Verschwenderische Privathaushalte
Rund zwölf Millionen Tonnen an Lebensmitteln mit einem Gesamtwert von rund 21 Milliarden Euro entsorgen Industrie, Handel und Verbraucher jährlich. 61 Prozent der weggeworfenen Lebensmittel stammen dabei aus Privathaushalten, so eine vom BMEL geförderten Studie . Dabei wäre nach Expertenschätzungen fast die Hälfte der Lebensmittelabfälle in deutschen Haushalten vermeidbar. Weitere 18 Prozent wären teilweise vermeidbar.
Richtig einkaufen
Damit fängt es an! Wer schon vor und beim Einkauf darauf achtet, nichts Unnötiges in den Korb zu legen, braucht zu Hause auch keine Lebensmittel zu entsorgen. Überprüfen Sie vor dem Einkauf den Inhalt von Kühlschrank, Speisekammer und Co., damit nichts doppelt lagert und verdirbt. Schreiben Sie einen Einkaufszettel und kaufen Sie nichts spontan oder ungeplant. Lassen Sie sich im Supermarkt nicht von Sonderangeboten verführen. Großpackungen sind nur preiswerter, wenn man zu Hause nicht die Hälfte wegschmeißt; ansonsten ist die kleine Packung die bessere Wahl. Und noch ein Einkaufs-Tipp der ARAG Experten: Nie hungrig in den Supermarkt gehen! Ein knurrender Magen sorgt für einen unnötig vollen Einkaufswagen.
Nachernte: Ab auf den Acker
Nach der Erntezeit fangen Landwirte in der Regel sofort wieder an, die Äcker und Felder auf die nächste Saison vorzubereiten. Das restliche Gemüse, das vielleicht kleine Schönheitsfehler aufweist, pflügen sie unter. Wenn es Sie aber nicht stört, dass die Kartoffeln zu klein oder die Gurken krumm sind, können Sie den Landwirt fragen, ob Sie sich an den übrig gebliebenen Lebensmitteln bedienen dürfen. Einige Bauern laden auch aktiv zur Nachernte auf ihren Feldern ein. Auf einem Feld einfach so zuzugreifen, ist dagegen nicht nur keine gute Idee, sondern Diebstahl. Der Geschädigte kann bei einem Wert von unter 50 Euro entscheiden, ob er den Diebstahl zur Anzeige bringt. Liegt der Wert des Diebesgutes höher, wird automatisch Anzeige erstattet. Wiederholungstätern kann sogar eine Freiheitsstrafe oder eine Verhaltenstherapie auferlegt werden.
Gute Idee: Selber Lebensmittel retten
Das funktioniert besonders gut in Städten. Verbraucher holen regelmäßig Lebensmittel von Obst und Gemüse über Kühlware bis zu Brot und Brötchen, die entsorgt werden müssten, bei Supermärkten oder auf Großmärkten ab. Sie verbrauchen sie entweder selbst oder geben sie weiter an gemeinnützige Organisationen, in der Nachbarschaft, über private WhatsApp-Gruppen oder über Facebook auch an unbekannte Interessierte.
In Düsseldorf sind beispielsweise die Netzwerke Foodsharing.de, das auch deutschlandweit agiert, und Enjoy the Food , das sich regional engagiert, sehr aktiv. Beide Organisationen haben unter anderem so genannte Fairteiler-Fahrräder im Stadtgebiet aufgestellt, die sie mit geretteten Lebensmitteln beliefern. Die Räder werden aber auch gerne von Anwohnern genutzt, die Lebensmittel zu viel haben und diese dort ablegen. Ein kleiner Post auf Facebook, und schon kann man sich kostenlos bedienen. „Enjoy the food“ verschenkt zudem einmal die Woche Lebensmittel an der Heinrich-Heine-Universität – nicht nur an Studenten.
Lebensmittel im größeren Stil rettet in Köln der Laden The Good Food . Dort kann jeder die Lebensmittel wie Brot vom Vortag, nachgeerntetes Bio-Gemüse oder Waren, deren Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist, erwerben. Guter Ansatz: Bei den meisten Lebensmitteln bestimmt jeder selbst, was er zahlt. „Zahl, was es dir wert ist“, nennt sich das Konzept. So muss man sich Gedanken zu den Waren machen, die man mitnehmen möchte. Und klar, dass Gutverdiener mehr Geld für Bio-Zitronen und leckeres Ginger Beer hinlegen sollten als ein Auszubildender oder Student.
Foodbox: Lebensmittel bedarfsgerecht liefern lassen
Es gibt mittlerweile viele Anbieter von so genannten Food- oder Kochboxen. Der Ablauf ist aber grundsätzlich gleich. Sie suchen sich aus dem Angebot Ihr Lieblingsrezept aus, das Sie demnächst für sich und eine definierte Anzahl an Essern zubereiten möchten. Außerdem können Sie meist wählen, ob Sie sich vegetarisch oder vegan ernähren wollen. Bei größeren Anbietern können Sie mit den angebotenen Rezepten sogar einer Diät (z. B. Low-Carb) folgen. Sie erhalten dann alle benötigten Zutaten per Paketdienst nach Hause geliefert. In der Regel sind die Zutaten sorgfältig und – falls erforderlich – gut gekühlt verpackt. Die Vorteile: Auf diese Weise erhalten Sie nur genau die Waren, die Sie benötigen. So können Sie sicher sein, dass Sie beim Einkauf keine wichtige Zutat vergessen haben. Die Nachteile: Es fällt beim Versenden möglicherweise Verpackungsmaterial an, das Sie bei einem Bauernmarkt-Einkauf mit Korb oder Einkaufstasche nicht hätten. Die meisten Foodboxen gibt es auch nur im Abo. Sie können aber wählen, wie oft oder in welchen Abständen Sie bestellen wollen. Vielbesteller erhalten von einigen Anbietern Rabatte oder Gutscheine.
Too Good To Go
Eine weitere gute Idee vom gleichnamigen Berliner Startup-Unternehmen hat das gleiche Ziel. Mit der angebotenen App können Verbraucher für wenig Geld übrig gebliebene Waren bestellen. Darin enthalten: Überschüssiges und unverkauftes Essen von Restaurants, Hotels, Bäckereien oder Supermärkten. Nur manchmal kann man sich sein Essen selbst aussuchen. Genommen wird eben, was vom Tage übrig geblieben ist. Man bestellt online und muss meist zu einem fest vereinbarten Zeitpunkt am Abholort erscheinen. Gezahlt wird ausschließlich unbar. In der Regel bekommt man das gerettete Essen zur Hälfte oder einem Drittel des Normalpreises. Manche Anbieter sind dabei äußerst großzügig, aber dann sind die Portionen auch schnell vorbestellt und ausverkauft. Ähnlich wie Too good to go funktioniert der in Finnland gegründete ResQ Club , der aber derzeit nur in Berlin aktiv ist.
Krumme Dinger
Ein Herz für krumme Gurken oder Obst mit Minimacken hat der Anbieter Etepetete . In den Bio-Obst- und Gemüse-Boxen befindet sich Ware, die nicht den üblichen Schönheits-Normen entspricht. Etepetete wirbt zudem mit plastikfreier Verpackung und CO2 neutralem Versand. Mit ein bisschen Glück bekommt man inzwischen auch schon beim Discounter solche „krummen Dinger“ und kann beim täglichen Einkauf aktiv gegen Lebensmittelverschwendung werden.
Haltbarkeitsdatum und Verbrauchsdatum
Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist kein Verfallsdatum. Die meisten Lebensmittel können auch nach dem Ablauf noch ohne weiteres gegessen werden. Anderes gilt nur für das Verbrauchsdatum leicht verderblicher Lebensmittel. Prüfen Sie das Lebensmittel mit Ihren Sinnen: Sieht es normal aus? Riecht und schmeckt es gut? Dann kann es in der Regel auch nach dem Mindesthaltbarkeitsdatum verzehrt werden. Bei Verfärbungen, Schimmelbildung, Geruchsveränderung oder Gasbildung sollten Sie Lebensmittel wegwerfen. Bei leicht verderblichen Lebensmitteln wie Fleisch oder Fisch muss das Verbrauchsdatum jedoch unbedingt eingehalten werden, weil sich Keime und Bakterien schnell vermehren können. Kaufen Sie empfindliche Produkte nicht auf Vorrat.
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