auf Elternseite erreicht: Der Junge schlief zum ersten Mal seit seiner Geburt im eigenen Bett. Was gestressten Eltern wie ein Wunder erscheinen mag, ist auf positive Erziehungsstrategien zurückzuführen, die sich die Eltern in der Beratungszeit und durch das genaue Hinschauen und fokussiertes Wahrnehmen zuvor besprochener Situationen und Verhaltensweisen im Familienalltag erarbeiten. Unter Anleitung der Ergotherapeutin lernen und trainieren sie klare Aufforderungen auszusprechen, konsequent zu handeln und gleichzeitig eine liebevolle Beziehung zu ihrem Kind zu pflegen, also ein stimmiges Erziehungsverhalten zu zeigen.
… und parallel die Kinder
Zusätzlich zu den Berichten des verordnenden Kinderarztes oder Kinder- und Jugendpsychiaters nehmen Ergotherapeuten üblicherweise eigene Assessments, also Befragungen, Tests und Beobachtungen, vor. Dabei zeigte sich im Fall des zuvor erwähnten verhaltensauffälligen Jungen, dass er nur über ein sehr geringes Selbstwertgefühl und wenig Selbstbewusstsein verfügte. Fehlende motorische Fähigkeiten verstärkten seine Unsicherheit, die er auch nicht durch seine gut entwickelten kognitiven Fähigkeiten kompensieren konnte. „Als erstes hat der Junge das Fahrradfahren erlernt,“ berichtet Magdalena Müller und erklärt weiter, warum dies alles andere als banal ist: „Von Gleichaltrigen anerkannt werden und bei möglichst vielem was die anderen tun mithalten können, fördert das eigene Selbstvertrauen; Erfolg zu haben, steigert das Selbstbewusstsein“. Es ist eine Besonderheit dieser Berufsgruppe: Ergotherapeuten stellen den Alltag und die Betätigungsprobleme in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen. Mithilfe ihrer großen Methodenvielfalt befähigen sie ihre großen und kleinen Klienten und Patienten die Dinge zu tun, die für ihren Alltag wichtig sind und die sie in ihrer persönlichen Entwicklung fördern.
Näheres zum Erziehungsprogramm finden Interessierte unter www.triplep.de. Informationsmaterial zu den vielfältigen Themen der Ergotherapie gibt es bei den Ergotherapeuten vor Ort; Ergotherapeuten in Wohnortnähe auf der Homepage des Verbandes im Navigationspunkt Service und Ergotherapeutische Praxen, Suche.
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