Immer mehr Kommunen in Deutschland stellen ihre Daten offen zur Verfügung. Welche Chancen und Herausforderungen Kommunen darin sehen, hat das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) im Auftrag der Bertelsmann Stiftung untersucht.

Für viele Kommunen ist die Nutzbarmachung von Verwaltungsdaten für die Öffentlichkeit – beispielsweise aus der Kommunalstatistik, dem öffentlichen Personennahverkehr oder dem Umweltbereich – ein relativ neues Tätigkeitsfeld: Offene Daten, also Daten, die ohne Einschränkungen genutzt, wiederverwendet und verteilt werden können, sind ein wichtiger Baustein bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie für die strategische Entscheidungsfindung oder den Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) in den Kommunen genutzt werden sollen.

Über 90 Prozent der vom Difu befragten kommunalen Daten-Expert*innen befürworten die politischen Bestrebungen, offene Daten verstärkt zur Verfügung zu stellen – sehen sich aber großen Hürden gegenüber. Mangelnde personelle Ressourcen und ein fehlender gesetzlicher Auftrag zählen zu den zwei wesentlichen Gründen, warum häufig noch keine offenen Daten bereitgestellt werden. Aber auch die Angst vor Datenmissbrauch und datenschutzrechtliche Bedenken bremsen die Kommunen bei der Bereitstellung offener Daten aus. Das sind die zentralen Ergebnisse einer Befragung, die das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) für die Bertelsmann Stiftung durchgeführt hat. Über 200 Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohner*innen haben sich an der Befragung zur Bereitstellung von Open Data beteiligt.

Weitere Befragungsergebnisse:

Die bisher vergleichsweise wenig standardisierten Prozesse sowie der generell geringe Grad der Digitalisierung der Verwaltungsvorgänge in den Kommunen erschweren die Bereitstellung. Dabei sehen rund die Hälfte der Daten-Expert*innen gerade in der aktuellen Corona-Pandemie einen Mehrwert, wenn offene Daten bereitgestellt werden können, zum Beispiel wenn es um Gefährdungslagen vor Ort geht. Ein weiterer Vorteil von offenen Daten wird vor allem in der Information der Bürger*innen und einem vereinfachten Austausch zwischen den unterschiedlichen Ämtern gesehen. In der Entwicklung innovativer Geschäftsfelder für private Dritte sehen die Fachleute der Kommunen bisher jedoch kaum einen Vorteil.

Vorteil für größere Kommunen: Professionelles Datenmanagement

Rund ein Drittel der befragten Kommunen stellt bereits offene Daten bereit. Von denen, die bisher keine offenen Daten zur Verfügung stellen, hat ein Viertel bereits Maßnahmen ergriffen, um künftig offene Daten zu veröffentlichen. Ein professionelles Datenmanagement ist hierfür eine unerlässliche Grundlage und ermöglicht oftmals erst die datenbasierte Steuerung kommunaler Maßnahmen und Projekte. Mehr als die Hälfte der Städte und Gemeinden hat bereits Prozesse, Strukturen und Verantwortlichkeiten für das Datenmanagement etabliert. Doch während dies bei über 90 Prozent der Großstädte (über 100.000 Einwohner*innen) der Fall ist, trifft dies nur auf weniger als die Hälfte der kleineren Kommunen (bis 20.000 Einwohner*innen) zu. Nur jede sechste Kommune besitzt eine direkte Kontaktperson für das Thema Open Data – kleine Kommunen sind auch hier seltener vertreten.

Für das Gelingen von Open Data ist der Zugriff auf eine gute technische Infrastruktur wichtig, erklären knapp drei Viertel der befragten Kommunen. Auch klare gesetzliche und regulative Vorgaben auf Bundes- oder Landesebene, wie beispielsweise Transparenzgesetze, sowie eine einschlägige Beschlussfassung um auf kommunaler Ebene offene Daten bereitzustellen, sind wichtige Voraussetzungen für die Datenbereitstellung.

Gezielte Unterstützung kleinerer Kommunen

Viele kommunale Daten-Expert*innen wollen offene Daten bereitstellen, in der jeweiligen Kommune sind entsprechende Diskussionsprozesse aber noch nicht so weit gediehen. Praktische Handreichungen und ein überregionales Datenportal würden die Bereitstellung offener Daten erleichtern, insbesondere für kleinere Städte und Gemeinden, die keine eigene technische Infrastruktur aufbauen und warten können. "Die Corona-Pandemie führt vor Augen, wie sehr öffentliche Verwaltungsprozesse – gerade auch in den Kommunen – von der Digitalisierung profitieren können. Zwar lassen sich diverse Versäumnisse der Vergangenheit in einer solchen Krisensituation nicht einfach aufholen. Allerdings bedarf es in Zukunft umso größerer Anstrengungen, um die Kommunen mit entsprechenden Infrastrukturen, qualifiziertem Personal und strategischer Kompetenz auszustatten", erklärt Prof. Dr. Carsten Kühl, Leiter des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu).

Kommunen benötigen für die Datenbereitstellung zudem rechtliche Sicherheit. Die Umsetzung der europäischen Public Sector Information-Richtlinie (PSI-Richtlinie) in nationales Recht kann hier als ein bundesweit verbindlicher Rahmen fungieren. Bis Juli 2021 können wichtige Weichen gestellt werden, um verbindlich festzulegen, welche Daten auch auf der kommunalen Ebene veröffentlicht werden müssen.

Open Data erfordert darüber hinaus ein Umdenken in der Verwaltung: "Die Veröffentlichung hoheitlicher Daten setzt einen offenen Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern und weiteren potenziellen Nutzergruppen dieser Daten voraus", betont Prof. Dr. Carsten Kühl. In der aktuellen Situation zeigt sich, dass innovative Lösungen auf der Grundlage offener Daten einen wichtigen Mehrwert für die digitale Daseinsvorsorge bieten können. "Insofern erinnern uns die in unserer Studie aufgeworfenen Fragen rund um Open Data daran, dass die Digitalisierung der Kommunen nicht alleine den großen Digitalkonzernen und den Verwaltungen überlassen werden darf, sondern immer auch unter Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger erfolgen sollte", so Kühl.

Hintergrundinformationen

Die Studie: "Open Data in Kommunen: Eine Kommunalbefragung zu Chancen und Herausforderungen der Bereitstellung offener Daten" wurde im Auftrag der Bertelsmann Stiftung vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) mit der Unterstützung des Deutschen Städtetages erstellt. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Open Data wird durch Handlungsempfehlungen ergänzt. Für die Studie hat das Difu im April und Mai 2020 1.145 Kommunen postalisch kontaktiert, 212 Städte und Gemeinden haben an der Befragung teilgenommen. Viele Beschäftigte der kommunalen Verwaltungen arbeiteten zu dieser Zeit Corona-bedingt im Homeoffice. Die Daten der Befragung enthalten keine personenbezogenen Informationen und werden für die Nachnutzung als offene Daten zur Verfügung gestellt.

Download der Studie:
www.difu.de/15881

Über Deutsches Institut für Urbanistik gGmbH

Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) ist als größtes Stadtforschungsinstitut im deutschsprachigen Raum die Forschungs-, Fortbildungs- und Informationseinrichtung für Städte, Kommunalverbände und Planungsgemeinschaften. Ob Stadt- und Regionalentwicklung, kommunale Wirtschaft, Städtebau, soziale Themen, Umwelt, Verkehr, Kultur, Recht, Verwaltungsthemen oder Kommunalfinanzen: Das 1973 gegründete unabhängige Berliner Institut – mit einem weiteren Standort in Köln – bearbeitet ein umfangreiches Themenspektrum und beschäftigt sich auf wissenschaftlicher Ebene praxisnah mit allen Aufgaben, die Kommunen heute und in Zukunft zu bewältigen haben. Der Verein für Kommunalwissenschaften e.V. ist alleiniger Gesellschafter des in der Form einer gemeinnützigen GmbH geführten Forschungsinstituts.

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