Im Jahr 2019 wurde die Buntzecke Dermacentor reticulatus, die auch als Wiesen- oder als Auwaldzecke bezeichnet wird, erstmals in der Region Hannover nachgewiesen. Dieser Fund ließ auf eine Ausbreitung dieser Zeckenart in nordwestlicher Richtung innerhalb Deutschlands schließen. Um die neu eroberten Bereiche dieser Zeckenart in Deutschland benennen zu können, rief die Arbeitsgruppe um Professorin Dr. Christina Strube, Leiterin des Instituts für Parasitologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo), interessierte Bürgerinnen und Bürger dazu auf, die emailleartig marmorierten Zecken unter Angabe des Fundorts einzuschicken. Die eingesandten Zecken wurden auf unterschiedliche Erreger untersucht und die Fundorte ausgewertet. Die Ergebnisse dieses Monitorings veröffentlichten die Forscherinnen und Forscher jetzt im Fachmagazin Frontiers in Veterinary Science (www.frontiersin.org/articles/10.3389/fvets.2020.578220/full).

„Die Resonanz auf unseren Aufruf war groß, hierfür möchten wir uns bei allen Einsendern ganz herzlich bedanken!“, sagt Strube. In Zusammenarbeit mit dem Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr und der Universität Hohenheim, die ebenfalls zur Einsendung von Zecken aufgerufen hatten, untersuchten die Forscherinnen und Forscher anhand von fast 4.000 Dermacentor-Zecken deren aktuelle Verbreitung – und waren von dem überaus erfolgreichen „Feldzug“ der Bunt- oder Wiesenzecke überrascht: Die Art hat sich unter anderem erfolgreich im Norden und Nordwesten Deutschlands angesiedelt und ist nun über das ganze Bundesgebiet verbreitet. Selbst auf der Insel Sylt wurden Exemplare gefunden.

Im Gegensatz zum Holzbock Ixodes ricinus fühlt sich die Bunt- oder Wiesenzecke Dermacentor reticulatus aber nicht in allen Vegetationsformen wohl. Wie ihr Name schon sagt, lebt sie gern auf Wiesen bzw. Grünstreifen mit höheren Aufwuchs oder in Übergangszonen am Waldrand. Die Zeckenart sticht bevorzugt Hunde und kann unter anderem die lebensgefährliche Hundebabesiose übertragen. Dort wo sie vorkommt, sollten Hundebesitzer deshalb auch im Winter aufmerksam sein und ihre Vierbeiner effektiv vor Zecken schützen. Während schon der Holzbock noch bei Temperaturen bis 7 Grad Celsius aktiv ist, tritt die Bunt- oder Wiesenzecke auch bei 4 Grad Celsius noch verstärkt auf und lässt sich auch durch nächtlichen Bodenfrost nicht abhalten.

Für Menschen ist die Bunt- oder Wiesenzecke eher nicht gefährlich. Zwar kann Dermacentor reticulatus das Frühsommer-Meningoencephalitis (FSME)-Virus oder Rickettsien übertragen, jedoch sticht diese Zecke Menschen nur sehr selten. So betrug der Anteil der eingesendeten Dermacentor reticulatus-Zecken, die den Menschen gestochen hatten, nur 0,36 Prozent.

Zecken und die von ihnen ausgehenden Gesundheitsgefahren für Mensch und Tier werden zunehmend als Problem erkannt. Daher fördert die EU im Rahmen des Interreg-Nordseeprogrammes das Kompetenznetzwerk „NorthTick“, in dem aus Deutschland die Arbeitsgruppe von Professorin Strube beteiligt ist. Mit ihrem Team möchte sie im Sinne des One-Health-Konzeptes unter anderem Gesundheitsgefährdungen durch Zecken für Mensch und Tier ermitteln und darüber informieren.

Bitte um weitere Zusendungen von Zecken

Da das Zecken-Monitoring fortgeführt wird, ist das Institut für Parasitologie der TiHo weiterhin an Zeckeneinsendungen interessiert. Die Forscherinnen und Forscher bitten um Zusendung folgender Funde:

  • Buntzecken aus Gebieten, in denen sie bisher nicht gefunden wurden, um gegebenenfalls verbliebene „weiße Flecken“ auf der Verbreitungskarte zu füllen. Buntzecken sind an ihrem emailleartig marmorierten Körper zu erkennen, auch sind sie etwas größer als der Holzbock.
  • Alle Zeckenarten, die in der Zeit von November und Februar gefunden werden. Hier interessiert die Forscherinnen und Forscher die Winteraktivität der Zecken.

Die Originalpublikation

The Spatial Distribution of Dermacentor Ticks (Ixodidae) in Germany – Evidence of a Continuing Spread of Dermacentor reticulatus

Marco Drehmann, Andrea Springer, Alexander Lindau, Katrin Fachet, Sabrina Mai, Dorothea Thoma, Carina R. Schneider, Lidia Chitimia-Dobler, Michael Bröker, Gerhard Dobler, Ute Mackenstedt and Christina Strube (2020), Frontiers in Veterinary Science:

www.frontiersin.org/articles/10.3389/fvets.2020.578220/full

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