„Mit der Übergabe an die Künstler beginnt eine neue Epoche der Wagenhallen“, so Michel Casertano, leitender Architekt des ATELIER BRÜCKNER für den Umbau der Wagenhallen. Das Stuttgarter Architekturbüro hatte von 2016 an im Auftrag der Stadt Stuttgart die historische Bausubstanz ertüchtigt und für verschiedene Nutzungen fit gemacht. Mit Einbau der Künstlerateliers in die historischen Hallen – beauftragt durch den Kunstverein –, sei nun das Projekt aus architektonischer Sicht abgeschlossen. „Neue Zeitschichten entstehen durch die Nutzer – es geht weiter!“, so Jörn Küsters, Architekt des ATELIER BRÜCKNER, der den Einbau der Künstlerateliers geplant und geleitet hat.
Die Wagenhallen Stuttgart wurden Ende des 19. Jahrhunderts zur Entlastung des damaligen Hauptbahnhofes errichtet. Zunächst dienten sie Lokomotiven und später dann Bussen als Unterstand für Wartung und Reparatur. Mehrfach umgebaut und ergänzt, etablierten sich die Wagenhallen von 2003 für kulturelle Nutzungen.
ATELIER BRÜCKNER hat die ursprüngliche Gestalt der Wagenhallen aus dem bestehenden Ensemble herausgeschält und die historisch begründete Struktur mit den aktuellen Nutzungen in Einklang gebracht. So bezieht sich beispielsweise eine neu eingezogene Brandwand, die den Projektraum des Kunstvereins begrenzt, in Gestaltung und Positionierung auf eine ehemalige Außenwand der Wagenhallen.
Die Erschließung des Gebäudes erfolgt nun erneut von Süden her, entsprechend dem ursprünglichen Verlauf der Gleisstränge. Seitlich wurden neue Plätze ausgebildet: im Westen der Haupteingang des Eventbetriebes; im Osten jener des Kunstvereins. Der Platz des Kunstvereins wird flankiert von einem Hallenflügel, der auf seine ursprüngliche Höhe aufgestockt wurde – und darin neuen Raum für Künstlerateliers bietet – sowie einem zweigeschossigen Neubau, der mit historischen Klinkern bekleidet ist. Dieser Atelierbau, der beispielsweise Papier- und Medienkünstlern ideale Räumlichkeiten bietet, verläuft parallel zu den Wagenhallen und ist vom historischen Bestand respektvoll abgerückt.
Die Materialität ist den Architekten besonders wichtig: Die Originalsubstanz des Gebäudes wurde behutsam restauriert, historische Spuren wurden freigelegt und die lebendigen Oberflächen beibehalten. Kontrastierend zu den Klinkermauern und dem historischen Stahltragwerk treten in Materialwahl und Ausführung die neuen Einbauten und baulichen Ergänzungen.
Die Atelierräume im Inneren der Wagenhallen sind als eingestellte Funktionskuben gedacht und in Holzbauweise ausgeführt – nachhaltig und wirtschaftlich. Verortung und Proportion orientieren sich an der ehemaligen Nutzungsstruktur der Lokomotiv-Remise.
Der sechs bis zehn Meter hohe, großzügige Hallenraum, geprägt von Stahlstützen und rhythmisierenden Oberlichtern, bleibt in seinem Erscheinungsbild erhalten. Der ursprüngliche Raumeindruck und sein Volumen sind erneut erlebbar. Die Oberlichter dienten der Beleuchtung der Reparaturstände und wurden originalgetreu rekonstruiert.
Optisch erscheinen die Einbauten als ein überdachtes Atelierdorf, 3800 qm groß, und stehen damit in Analogie zur Containercity, die direkt vor den Wagenhallen in den vergangenen Jahren entstand – ursprünglich als Ausweichquartier der Künstler während des Umbaus gedacht.
Die Atelierkuben haben ein modulares Grundprinzip und sind als Werkstatt, Lager und Büros nutzbar. Durch die Individualisierbarkeit der Grundrisse und Oberflächen der Kuben entsteht ein Möglichkeitsraum – ein lebendiger, künstlerisch geprägter Ort.
Oberbürgermeister Fritz Kuhn betont, es sei ihm „eine Freude, dass dieser weitere Stern, der am Stuttgarter Kulturhimmel leuchtet“ in diesem Jahr fertig geworden ist. „Wir dürfen gespannt sein, wie sich dieses spannende Areal weiter entwickeln wird, denn kulturell und städtebaulich haben wir hier mit der Entwicklung des Rosensteinviertels noch viel vor!“
Ein Dokufilm der Künstlerin Andrea Roggon zeigt das Umbauprojekt im Zeitraffer: https://vimeo.com/299626820
Das Programm zum Eröffnungswochenende „Hallo HALLE!“ findet sich unter:
www.kunstverein-wagenhalle.de
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