Daimler muss im Abgasskandal auch Mercedes-Modelle der S-Klasse in die Werkstatt beordern. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hatte bei den Deselfahrzeuge der Oberklasse eine unzulässige Abschalteinrichtung bzw. unzulässige Reduzierung des Emissionskontrollsystems festgestellt. Das KBA hat einen verpflichtenden Rückruf angeordnet, damit die unzulässige Funktion entfernt wird, wie die Behörde am 11. August 2020 mitteilte.

Nach Angaben des KBA sind von dem Rückruf weltweit 6.175 Fahrzeuge betroffen von denen rund 1.260 in Deutschland zugelassen sind. Konkret handelt es sich um Fahrzeuge der Modelle S 350 BlueTEC, S 350 d, S 350 BlueTEC 4MATIC, S 350 d 4MATIC (BR 222) der Baujahre 2015 bis 2017. In den Fahrzeugen wird der Dieselmotor des Typs OM 642 mit der Abgasnorm Euro 6 verwendet. Nähere Angaben, welche Funktion als unzulässig bewertet wird, macht das KBA nicht.

In der Werkstatt soll die Software des Motorsteuergeräts aktualisiert werden. Welche langfristigen Auswirkungen ein solches Update auf Verbrauch, Leistung oder Verschleiß des Motors hat, ist nicht bekannt. Für die Fahrzeuge der Oberklasse bedeutet der Rückruf darüber hinaus einen Image- und damit verbunden auch einen erhöhten Wertverlust.

Für Daimler ist es nicht der erste Rückruf im Abgasskandal, den das KBA verpflichtend angeordnet hat. Der Autobauer führt die Rückrufe zwar durch, steht aber auf dem Standpunkt, dass die beanstandeten Funktionen zulässig sind. „Mit dieser Meinung steht Daimler aber zunehmend alleine da. Verschiedene Gerichte haben inzwischen entschieden, dass betroffene Mercedes-Kunden Anspruch auf Schadenersatz haben“, sagt Rechtsanwalt Franz Braun, CLLB Rechtsanwälte.

Mit dem OLG Naumburg hat nun auch erstmals ein Oberlandesgericht Daimler zum Schadensersatz verurteilt. Es entschied mit Urteil vom 18.09.2020, dass Daimler wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung zum Schadensersatz verpflichtet ist und der Kläger Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags hat (Az. 8 U 8/20).

Rückenwind erfahren Schadensersatzklagen gegen Daimler im Abgasskandal auch durch die EuGH-Generalanwältin Eleanora Sharpston. Sie hatte am 30. April 2020 erklärt, dass sie Abschalteinrichtungen grundsätzlich für unzulässig hält, wenn sie im realen Straßenverkehr zu einem erhöhten Emissionsausstoß führen. Ausnahmen seien nur in sehr engen Grenzen und nur zum unmittelbaren Schutz des Motors vor Beschädigung zulässig. „Abschalteinrichtungen, die den Motor eher langfristig vor Versottung schützen sollen, wie z.B. ein Thermofenster, sind demnach nicht zulässig. Vor diesem Hintergrund dürfte es für Daimler schwierig werden, die Gerichte von der Zulässigkeit der beanstandeten Funktionen zu überzeugen. Die Chancen auf Schadensersatz sind damit weiter gestiegen“, so Rechtsanwalt Braun.

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