Die neue Corona-Förderlinie der Ernst von Siemens Kunststiftung ermöglicht die konservatorische Betreuung von mehreren Werken aus den Sammlungen des Landesmuseums Hannover. Drei freiberufliche Restauratorinnen widmen sich den Kunstwerken, die ab 2022 in den neuen KunstWelten zu sehen sein werden.

Von der derzeitigen, durch die pandemische Ausbreitung des Corona-Virus herbeigeführten Situation sind Freiberufler in besonderem Maße betroffen. In den öffentlichen Museen und Sammlungen betrifft das vor allem selbständig arbeitende Wissenschaftler*innen und Restaurator*innen. Mit der Schließung der Ausstellungshäuser gehen eingeschränkte, finanzielle Handlungsmöglichkeiten einher und damit auch strikte (personelle) Sparmaßnahmen. Geplante Restaurierungsprojekte oder wissenschaftliche Vorhaben sind vorerst auf Eis gelegt. Um diese Berufsgruppen an den Museen halten zu können und in eventuellen Notlagen zu unterstützen, hat die Ernst von Siemens Kunststiftung kurzfristig eine neue Förderlinie aufgelegt. Antragsberechtigt sind dabei öffentliche Museen und Sammlungen, die z.B. klar abgrenzbare Teilaufträge an kunsthistorisch relevanten Objekten in Museumseigentum an Selbstständige vergeben.

Dank der laufenden Vorbereitungen für die neuen KunstWelten, die 2022 eröffnen werden, waren die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Antragsstellung im Landesmuseum Hannover gegeben. Im Zuge der Erneuerung der historischen Glasdächer und der umfangreichen Umbauarbeiten werden die imposanten Räume der Landesgalerie im 2. OG derzeit komplett ausgeräumt. Vor allem im Hinblick auf die mittelalterliche Sammlung des Hauses bietet sich damit die einmalige Chance, den Zustand einer Gruppe großformatiger, zum Teil seit Jahren nicht von der Wand genommener Werke eingehender zu analysieren. Dies betrifft auch ein niedersächsisch-westfälisches Retabel aus der Zeit um 1400. Die beiden Tafeln zeigen die Kindheit und die Passion Christi.

Aufgrund der starken Auslastung der fest angestellten Kolleginnen sind mit der Untersuchung und Konservierung des Retabels die beiden Diplomrestauratorinnen Eliza Reichel und Sophia Röllig betreut. In den vergangenen Jahren konnten sie im Zuge der großangelegten Restaurierung der so genannten »Goldenen Tafel« umfangreiche Erfahrungen mit Werken aus dieser Zeit sammeln.

Darüber hinaus wird die restauratorische Betreuung zweier impressionistischer Gemälde aus der Sammlung der Neuen Meister gefördert. Roksana Jachim widmet sich der Untersuchung und Konservierung der Werke »Mädchen im Freien« von Heinrich Freiherr von Habermann (1888) und »Vor der Redoute« von Philipp Klein (1906). Diese kunsthistorisch wichtigen Werke sind bisher aufgrund ihres schlechten Zustands nicht ausstellungsfähig gewesen, sollen aber im Rahmen des impressionistischen Schwerpunkts in die kommenden KunstWelten integriert werden.

Zitate:
»Das Engagement der Ernst von Siemens Stiftung freut uns sehr. Es ist eine klassische Win-win-Situation: Den Restauratorinnen kann finanziell geholfen werden und die Landesgalerie profitiert davon!« Prof. Dr. Katja Lembke, Direktorin Landesmuseum Hannover

»Mit der neuen Corona-Förderlinie ist es in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit gelungen, freiberufliche Wissenschaftler*innen und Restaurator*innen durch Aufträge an den Museen zu halten. Das kommt den wertvollen Beständen, aber auch dem einzigartigen Netzwerk hochqualifizierter Fachleute ohne Festanstellung zugute!« Dr. Martin Hoernes, Generalsekretär der Ernst von Siemens Kunststiftung

»Wir freuen uns sehr darüber, dass wir in der aktuellen Situation so wertvolle Unterstützung erfahren und die Gelegenheit bekommen, diese beiden hochinteressanten Altartafeln näher in den Blick zu nehmen.« Eliza Reichel und Sophia Röllig, Restauratorinnen

»Dass die Ernst von Siemens Kunststiftung sich in dieser Zeit gleichermaßen dem Kunsterhalt und dem Berufsfeld der freiberuflichen Restauratoren widmet und dafür eine kurzfristige Förderlinie entwickelt hat, ist eine große Wertschätzung unseres Berufsstandes. Für mich ist es eine besondere Freude, an diesen herrlichen Gemälden des Landesmuseums Hannover forschen und arbeiten zu können – und darüber hinaus bin ich dankbar dafür, mit dieser erfüllenden Aufgabe meinen Lebensunterhalt für die nächste Zeit sicherstellen zu können und damit meinem Beruf weiter nachgehen zu können.«
Roksana Jachim, Restauratorin

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